Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK SACHVERSTAENDIGE - Von Ratschlägen für Ausbeutung


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       Münchner Hochschulzeitung Nr. 8, 27.01.1982
       
       Der Veranstaltungskommentar
       

MARKIGER SACHVERSTAND

Mi. 20.1., 18.00 h, E 02, Prof. ALBACH, Mitglied des Sachverstän- digenrats zur Begutachtung der wirtschaftlichen Lage nimmt Stel- lung zum Jahresgutachten 81/82 Was die Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage und die "Empfehlungen an die Wirtschaftspolitik" betrifft, hatte Herr AL- BACH folgendes Gedankengut zu bieten: "2 Millionen Arbeitslose treffen besonders (!) uns Fachökonomen ins Mark; ein eindeutiges Versagen der Wirtschaftspolitik," - ein "Versagen", das sich nur aus der Unterstellung ergibt, die Wirtschaftspolitik hätte tatsächlich den Zweck Vollbeschäftigung (was soll überhaupt so schön daran sein, sich für fremden Reich- tum nützlich machen zu "dürfen"? ) zu sichern, d.h. Arbeitslosig- keit zu verhindern. So sehr es den Staat interessiert, daß, sich alle seine Bürger "nützlich" machen und so wenig wie möglich au- ßer Brot gesetzte Arbeiter ihm auf der Tasche liegen, so sehr wirtschaftspolitische Maßnahmen von offizieller Seite unter dem Titel "Die Beschäftigung sichern" verkauft werden, so wenig han- delt es sich dabei um den Z w e c k betreffende Maßnahmen: Wenn nämlich die rentierliche Anwendung des Privateigentums 2 Millio- nen Arbeitslose produziert, führt dies staatlicherseits keines- wegs zu einem "Überdenken" und Bezweifeln der "gesamtgesell- schaftlichen Funktion des "Kapitaleigentums", sondern dazu, einerseits die Arbeitslosenzahlen mit dem Programm "Ausländer raus" statistisch zu bereinigen und bei den verbleibenden genuin "deutschen Arbeitslosen" andererseits schlicht die K o s t e n zu vermindern, die deren Lage dem Staat bereitet. Die weiteren Ausführungen ALBACHs bestanden darin, den Idealismus der "Beschäftigung" als "Sachgesetz der Wirtschaft" wiederer- scheinen zu lassen: "Die fehlenden Arbeitsplätze müssen durch Investitionen geschaf- fen werden." Bloß weil Arbeiter darauf angewiesen sind, daß ein Besitzer von Kapital ihre Dienste als rentabel betrachtet und deswegen "Maschinen zur Einsaugung von Arbeitskraft" (Marx) zur "Verfügung" (Ökonom) stellt, - heißt das noch lange nicht, daß Investitionen der "Arbeitsplatzbeschaffung" dienen. Meistens ganz im Gegenteil. "Zu wenig Investitionen gibt es, weil die Gewinnerwartungen zu niedrig, d.h die Kosten zu hoch sind." Als Urteil darüber, ob sich in der BRD "Produktion" noch lohnt, sollte und kann dies nicht verstanden werden, schon eher als "Beschreibung der wirtschaftlichen Situation" die sich vom Ideal der Vollbeschäftigung aus ergibt: daran gemessen, sind "Kosten" zu hoch. Mit seiner verrückten Gleichung - "Senkung der Lohnko- sten für Beschäftigung" - leistete sich ALBACH einen Fanatismus des "Einkommensverzichts" an der richtigen Stelle, der sich nicht nur in seinem Grund, sondern auch in seinem Ausmaß von dem der Unternehmer selbst unterscheidet: Für diese relativiert sich die Lohnhöhe daran, ob sie sich rentiert, und im Augenblick scheint's daran nicht zu fehlen. Auch wenn sich ALBACH, was die "nötige Ko- stenentlastung" betrifft, sehr mehrseitig gab - Wechselkurse müß- ten sich stabilisieren und die Zinsen, bzw. Staatsverschuldung sinken - aus Gründen des "theoretischen Realismus" gelangte er - seit mehreren Jahren - zu immer der gleichen zentralen Forderung nach Lohnverzicht: Er weiß daß er sich - wenn schon nicht auf die Macher des Wechselkurses an den Geldmärkten, wenn schon nicht auf die einmal festgeschriebenen staatlichen Verschuldungsbedürfnisse -, so doch wenigstens auf "meine persönlichen Freunde" von der Gewerkschaft verlassen kann: "Gewerkschaftler haben mich in persönlichen Gesprächen oft darauf hingewiesen, wie ungünstig es für sie aus internen Gründen sei, wenn wir in unsere Gutachten bestimmte Lohnforderungen rein- schrieben. Dann müßten sie mit ihren Forderungen immer um 2% drübergehen." zurück