Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK BETRIEBE - Vom Umgang mit dem Arbeiter


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       Ein unerwarteter Streik und sein absehbares Resultat
       

JETZT WIRD WIEDER VERHANDELT UM SAMSTAGSARBEIT UND LOHNSENKUNG

Bei SKF ist seit Montag ein Streik beendet, der sich von vorne- herein nicht entschieden hat, wogegen er sich eigentlich richtet: - Dagegen, daß die Geschäftsleitung ihren Arbeitern einen ordent- lichen Teil ihres Lohns streicht und Samstagsarbeit als Normalzu- stand einrichtet. - Oder gegen die W i l l k ü r der Unternehmer und ihren demon- strativ zur Schau gestellten Unwillen, sich mit dem Betriebsrat über ihre Pläne zu vereinbaren. Da hieß es ebenso: "den unverschämten Griff in unseren Geldbeutel lassen wir uns nicht gefallen", wie darüber geklagt wurde, daß es auf Seiten der Geschäftsleitung keine Verhandlungsbereitschaft gäbe. VK-Leiter Ludwig Neumeier sagte gleich am 2. Streiktag: "Wir könnten heute die Beschäftigten gar nicht mehr zurückrufen, bevor sich die Geschäftsleitung bereiterklärt, zu verhandeln. Ist das denn zu viel verlangt?" Und das Wort "Lohnraub" war in aller Munde, das so wunderbar den Artgriff des Kapitals auf den Lebens- unterhalt der Arbeiter einerseits und seine alle Mitsprache-An- sprüche der gewählten Arbeitervertreter mit Füßen tretende Form der Ankündigung andererseits in eins setzt. Ganz offenbar kam es niemandem darauf an, sich darüber Rechen- schaft abzulegen, daß damit zwei ganz und gar verschiedene Sachen in einen Topf geworfen werden: Es ist eben nicht dasselbe, ob der Lohn unangetastet bleibt, oder ob der Betriebsrat darüber mitre- den darf, wo, wie und wann er gekürzt werden soll. Worauf es da- bei der IG Metall ankam, ihren Betriebsräten und Vertrauensleu- ten, zeigt allerdings die Vereinbarung sehr klar, mit der sie den Streik beendeten: Kaum ist die Geschäftsleitung zu Verhandlungen mit dem Betriebsrat bereit, ist für ihn die Angelegenheit erle- digt und seinem Anliegen Rechnung getragen. Was das der Substanz nach heißt, Lohn und Arbeitszeit betreffend, ist sofort nicht nur zweitrangig, sondern glatt in die Rubrik "Kröten, die wir schluc- ken mußten" eingeordnet - und abgehakt. Da gibt die SKF-Geschäftsleitung eine Erklärung heraus, in die sie ihren Willen zur "konstruktiven Zusammenarbeit" mit dem Be- triebsrat hineinschreibt - und schon ist die Kampfparole "Diesmal werden wir bis zum erfolgreichen Ende kämpfen" erstens eingelöst. Und zweitens besteht dieses "erfolgreiche Ende" darin, daß "der erforderlichen Verbesserung der Ertragslage der SKF nicht durch d i e Maßnahmen Rechnung getragen wird, die die Geschäftsleitung "einfach diktieren" wollte, sondern - "durch gleichartige Maßnah- men"! Keine Frage: Das Interesse der SKF an entschiedenen Kürzun- gen ihrer Personalkosten besteht weiter. Ebenso wie das an neuen Schichtplänen, die einer "verbesserten Auslastung der Maschinen- kapazitäten" dienen - inklusive Samstagsarbeit, versteht sich; schließlich ist 3-Schicht-Betrieb ja längst die Regel! Und daß all diesen Interessen irgendwie Rechnung zu tragen ist, dieser "Einsicht" will sich auch der Betriebsrat nicht verschließen - wo er doch jetzt wieder mitreden darf! Der Inhalt der ganzen Vereinbarung zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat, die das Ergebnis dieses 5-tägigen Streiks ist, be- steht in dieser Zusicherung "alternativer Maßnahmen". Deren Z i e l, Lohnsenkung, ist überhaupt nicht umstritten - und daß sie im Großen und Ganzen gegenüber den ursprünglichen Firmenplä- nen etwas v e r ä n d e r t e D u r c h f ü h r u n g e n des- selben sind, ist gerade der E r f o l g, der den Betriebsrat den Streik beenden ließ. So sehr kam es Lang und seiner IG Me- tall-Riege d a r a u f an, daß glatt eine ins Detail gehende Festlegung der jetzt tatsächlich durchzuführenden Maßnahmen gar nicht zu erfolgen brauchte - abgesehen von einigen Punkten wie der Schließung der Erholungsanlage Sennfeld, die sowieso nieman- den so besonders interessiert haben. Da gibt es Einsparungsposten bei "Zulagen und Zuschlägen" oder im "Sozialpaket", die erst "noch definiert werden müssen"- Und was die Regelung der Schicht- pläne betrifft, so besteht sie in der Vereinbarung, daß eine Schnell-Schlichtung durchgeführt werden soll, falls bis Ende der Woche kein Einvernehmen über eine neue Arbeitszeitregelung er- zielt wird. Daß die üblichen Verfahren in der schiedlich-friedli- chen Verwaltung der Interessengegensätze von Kapital und Arbeit wieder zu ihrem Recht kommen - das ist also der Streikerfolg! Ja, wenn damit dem Arbeiterinteresse gedient ist! *** Aufschlußreiche Solidaritätsbekundungen --------------------------------------- waren auf der Kundgebung letzten Samstag von Erwin Saal, dem Be- triebsratsvorsitzenden von FAG Kugelfischer zu hören: Auch "wir bei FAG haben heuer schon manches schlucken müssen, aber so weit wie hier ist unsere Geschäftsleitung nicht gegan- gen." Einerseits ist das eine Auskunft darüber, welche Aufgaben für einen Betriebsrat hierzulande vorgesehen sind: Jene "dicken Krö- ten", die die Belegschaft zu schlucken kriegt, darf er mitbestim- men und einvernehmlich regeln. Und ein bißchen jammern darf er auch - nachdem er unterschrieben hat. Andererseits verblüfft die Gewißheit, mit der Kollege Erwin be- hauptet, "sein" Patron Schäfer bei der FAG sei "nicht so weit" gegangen wie die Geschäftsleitung von SKF. Am Ende meint Saal, seine Firma sei nicht so unverschämt wie SKF, weil e r sein ganzes Leben lang noch keine Zumutung der Firmenleitung für schlimm genug befunden hat, "bloß deswegen" den von ihm geschätz- ten Betriebsfrieden "nach Art des Hauses" zu stören. Aber viel- leicht ist es ja auch nur so, daß Erwin Saal es für sehr rück- sichtsvoll hält, daß seine FAG Kugelfischer all das, was SKF den Arbeitern j e t z t, a u f e i n e n S c h l a g an Überta- rif streichen will, scheibchenweise schon vor Jahren gestrichen hat? zurück