Quelle: Archiv MG - EUROPA AUSTRIA - Unsere neutrale Ostmark


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       Ganz Österreich strahlt:
       

DIESER GAU WAR SUPER

Daß der "größte anzunehmende Atomunfall" für alle Betroffenen eine einzige Katastrophe bedeutet - dieses offizielle menschen- freundliche Sorgengemälde gilt seit 14 Tagen nicht mehr. Statt dessen darf man mit den Atomstrahlen von Cernobyl folgende Gei- stesmedizin einnehmen: E r s t e n s liegt jetzt in Becquerel und Millirem genau der Beweis dessen vor, was wir als geschulte Demokraten immer schon wissen: Bei den Russen handelt es sich um ein System, das gefähr- lich ist. Das können wir jetzt sogar mit unseren Geigerzählem nachmessen. Z w e i t e n s sind wir schon deswegen ein Musterländle mit ei- ner einmalig menschenfreundlichen Regierung, weil diese etwas nicht angeschafft hat: das von ihr in Bau gegebene AKW in Betrieb zu nehmen. Zwar kam dieser glückliche Umstand nur aufgrund eines, von ziemlich allen Seiten kritisierten verantwortungslosen Ab- stimmungsverhaltens der Bevölkerung zustande, wobei vor allem ein niedriger Ölpreis und ein fulminanter Ausbau der heimischen Was- serkraft es den Parteien opportun erscheinen ließ, Zwentendorf bis auf weiteres nur als Streitmasse im Politikgezänk zu aktivie- ren. Jetzt wollen jedenfalls alle aus Cernobyl "gelernt" haben - als ob die Gefahr durch Atomstrahlen nicht bekannt gewesen wäre, besonders denjenigen, die die Katastrophenschutzpläne für Zwen- tendorf ausarbeiten ließen. Plötzlich sind die politischen Initiatoren der Kernkraft lauter AKW-Gegner, was sie uns ausgerechnet damit beweisen wollen, daß sie das AKW vielleicht demnächst zu einem guten Preis jemand an- ders zum Strahlen überlassen. D r i t t e n s gewährt uns "unsere" nationale Besonderheit, kein AKW zu betreiben, ein "moralisches Recht" (Steyrer), bei der Verurteilungsoffensive der westlichen Staatenwelt eine besonders glaubwürdige Rolle zu spielen. Mehr Informations- und Schadener- satzforderungen machen zwar niemand immun, aber die westliche Feindbildoffensive besonders glaubwürdig. V i e r t e n s war der GAU schon deswegen SUPER, weil er uns die Wichtigkeit der umfassenden Landesverteidigung beweist. Als ob die noch nicht gebauten Schutzräume aus menschenfreundlicher Sorge um die strahlengefährdete Zivilbevölkerung eingerichtet werden, fordert die Öffentlichkeit unisono die effektive Aufrü- stung im Zivilschutzbereich, damit wir für künftige und noch ganz andere "Nuklearkatastrophen" gerüstet sind und auch ein bisserl mitmischen können. F ü n f t e n s ist, wie alles Schädliche, was aus dem Ausland kommt, nach den Denunziationen des Jewish World Congress auch die Strahlenwolke aus dem Osten erstklassiges Material für den natio- nalen Schulterschluß hinter den Politikern. Letztere befehlen verantwortungsbewußtes Wohlverhalten, wobei man noch an jeder "Empfehlung" des Gesundheitsministeriums ablesen kann, wie nahe der Gesundheits- dem Ordnungsstandpunkt ist. Höchstens eine Be- schwerde wurde laut - natürlich konstruktiv-erzdemokratisch: Die Informationen der Politiker wären nicht eindeutig und einheitlich genug! Sonst keine Sorgen?! Es herrscht Ruhe im Land ------------------------ Demokraten sind wirklich ein hartgesottener Volksstamm. Egal, was passiert: Sie tun alles, um sich d a r a u f e i n z u- s t e l l e n. Sie schlucken Jodpillen oder lassen eine genauso verrückte Gottergebenheit raushängen: "Man kann ja