Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK BETRIEBE - Vom Umgang mit dem Arbeiter
zurückBMW LEIHT SICH UNGARN AUS
Die Benutzung von Leiharbeitern ist längst gängige Praxis der Konzerne. Die Größe der Stammbelegschaft wird von vornherein so knapp gehalten, daß das Mehr an Arbeit, das anfällt - saisonal bedingt, zumeist vorausberechnet, auch einmal durch die Auftrags- lage begründet -, von dieser Stammbelegschaft, selbst wenn Über- stunden dazukommen, nicht erledigt werden kann. Dafür hat man ja die Leihfirmen. Die bedienen das Interesse der Firmen, Steigerun- gen der Produktion kostengünstig und flexibel bewältigen zu wol- len. Welchen Lohn die Leiharbeiter bekommen, geht die Betriebe, die solche benutzen, nichts an. Sie schließen einen Werkvertrag mit der Leihfirma, und wenn der sich für den Konzern rechnet, ist die Sache in Ordnung. Leihfirmen selbst machen ihr Geschäft mit der Differenz der Geldsumme, die ihnen Firmen wie BMW zahlen, und der Lohnsumme, die Leihfirmen an ihre zu verleihenden Arbeiter auszahlen. Daß da was drin ist, sieht man daran, daß an solchen Leihfirmen kein Mangel herrscht. Jetzt hat BMW sich eine ganze Mannschaft Ungarn geholt und läßt sie am Band Schichtarbeit verrichten. Das folgt für BMW aus einer einfachen Rechnung: Das ungarische Verleihunternehmen, scharf auf westdeutsche Devisen, bietet seine Arbeitskräfte billiger an als seine westdeutschen Konkurrenten. Ein Problem damit, daß statt Müller und Meyer Hidekutti und Pus- kas am Band malochen, hat BMW nicht. Wenn Arbeitskräfte brauchbar und billig sind, interessiert es nicht, aus welcher Gegend sie hergelaufen kommen und daß sie deutsche Arbeitskräfte ausstechen. Genauso denkt im Grunde auch der Betriebsrat von BMW. Nur ziert er sich erst ein wenig, bevor er sich zu diesem Standpunkt hinar- beitet: 1. Arbeitnehmer von Zeitarbeitsfirmen sind ziemlich rechtlos und werden nicht nach den Tarifen der Gewerkschaft "ausgebeutet". Besser wäre es, meint der Betriebsrat, wenn BMW einfach so, also ohne Leiharbeit, seine türkischen Deutschen ausbeutet. 2. Der Betriebsrat hat ausgerechnet, daß deutsche Arbeiter länger beschäftigt und damit höher qualifiziert sind. Also soll bei Leiharbeitern eine höhere Fehlerquelle in der Fertigung bestehen. Für Ungarn trifft das auf jeden Fall zu: "Die haben Ver- ständigungsprobleme". Z.B. mit ihren deutschen Schweißautomaten? 3. Der Betriebsrat weiß, daß BMW-ler auch ein Recht auf fehler- freie BMWs haben. Denn gute Qualität sichert ja schon immer Ar- beitsplätze. Magyarische Wanderarbeiter verwechseln immer die Reifen mit dem Lenkrad, weil sie einen 100%ig unsicheren Arbeits- platz haben. 4. Der Betriebsrat macht sich Gedanken über gute und schlechte Investitionen. Nach seiner Ansicht sind hochqualifizierte, plan- mäßig eingestellte und nicht geliehene Deutsche eine gute Inve- stition für BMW. Eine schlechte Investition sind Leiharbeiter aus Ungarn, die kommen, wenn BMW sie braucht, und morgen wieder weg sind, wenn BMW sie für überflüssig hält. 5. Der Betriebsrat hat der Ausleihung der Ungarn doch zugestimmt. Es hat ihm eingeleuchtet, daß BMW auf eine angespannte Personal- lage nur so reagieren kann. Vorbehaltlich der einschränkenden Be- dingung, daß Leiharbeit bei BMW kein Dauerzustand sein soll. Ist es ja auch nicht. Leiharbeiter werden ja nur geholt, wenn sie gebraucht werden. zurück