Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK UMWELTPOLITIK - Smog und Molke - alles im Griff!
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Münchner Hochschulzeitung Nr. 1, 12.11.1980
WELTENERGIEKONFERENZ
Bereits 1924 haben ein paar Techniker, denen der nationale Rahmen
ihrer Tätigkeit schon immer zu eng war die Weltenergiekonferenz
(WEK) ins Leben gerufen. Doch erst 50 Jahre später, genau im
Sept. 1980 ist ihnen der Durchbruch in die Öffentlichkeit samt
der damit verbundenen Anerkennung gelungen, was man schon daran
sehen konnte daß sowohl Kanzler SCHMIDT als auch Kandidat STRAUSS
sogar in der "heißen Phase des Wahlkampfes" sich die Zeit nahmen,
den Herrn Technikern ihre Aufwartung zu machen.
Die versammelten 5000 kleinen Macher der staatlichen Energiever-
sorgung ließen sich nicht lumpen, um dem Anliegen des großen
Steuermanns SCHMIDT nachzukommen: Ihre "Bringschuld" in Sachen
Agitation für die Durchsetzung des Atomprogramms hierzulande und
anderswo gälte es einzulösen. So zog denn auch Prof. Dr.-Ing KNI-
ZIA, Chef des Energiekonzerns VEW und Präsident des Nationalen
Kommitees dieser Konferenz, selbstzufrieden folgendes Fazit:
"Erstmalig in einer WEK ist es gelungen, Erkenntnisse von Wissen-
schaftlern und Ingenieuren in die Zusammenhänge Energie-Gesell-
schaft-Uumwelt zu stellen." (VDI-Nachrichten v. 19.9.80)
Die auch sonst ständig vollzogene Erörterung des staatlicherseits
in die Welt gesetzten "Energieproblems", deren Resultat noch
stets "die Zustimmung zur staatlichen Praxis der Lösung dieses
Problems" sein soll, bekam den ihr gebührenden Stellenwert. Auf
dieser Konferenz bereicherten die 5000 Wissenschaftler und Inge-
nieure die "Energiedebatte" um ein schlichtes Argument: Sie, die
sich ja schließlich auskennen, sind dafür eine Energiepolitik,
wie sie gerade läuft, indem sie unter dem Nimbus des technischen
Kosmopolitismus, dieses Problem in seiner "weltweiten" Bedeutung
erfaßten.
Nicht, daß hier in Sachen Energieideologie etwas Neues gesagt
worden wäre, war das Interessante, sondern, daß die bekannten
Sprüche von Leuten gesagt wurden, die qua ihrer Profession
schlicht die Inkarnation der Objektivität darstellen, macht die
Wucht der Veranstaltung aus. Und in diesem Bewußtsein haben die
Teilnehmer dann auch wirklich gezeigt, daß ihnen kein Argument zu
blöd und keine Heuchelei zu groß ist.
Ganz unter sich hat man sich in seinem unermüdlichen Einsatz für
die Kernkraftwerke bestätigt und den Leuten, die immer noch dage-
gen sind, klar gemacht, daß es ihnen zu gut geht:
"Sie (die Entwicklungsländer) haben in der Not, aus der Sicht der
Verhungernden, andere Verhältnisse zu Risiken als Leute, die satt
sind." (VDI-Nachrichten)
Beim heutigen Stand der KKW-Debatte überrascht natürlich keinen
mehr, wie hier die täglich zutagetretende Unsicherheit dieser
Dinger gleich offensiv als Mut zum Risiko vertreten wird.
Aber schließlich hatte man sich trotz
"des anderen Verhältnis zu Risiken" zu "der Meinung durchgerun-
gen, daß in den Entwicklungsländern das Erdöl wegen seiner größe-
ren Vielseitigkeit früher zum Einsatz kommen sollte, als die Ker-
nenergie". (VDI-Nachrichten)
Klar, wo bei denen das Öl nicht nur für die Stromerzeugung und in
den vielen Zentralheizungen verbrannt wird, sondern auch in der
dortigen chemischen und pharmazeutischen Industrie reichlich An-
wendung findet.
Daß aber "die Länder der Dritten Welt in zunehmendem Umfang Erdöl
benötigen", soll nun nicht etwa heißen, daß jetzt zur Verteilung
des Öls übergegangen wird. Denn "ohne Eigenleistung, also zum
Nulltarif", ist das Öl auch wieder nicht zu haben, wie der Chef
der Deutschen Bank, CHRISTIANS feststellte.
Das Resultat ist also klar: 1) Kernkraft bei uns muß sein, 2) das
Öl soll auch weiterhin dorthin verschifft werden, wo es bereits
heute gelöscht wird. Damit die durch Sparappelle, Teuerung und
den Einsatz anderer Energieträger bewirkte preisdämpfende Öl-
schwemme auch anhält und obendrein noch billigere Energieträger
zum Einsatz kommen können, dafür leistet das Argument mit der Ar-
mut in anderen Gegenden gute Dienste.
"Die Industrieländer werden sicher in der Lage sein, den Armen
das Öl weiterhin wegzukaufen, nur müssen sie sich dann darüber
klar sein, daß sie dann am Hungertod von Millionen schuld sind."
Wem solche Kaliber von Heuchelei einleuchten in denen die Welt
als gegenseitiger Hilfsverbund (Industrieländer helfen Entwick-
lungeländern) dargestellt wird, der soll sich mal fragen, warum
hier periodisch und für gewisse Leute der Überschuß zum Problem
wird, während anderswo Leute verhungern.
Daß sich auch der Anti-KKW-Standpunkt außerordentlich staatstra-
gend vortragen läßt, bewiesen die alternativen Kollegen in einem
"kritischen energie-forum". Ihre volkswirtschaftlichen Gesamt-
rechnungen, in denen sie dem Staat seinen Nutzen gerade aus dem
Verzicht auf bzw. der Einsparung von Energie vorgerechnet haben,
gipfelten in dem Argument, sich doch dadurch der lästigen
"Abhängigkeit von politisch instabilen Lieferstaaten" zu entzie-
hen. Man sieht, die Alternative Fraktion staatlicher Energiepoli-
tik, die zwar nicht gefragt ist, gibt laufend Antworten, die der
Staat für sich schon längst gelöst hat; schließlich hat er unter
anderem auch sein Militär.
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