eh' nix machen!" So gehen die zwei Arten, sich alles gefallen zu lassen. Die Behörden veranstalten derweil mit ihrem Volk eine prachtvolle Notstandsübung, einschließlich einem Test auf den Geisteszustand der Nation. Sie stellen nämlich alles unter das widersprüchliche Motto: Der Russe tut uns was Furchtbares an - Strahlen aus Cernobyl; aber die Lage ist unter Kontrolle und ungefährlich. Angstmacherei von oben - man will den Russen ja was ankreiden! - wechselt ab mit Entwarnungen, deren sachlicher Gehalt in der ordnungspolitischen Maxime gipfelt: "Kein Grund zur Panik!" (Kreuzer) Und auch das wird folgsam mitgemacht: Viel Aufregung, aber keine Panik: Jeder bemüht sich um die richtige Einstellung und weiß, daß die Russen schuld sind. So taugt das Volk für j e d e n Katastrophenfall! Die offiziellen Vorwürfe an die sowjetische Adresse haben dement- sprechend das Thema Atomkraft längst weil hinter sich gelassen. Ihr Verbrechen soll sein: Sie sagen nichts, geben keine Meßergeb- nisse heraus - so daß man sich gar nicht richtig auf die Gefahr e i n s t e l l e n kann. Dabei: Was hätten sie denn zu empfeh- len, die freiheitlich-westlichen Schutzexperten, wenn sie außer ihren hunderttausend Meßergebnissen noch zweihunderttausend rus- sische dazuhätten? Außer Duschen", "Milchpulver" und "Kinder wa- schen" fällt ihnen doch sowieso nichts ein. Was denn auch? Das Getue, die besten Schutzrezepte würden durch sowjetische Schweigsamkeit verhindert, ist reine Heuchelei: Es gibt gar keine! Einige Rückschlüsse auf den "Nutzen" der Atomkraft wären ja auch ohne eingebildetes Expertentum und ohne intellektuelle Überanstrengung gerade aktuell. Statt dessen soll man den Atomun- fall zu einer Systemfrage erklären - und wenn man schon nicht die freiheitlich-westliche Atomkraft für absolut harmlos serviert be- kommt, so zumindest für hochgradig verantwortungsvoll abgesi- chert. Das ist genauso verlogen wie die Verwandlung der Gefahr der Atomkraft in eine kommunistische Systemeigenschaft. Die Angeberei mit freiheitlich-westlicher Reaktorsicherheit - ------------------------------------------------------------- und was sie verrät: AKWs sind p r i n z i p i e l l unsicher! --------------------------------------------------------------- Seit dem GAU in Cernobyl geistert ein Gerücht durch die westli- chen Medien: so etwas kann nur bei den rückständigen, verantwor- tungslosen Russen passieren. Im Westen hingegen herrscht neben einer überlegenen Technik vor allem ein Höchstmaß an Sicherheits- vorschriften... Lassen wir einmal die Heuchelei beiseite, als hätten die westli- chen Staaten und ihre AKW-Betreiber freiwillig lauter Sicherhei- ten eingebaut - die sie selber übrigens bislang immer als nutzlo- sen Zierrat hingestellt haben (und damit wahrscheinlich sogar recht haben!). Die verdoppelten und verdreifachten Sicherheits- vorkehrungen selbst sind doch gar nicht beruhigend, sondern eini- germaßen entlarvend. Sie beweisen nämlich alle nur, daß die Nut- zung der Atomkraft einen gewaltigen Haken hat. Einerseits d a r f in AKWs einfach absolut nichts schiefgehen, weil die Zerstöruneskraft des radioaktiven Prozesses, der dort Energie er- zeugt, so ungeheuer groß ist und über weite Gebiete nicht wieder gut zu machende Schäden verbreiten kann. Andererseits ist die Zerstörungskraft dieses Prozesses, auch wo sie "gebändigt" wird, so groß, daß ein dauerndes 100-prozentiges Funktionieren gar nicht zu garantieren ist - d e s w e g e n ja die mehrfachen