Quelle: Archiv MG - EUROPA AUSTRIA - Unsere neutrale Ostmark
zurück Der Tagesbefehl der Demokratie zur "Befehlsverweigerung" des Pe- ter Pilz:PATRIOTISCHES BEKENNTNIS STATT KRITISCHEM PATRIOTISMUS
Ein "unfaßbarer Skandal", ein "offener Bruch mit der Demokratie", "glatte Aufwiegelung der Soldaten" und ein "in der 2. Republik einmaliger Verstoß gegen Verfassung und Gesetze" - das alles und noch viel mehr soll ein "grüner Giftpilz" laut meinungsplurali- stischem Einheitsurteil von Politik und Presse verbrochen haben. Was hat denn der aufrechte Heimat- und Umweltschützer Peter Pilz Schreckliches angestellt, daß er von denselben Zeitungen so radi- kal abgeurteilt wird, die vor kurzem noch die "konstruktive Auf- bruchsstimmung" der grünen Jungparlamentarier durchaus wohlwol- lend zur Kenntnis nahmen? Oppositioneller Verteidigungsrealismus -------------------------------------- Dem Abgeordneten Pilz ist am Tagesbefehl des Bundespräsidenten aufgefallen, daß dieser mit seiner Forderung nach Beschaffung der "für eine erfolgreiche Landesverteidigung notwendigen Mittel" eine Kritik am bisherigen Ausrüstungsstand und eine Aufforderung zur Aufrüstung auch mit verbotenen Raketen ausgesprochen hat. Weil er das richtig verstanden hat, wurde seine Interpretation weder von Waldheim dementiert noch von der Öffentlichkeit zum An- laß ihres Unmuts genommen. Pilz vertritt gegen diese Aufrüstungs- propaganda die Auffassung, daß für einen Staat wie Österreich die Sicherheit viel eher durch "friedensdiplomatische Aktivitäten" als durch spektakuläre Aufrüstungsschritte gewährleistet wird. Diese durch und durch konstruktive Kritik stellt die Landesver- teidigung überhaupt nicht in Frage; im gleichen Atemzug kriti- siert Pilz den Ankauf f a l s c h e r, weil für das heimische M i l i z system ungeeigneter Waffengattungen. Der grüne Abgeord- nete fürchtete, daß mit dem Ankauf von Gefechtsraketen und der dahingehenden Aufforderung durch den Bundespräsidenten die G l a u b w ü r d i g k e i t des "reinen Defensivkonzeptes" der österreichischen Landesverteidigung untergraben würde: "Wie die Russen einem solchen Ankauf zustimmen sollten, weiß ich nicht." Als V e r t e i d i g e r der offiziellen Landesverteidigungs- doktrin und unter Ausnutzung des ramponierten Rufs des Staats- oberhaupts wollte er die von allen anderen Parteien mit getragene Aufrüstung als Verstoß gegen den Verteidigungsauftrag hinstellen, dem er sich als aufrechter Demokrat widersetzen muß. "Angesichts des Tagesbefehls des Bundespräsidenten Dr. Kurt Wald- heim sehe ich mich gezwungen (!), zur Befehlsverweigerung aufzu- rufen." Da er sich in der Öffentlichkeit und selbst in seiner eigenen Partei mit dieser Sorge ziemlich isoliert sah, wählte er diese drastische Darstellungsform, um sich das nötige Gehör für sein Anliegen zu verschaffen. Seines nachfolgenden Dementis hätte es schon deswegen nicht bedurft, weil man den Tagesbefehl des Bun- despräsidenten weder befolgen noch verweigern kann - schließlich handelt es sich dabei um keinen Befehl an die Soldaten, sondern um allgemeine Losungen des Staatsoberhaupts zu aktuellen Grund- sätzen des Militärs. Die demokratische Außerstreitstellung ------------------------------------- der österreichischen Aufrüstung ------------------------------- Von einem Skandal oder Landesverrat ist diese patriotische Sorge meilenweit entfernt. Im Grunde wandelt Pilz mit seinen Äußerungen auf dem die letzten 15 Jahre gültigen "österreichischen Weg". So hat der Altkanzler Kreisky die nationale Selbstbehauptung des Kleinstaats ebenfalls eher durch Entspannung und Uno-City als durch die Schlagkraft seiner Armee bewerkstelligt gesehen - und schon damals hat sich dieser Standpunkt wunderbar mit der Reform des Bundesheers zu einem modernen Milizverband vertragen. Daß daraus ein "offener Aufruf zum Verbrechen" wird, liegt an dem öffentlich durchgesetzten Beurteilungsmaßstab, der inzwischen ab- weichende konstruktive Überlegungen zur nationalen Verteidigung mit dem Staatsanwalt verfolgt. "Herr Pilz zeigt ein gefährlich gestörtes Verhältnis zur Demokra- tie und zu Österreich, wenn er zu einem Verbrechen aufruft. Er steht jenseits der Demokratie - daß Bewegungen gegen den Staat aufgetreten sind, hat es bei uns zuletzt in den dreißiger Jahren gegeben." (Krünes) Wer die kommenden Aufrüstungsschritte nicht umstandslos begrüßt, wird als Staatsfeind definiert. Mit demokratischer Selbstver- ständlichkeit, wonach im Meinungspluralismus ausschließlich die Meinung der Amtsinhaber gilt, schließt der Verteidigungsminister eine kreuzbrave Patriotensorge aus dem "demokratischen Diskurs" aus. Daß die abweichende Meinung des Peter Pilz nicht einfach ih- rer Folgenlosigkeit überlassen bleibt, liegt nicht an ihrer auf- rührerischen Brisanz, sondern an der politischen Absicht, ein Ex- empel zeitgemäßer Verantwortungshaltung in Sachen Landesverteidi- gung zu statuieren. Wenn sich Staaten an ihrer Wehrfähigkeit und dem durchgesetzten Wehrwillen ihrer Bevölkerung zu messen begin- nen, dann wird die Armee zu einem außer Streit stehenden, vereh- rungswürdigen Wert. Dann wird die Veröffentlichung einer honorab- len, selbst den zuständigen Ministerialbeamten geläufigen Kritik an Mitteln und militärischen Durchführungsmaßnahmen zu einem unzumutbaren Affront gegen Armee und Verteidigungrgesinnung. So brav die Opposition gegen Abfangjäger zu langsam, zu wenig, nüt- zen nix - und Raketen - Verstoß gegen Neutralität und Verteidi- gungskonzept - auch immerzu waren; der Umstand, daß die Armee überhaupt Streitpunkt und Gegenstand öffentlicher Infragestellun- gen war, hat Politik und Medien zu den obigen Klarstellungen ver- anlaßt. Die krampfhaft nachgeschobenen Dementis des Opfers dieser demokratischen Säuberungsaktion lassen vermuten, daß der Abgeord- nete Pilz auch die neueste Auslegung demokratischer Meinungsfrei- heit zur Kenntnis zu nehmen bereit ist: ein umstandsloses Be- kenntnis zu Armee und Landesverteidigung! zurück