Quelle: Archiv MG - EUROPA AUSTRIA - Unsere neutrale Ostmark


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       Wie konnte es dazu kommen?
       

BAUCHSCHUSS FÜR POLITIKER

Ein 60jähriger Lehrer schießt auf seinen Landeshauptmann, weil ihm Kollegen und Vorgesetzte hartnäckig die gewünschte Anerken- nung vorenthalten. Das ist das vorläufige Ende eines jahrelang geführten Kampfs um mehr Gerechtigkeit im Kärntner Schulwesen. Der Entschluß, durch eine private drastische Korrektur dem ver- letzten Gerechtigkeitsempfinden zu einem Recht zu verhelfen, ge- dieh über ein gründliches Mißverständnis der bürgerlichen Mei- nungsfreiheit. Daß sich ein anständiger Bürger seine Unzufrieden- heit über diverse Mißerfolge dahingehend zurechtlegt, er sei das anerkennenswerte Opfer von Intrige und Korruption, gehört sozusa- gen zur Grundstellung bürgerlicher Moral und gilt allgemein als unbedenklich. Ernster wird es schon, wenn jemand dutzende Bögen und Briefpapier darauf verschwendet, diesen Ungerechtigkeitsskan- dal der Öffentlichkeit mitzuteilen; einem m ü n d i g e n B ü r g e r kann es da leicht passieren, daß er sich unversehens als notorischer Querulant wiederfindet. Diese Titelverleihung wird fast unvermeidlich, wenn sich über den - folgenlosen, aber immerhin erfolgten - Abdruck der freien Meinung nicht alsgleich wieder Zufriedenheit einstellt, sondern allen Ernstes korrigie- rende Wirkungen erwartet werden. Dafür ist die kritische Bürger- meinung ja nun wirklich nicht vorgesehen, und herbe Enttäuschun- gen können gar nicht ausbleiben. Mit ihnen braucht auch noch kein Bürger polizeiauffällig werden, sofern er sich durch sie nicht berechtigt wähnt, seinem Standpunkt mit härteren Mitteln zum Er- folg - und sei es nur dem öffentlicher Aufmerksamkeit - zu ver- helfen. Bei diesem letzten Übergang kann den Politikern der Vor- wurf fahrlässiger Anstiftung freilich nicht erspart werden: wer führt denn seit Jahren sämtliche Wahlkämpfe als eine einzige Sau- berkeitskampagne: Da mußte ja, in einem ganzen Volk staatsbürger- licher Saubermänner, einmal einer ausklinken und sich dazu aufge- rufen fühlen, seine private Zuständigkeit für ordentliche Staats- verwaltung geltend zu machen. Seinen unverbesserlich guten Glauben an die Politik hat der Mann dabei bis zuletzt nicht verloren; als gediegener Ansprechpartner für seine Klage über die "Parteibuchwirtschaft" galt ihm ganz selbstverständlich der Parteichef höchstpersönlich. Die Abfuhr dieses letzten Vertrauensbeweises hat Lehrer Rieser dann endgül- tig nicht mehr verkraftet und seiner radikalen Staatsbürgermoral gegen jede Berechnung freien Lauf gelassen. So sind letztlich beide, der verkannte Lehrer und der angeschossene Landeshaupt- mann, Opfer ihres Berufs geworden. PS: Bauchschuß für Bürger ------------------------- Weniger Aufmerksamkeit als der Kärntner, dafür eine durchschla- gendere Wirkung erzielte die Wiener Polizei bei ihrer Rechtsstif- tung. Auf der Jagd nach Verdächtigem gelangen ihr kurz hinterein- ander zwei Abschüsse, die über die "bürgerfreundliche" Wirkung der neuen "mannstoppenden" Dienstwaffe keine Frage mehr offenlas- sen. Einmal von hinten nach vorne, das andere Mal umgekehrt, er- stickte sie den Versuch, sich der Gerechtigkeit durch Flucht zu entziehen, verläßlich im Keim. Wie zu lesen war, blieb von den Opfern, die posthum eindeutig als Täter identifiziert werden konnten, außer einem Riesenloch nicht viel übrig. Der amtliche Gerechtigkeitssinn geht eben auch in der Mittelfrage mit ganz an- derem Kaliber ans Werk als die in jeder Hinsicht dilettantischen Nachahmungsversuche eines aufgebrachten Bürgers. *** Bürger sei wachsam! ------------------- Als der Lehrer Rieser neulich bei der "Krone" zu Besuch war, um sie für seinen Kampf gegen den "Machtmißbrauch" zu gewinnen, hat er sich beim Redakteur durch sein unziemliches Äußeres schon ver- dächtig gemacht: "Eigentlich viel zu lange Haare für einen Leh- rer, dachte ich kurz." Aber noch dachte er sich weiter nichts dabei und strich ihn bloß aus der Leserbriefecke: "Ich wußte nur: Mit dem Mann kann man nicht mehr reden; der will mit dem Kopf durch die Wand. Ein Spin- ner, aber doch eher harmlos. Von Gewalttätigkeit war nichts an dem Mann..." Man kann eben nicht mißtrauisch genug sein, und als "Krone"-Re- dakteur hätte er eigentlich wissen können, daß "Spinner" nie "eher harmlos" sind und jeder, der "mit dem Kopf durch die Wand" will, ein potentieller Gewalttäter ist. Dafür ist jetzt sonnen- klar, daß man den Mann schon wegen seiner Physiognomie unter Po- lizeiaufsicht hätte stellen müssen: "Mit seinem Bart und seinen langen weißen Haaren erinnert Franz Rieser ein wenig an Karl Marx." Wann endlich gehen Fahndungsphotos von Marx, Engels, Lenin an alle Polizeidienststellen und Redaktionsstuben? zurück