Sicherungen, und deswegen am Ende noch ein stabiler Betonkasten um das Ganze, damit im Ernstfall nicht gleich ganze Landstriche entvölkert bzw. evakuiert werden müssen. Und im "Normalbetrieb", solange (noch) nichts schiefgeht, müssen die Sicherungssysteme deswegen so zahlreich sein, weil sie allesamt die portionsweise Freisetzung gesundheitsschädlicher radioaktiver Strahlen n i c h t v e r h i n d e r n, sondern gerade u n t e r d i e G r e n z w e r t e d r ü c k e n sollen, die Vater Staat in seiner tiefen Weisheit - und mit seinem noch tieferen Verständnis für die Kostenproblem: der AKW-Betreiber - als Maß für z u m u t b a r e Schädigung f e s t g e l e g t hat. Der Grund für all die Kompliziertheiten, die da nötig werden, ist einfach. Damit ein AKW schwungvoll läuft, werden radioaktive Zer- fallsprozesse i n G a n g gesetzt, die sich n i c h t m e h r s t o p p e n lassen: Das Zeug strahlt; Behälter, Dampferzeugungsapparate, der Dampf selber, das Gebäude usw. strahlen mit und hören damit so schnell nicht wieder auf. Und das g e f ä h r d e t nicht bloß die Gesundheit der Leute im Betrieb und der Umgebung, sondern s c h ä d i g t s i e i m m e r z u. Zweitens werden die Brennstäbe durch die radioaktive Kettenreak- tion so heiß, daß sie mit ziemlicher Sicherheit kaputtgehen oder sogar durchschmelzen, wenn die Dämpfung der Kettenreaktion und der Abtransport der Energie - durch überhitztes Wasser, das indi- rekt die stromerzeugenden Turbinen treibt - auch nur einen Moment lang nicht klappt. Schon bei jeder kleinen Undichtigkeit - die sich in einem normalen Kraftwerk bloß als geringfügiger Lei- stungsabfall bemerkbar machen würde - wird auf alle Fälle eine Extraportion Radioaktivität frei, u.U. aus den nicht mehr ganz dichten Brennstäben selbst, die Mensch und Vieh nicht gut be- kommt. Außerdem droht gleich ein Zusammenbruch der unerläßlichen "Kühlung" des atomaren Brennstoffs. Dessen Energieproduktion läßt sich nicht abschalten - wie ein Motor, der keinen Treibstoff mehr bekommt -, sondern nur nach verschiedenen Methoden bremsen; und dafür kann es im Nu zu spät sein, wenn die Brennstäbe sich bei Überhitzung verformen. Kurz: Ein AKW muß immer 100prozentig klappen, nicht bloß damit es seinen Zweck erfüllt und Strom liefert, sondern damit es nicht zur Katastrophe kommt. Dabei strapaziert jedoch die Art der Ener- gieerzeugung selbst, vor allem die radioaktive Strahlung, die ge- samte Installation fortwährend ganz extrem; das Risiko wird durch den Betrieb selbst schnell immer größer. Bei den vorbeugenden Re- paraturen, die deswegen dauernd nötig sind, wird fortwährend die Umgebung mit strahlendem Dampf und verstrahlten Ausbauteilen an- gereichert. Noch so viel Angeberei mit nationalen Sicherheitsvor- schriften setzt weder diese dauernde Schädigung noch das kalku- lierte unkalkulierbare Katastrophenrisiko außer Kraft - ganz ab- gesehen davon, daß Vorschriften noch etwas anderes sind als ihre Einhaltung, wie jeder weiß. Die öffentliche Entwarnung bezüglich westlicher Atomkraftwerke ist denn auch ziemlich albern ausgefallen: Der "Unfall", den die Russen hingekriegt haben, ist bei uns nicht drin. Na klar, Grafit kann nicht in Brand geraten, wenn man es gar nicht verwendet. Aber sonst haben die westlichen Experten doch im Nu Bescheid ge- wußt, wie so ein "Störfall" abläuft, wie man ihm vielleicht vor- beugen und was man im Schadensfall machen kann. Das heißt doch wohl: Mit so ä h n l i c h e n Katastrophen