Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK UMWELTPOLITIK - Smog und Molke - alles im Griff!


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       Zu der  Podiumsdiskussion "Verankerung  des Umweltschutzes in der
       Verfassung" am 17.1.1985, 20h, Juridicum
       

KRITISCHE UNI

16.-18. Januar Eingeladen von den linken Studentengruppen im Rahmen der von ih- nen ausgerufenen "Kritischen Universität" waren zwei Juristen (PIETZCKER und SCHLINK), ein Ministerialrat HEIDE, sowie das Grü- nen-MdB SCHILY, um ein Streitgespräch über die spannende Frage abzuziehen, ob der Staat dem Bürger ein Grundrecht auf saubere Umwelt gewähren solle oder lieber nicht. Dabei war die Antwort auf diese Frage längst schon vorgegeben: es ist scheißegal, ob man sich für "ja" oder "nein" entscheidet, denn alles, was als "Umweltschutz" gesetzlich bestimmt wird (Emmisionsverordnungen, die Schaffung von Katalysatorenautos, Smog-Bestimmungen und dergl. mehr), fällt so oder so unter die alleinige Verantwortung der staatlichen Organe. Das Z u s t a n d e k o m m e n der "Umweltprobleme" ist in dieser Art Debatten somit gleich gar nicht Thema - die Zuständigkeit des Staates für bestimmte Schädigungen an Mensch und Natur taucht von vornherein exklusiv unter der Rubrik "Problemlösung" auf. So waren sich denn auch alle Redner darin einig, daß es sich bei dem in Rede stehenden "Recht" des Bürgers, vor Umweltschäden ge- schützt zu werden, keinesfalls um ein e i n k l a g b a r e s Recht handeln würde, ein dahingehender Beschluß für das "staatliche Handeln" also p r a k t i s c h b e d e u- t u n g s l o s wäre. Selbst der - in dieser Runde einzige - Befürworter eines solchen "Grundrechts auf Umweltschutz", Otto SCHILY, betonte, daß er sich "keine Illusionen" über den Stellenwert eines solchen Gesetzes macht, weil damit natürlich "die Umweltfrage nicht gelöst" sei. Ein positiver Effekt läge aber im darin enthaltenen Symbolwert, der "staatlichen Aner- kennung" dessen, "daß diese Frage für uns" (für die Grünen-Par- tei, für den Staat, für "uns alle" !?) "von existentieller Bedeu- tung ist." Sprach's und lehnte sich zufrieden zurück. Genau mit demselben Argument, daß ein solches Gesetz nämlich praktisch "funktionslos" sei (SCHLINK), wandten sich die anderen Podiums- teilnehmer umso vehementer dagegen. Sie weideten sich an der Fik- tion, ein solcher Rechtstitel könne Begehrlichkeiten des Bürgers wecken, die hier und überhaupt nicht angebracht sind. Es gehe nicht an, so PIETZCKER, daß Grundrechte als "Verschaffungsrechte" mißverstanden werden könnten, daß "Ansprüche auf ein Tätigwerden des Staates" gestellt würden, (SCHLINK), zumal "Umwelt juristisch nicht bestimmbar ist". Wo kämen wir schließlich hin, wenn die Bürger sich einbilden würden, sie hätten dem Staat Vorschriften darüber zu machen, was er tun und lassen soll? Und so weiter - hin und her. Wie soll man sich, schließlich auch einigen können in einem so blöden Streit, der gleich gar nichts anderes zum Ausdruck bringen will als die gesellschaftspolitische Wichtigkeit und das eigene Verantwortungsbewußtsein für den "Grundwert Umwelt", die heutzutage landauf, landab eh nur noch massenweise "Beschützer" kennt. zurück