wird ständig ge- rechnet! Die vielen Sicherheitsvorkehrungen in westlichen AKWs haben nämlich ihren guten Grund: Sie sind noch viel riskanter konstruiert. Bis zum GAU galten die sowjetischen "Primitivreaktoren" auch nach westlicher Expertenmeinung als vergleichsweise sicher. Außerdem sind AKWs auch keine Unschuldslämmer, solange sie nicht "durchgehen", wie das hiesige Katastrophengeschrei glauben machen will. Für das wöchentliche Wölkchen und die halbjährliche Wolke aus radioaktivem Dampf braucht man gar nicht auf den GAU, den g r ö ß t e n anzunehmenden Unfall, in einem der benachbarten AKWs zu warten. Die fallen immer wieder an, werden übrigens auch nicht gerade vor laufenden Fernsehkameras abgeblasen - sondern z.B. j e t z t, wo sowieso an jeder "erhöhten Radioaktivität" automatisch die Russen schuld sind! - und treiben die Krebsstati- stiken für die Umgebung solcher strahlender Energielieferanten in die Höhe. Ganz zu schweigen vom Normalbetrieb einer Wiederaufbe- reitungsanlage, wie sie unbedingt nach Wackersdorf soll: Das bri- tische Vorbild hat, nach neulich bekanntgemachten Messungen, die irische See zum radioaktivsten Gewässer der Erde gemacht. Der Grund der Atomkatastrophe: Das System... -------------------------------------------- Da trifft es sich hervorragend, daß ausgerechnet den Sowjets ein noch großartigerer Unfall gelungen ist als vor sieben Jahren den amerikanischen Atomstromproduzenten in Harrisburg. Es ist ja längst kräftig an dem Vorurteil gebastelt worden - in letzter Zeit hauptsächlich mit theoretischen Vergleichen zwischen den Waffen und Rüstungsvorhaben in Ost und West! -, das sowjetische S y s t e m wäre zu technischen Glanztaten irgendwie gar nicht fähig. Für den ewigen prowestlichen Systemvergleich macht sich ein brennendes sowjetisches Kernkraftwerk eben ganz hervorragend! ...des gewinnbringenden Wirtschaftswachstums um jeden Preis ----------------------------------------------------------- In der Tat: Eine "Systemfrage" ist ein solches "Unglück" durch- aus; ausgerechnet die hat aber mit dem Unterschied der Wirt- schaftssysteme in Ost und West ausnahmsweise nichts zu tun. Drü- ben wie hierzulande soll die Energieproduktion billig sein und dabei Gewinn abwerfen. Dieses kapitalistische Prinzip kritisieren die regierenden "realen Sozialisten" im "Ostblock" schon längst nicht mehr; sie eifern im Gegenteil den vorbildlichen Erfolgen nach, die die westliche "Marktwirtschaft" hierbei vorzuführen hat. Daß sie das unter anderen Produktionsverhältnissen betreiben als die Konkurrenzgeier im Westen, macht sie bei den gewählten Methoden kaum weniger skrupellos als die demokratischen AKW-Fans. Beide Systeme verbuchen es als U n k o s t e n und lästige Rücksichtnahme, daß man auf die geringe Widerstandskraft des Men- schentiers gegen harte Strahlung achten muß, wenn AKWs hochgezo- gen werden. So kriegt die Menschheit weltweit durch jeden technischen Fort- schritt immer auch gleich ein zusätzliches "Lebensrisiko" be- schert. Wie eben z.B. das "Restrisiko" eines AKW und eine Dauer- berieselung mit Radioaktivität in kleinen Portionen aus dieser Quelle. Oder auch wie das Gift von Seveso. Oder auch wie die Giftwolke von Bhopal... Überall wird aus Geschäftsgründen mit Zeug hantiert, das gar nicht unschädlich zu machen ist, dessen Wirkung nur durch x-fache Abschirmung zu dämpfen ist. Ziemlich lächerlich, aber auf dem Mist eines unverwüstlichen Feindbildes gewachsen, ist da die Lüge, w e s t l i c h e Katastrophen wären allemal bloß Z u f ä l l e, dagegen lägen d i e ö s t l i c h e n "a m S y s t e m". Systemkonkurrenz anläßlich einer Katastrophe: Freiheitliche ----------------------------------------------------------- Propagandashow schlägt sozialistische Schönfärberei --------------------------------------------------- Die U n t e r s c h i e d e der Systeme in Ost und West liegen auf einem ganz anderen Gebiet und sind zu einem guten Teil gerade eben wieder deutlich geworden. Sie liegen z.B. in der p r o p a g a n d i s t i s c h e n V e r w e r t u n g des Un- falls. Überall im Westen wurde lauthals die anfängliche Schweigsamkeit der Sowjetführung über das Ausmaß der Katastrophe angeprangert - als wäre irgendetwas verloren, wenn die Regierung drüben nicht zuallererst das westliche Fernsehen an den "Ort des Geschehens" läßt und die Freie Welt mit Interviews versorgt. Als müßten aus- gerechnet die freiheitlich-westlichen Atompolitiker als erste eingeschaltet werden, wenn bei den Russen etwas schiefgeht. Und als wäre "rechtzeitige Information" auch schon gleichbedeutend mit "wirksamen Schutzmaßnahmen" - wo doch immer bloß herauskommt, daß es gegen Radioaktivität einen wirksamen Schutz nicht gibt. Im übrigen sind die zuständigen Behörden im Westen auch alles andere als redselig, wenn in einem AKW was passiert; und die erste Mel- dung heißt allemal: Alles unter Kontrolle - Meßwerte erhöht, aber harmlos. Klar, wenn der Unfall unübersehbar ist, dann geht eine demokrati- sche Öffentlichkeit ganz anders ans Werk. Die macht aus jedem Un- fall eine Sensation, spürt zielsicher den U n t e r h a l- t u n g s w e r t von Leichen, Bränden und Trümmern auf, zeigt sie dementsprechend groß im Bild und läßt die Opfer berichten, wie sie sich fühlen. Und vor allem legt sie so jedermann auf die richtigen Sorgen fest. Sorge Nummer 1 hat in solchen Fällen nämlich die zu sein, ob auch ja niemand den "falschen Schluß" zieht und das flotte Ge- schäftsleben kritisiert, das da seine Opfer fordert. Lieber soll man die Kinder einsperren, ordentlich duschen und derweil sich den Kopf darüber zerbrechen, ob der zuständige Minister sich ge- mäß seiner hohen Verantwortung auch genügend bewährt hat - die Minister denken auf alle Fälle an das irgendwie fällige Wahlkreuz und machen sich zur Hauptperson... Alle diese unterhaltsamen Sorgen hat die sowjetische Führung ih- rem Volk vorenthalten; und darum ist es wirklich nicht schade. Ein einziges wahres Wort über die Atomkraft und ihren bisweilen tödlichen Haken hat sie allerdings ebenso sorgfältig vermieden wie Staatsrundfunk und Presse bei uns. Statt dessen - was einer westlichen Zeitung nie passieren könnte; oder doch? - ein sinni- ger Übergang zu den Atom w a f f e n, deren Gefährlichkeit man nach dem Atomunfall nur noch besser abschätzen könne; plus Be- kenntnis zum unvermeidlichen Fortschritt und zu friedlicher Atom- kraftnutzung - genauso zynisch, wie die demokratischen Gipfelmei- ster in Tokio es auch von sich gegeben haben! D a s hat natürlich keine verantwortungsbewußte Demokratiestimme den russischen Schönfärbern angekreidet. Der Systemvergleich will auf etwas viel Grundsätzlicheres hinaus: Als "Lügenregime" - na- türlich im Unterschied zur Demokratie! - soll die Sowjetunion sich mit ihrer Schweigsamkeit entlarvt haben; und als technolo- gisch rückständiges noch dazu; also als eine einzige Gefahr für die Menschheit, die unter "internationale Kontrolle" gehört. Auf diese Klarstellung zielen alle die wohlmeinenden selbstlosen Hilfsangebote aus NATO-Staaten. Mit Krokodilstränen über die "entsetzliche Katastrophe" wird dem falschen System da drüben wieder mal genau das um die Ohren gehauen, was für einen unter NATO-Aufsicht gestellten freien Bürger die Sowjetunion zum F e i n d stempelt: keine freie Sensationshascherei, also k e i n e F r e i h e i t; kein technologischer Erfolg, also k e i n e Z u k u n f t. Wert, daß sie zugrunde geht, und r e i f dafür. Für die Konkursabwicklung steht der Westen be- reit. So wird die Katastrophe in Cernobyl - je tödlicher, desto besser - zum Gottesgeschenk für die demokratische Vorkriegs-Stimmungsma- che. *** Kompensatorische Mehlspeisen-Sicherheitsphilosophie --------------------------------------------------- "...Natürlich gilt, was ich immer sage. Wir können vieles wettma- chen durch nicht Rauchen, keine Malakofftorten essen und so wei- ter..." (Gesundheitsminister Kreuzer im Club 2) *** Wieviel Radioaktivität verträgt der Mensch? Oder: ------------------------------------------------- Lehren aus einem Unfall, die sicher nicht gezogen werden -------------------------------------------------------- 1. "Es bestand zu keinem Zeitpunkt eine akute Gesundheitsgefahr für die österreichische Bevölkerung. Über Langzeitschäden liegen noch keine Erfahrungen vor." - Es findet also die ganze Zeit eine unmerkliche Gesundheitsschädigung statt. Die Experten sind neu- gierig, was dabei herauskommt. 2. "Die Einnahme von Jodtabletten ist Unsinn." - Sehr richtig; Jod ist kein Impfstoff gegen Radioaktivität. So etwas kann es überhaupt nicht geben. Bloß: Wer hat die Jodtabletten denn ei- gentlich als Wundermittel gegen Strahlenbelastung aufgebracht und in den Katastrophenplänen für Zwentendorf vorgeschlagen?! 3. "Die sowjetische Informationspolitik macht es schwer, die pas- senden Schutz- und Abwehrmaßnahmen einzuleiten." - Das ist gelo- gen. Denn es gibt keine Schutz- und Abwehrmaßnahmen gegen radio- aktive Verseuchung. Und ob Milch noch nicht gesundheitsschädlich ist, müssen die österreichischen Molkereien allemal selbst ermit- teln; da hilft ihnen keine sowjetische Offenherzigkeit. 4. "Wir brauchen mehr internationale Kontrolle." - Nein, die hilft gar nichts. Westliche Experten z.B. wissen ja nicht einmal, wie mit ein bißchen radioaktiver Verseuchung umzugehen ist - weil es da auch gar nichts zu wissen gibt: Es gibt keinen vernünftigen Umgang damit. Was soll besser werden, wenn eine internationale Kommission - nichts weiß? Außer dem westlichen Nationalstolz hilft das niemandem! *** Der russische "Primitivreaktor" 1986 aus westlicher 1983er Sicht ---------------------------------------------------------------- "Die Verläßlichkeit des ganzen" (in Cernobyl verwendeten) "Systems ist sehr hoch dank der Überwachungs- und Kontrollmög- lichkeit der einzelnen horizontal liegenden Kanäle aus Zirkon... der Kühlkreislauf kann in kleinere isolierte Gruppen von Kanälen aufgespalten werden, die Möglichkeit, den Reaktor während des Be- triebs in jede beliebige Anzahl getrennter Sektionen zu untertei- len..., Zur Betriebssicherheit sind die Kraftwerke mit drei parallel ar- beitenden Sicherheitssystemen ausgerüstet. Die Kraftwerke sind gegen Naturkatastrophen (Orkane, Überschwemmungen, Erdbeben etc.) und gegen Flugzeugabsturz und Druckwellen von außen ausgelegt. Die Sicherheit wird noch durch die in Rußland mögliche Standort- auswahl... erhöht." (Atomwirtschaft 12/1983) zurück