Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK BETRIEBE - Vom Umgang mit dem Arbeiter


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       Opel-Werksleiter Strinz:
       

KEINE GRENZE FÜR DIE ARBEITSZEIT

Für Opel ist folgendes arschklar: "Mit dem Produktionsrekord von 280.000 Fahrzeugen, die dieses Jahr in Bochum vom Band rollen, ist die Grenze im Zwei-Schicht- Betrieb erreicht. Die Einführung einer Nachtschicht im Karosse- riewerk würde gleichzeitig die Schaffung von 1.000 Arbeitsplätzen bedeuten. Die Einführung der dritten Schicht wird zur Zeit über- prüft... Statt der teuren Mehrarbeit muß ein rollierendes Schichtsystem mit der Einbeziehung des Samstags eingeführt wer- den, bei dem die Mitarbeiter an vier Tagen pro Woche fast 10 Stunden arbeiten. Danach hätten sie zwei Tage frei. Die Einfüh- rung eines rollierenden Schichtsystems ist auch mit Neueinstel- lungen verbunden." (Strinz in einem Interview mit der "Westfälischen Rundschau"). Also: in diesem Jahr fährt Opel mit gesteigerter Arbeitsleistung pro Stunde, mit Sonderschichten und Überstunden sowie mit dem Durcharbeiten von einigen hundert Leuten während der Werksferien einen neuen Produktionsrekord ein. Der ist ein Gewinnrekord, weil sich das Zeug auch gewinnträchtig verkaufen läßt. Und das weckt neue Ansprüche: in den Kampf um Preise und Marktanteile will Opel sich jetzt noch wuchtiger einmischen. Im Interesse des Geschäfts gibt's da nur das Eine: längere Maschinenlaufzeiten. Dabei setzt Opel die Mittel ein, die einem kapitalistischen Be- trieb zur Verfügung stehen: die Arbeiter haben keine Kapazitäts- grenze (zu haben) - ihr Arbeitstag und ihre Arbeitswoche werden verlängert, und überhaupt wird die ganze bisher geltende Arbeits- zeitordnung ein Stück revolutioniert, was das Antreten zu jeder Tages- und Nachtzeit sowie am Wochenende anbelangt. Auffällig, daß Strinz jede von ihm angekündigte Verschlechterung für die Arbeiter in die Bereitstellung von Arbeitsplätzen umrech- net. So drückt eben ein Kapitalist ein ums andere Mal aus, wie arbeiterschädlich die Parole "Hauptsache Arbeit" ist. Wenn's um den Gewinn und seine Vermehrung in der Hand von Opel geht, dann heißt das für die Arbeiter: s i e haben kein berechnendes Ver- hältnis zu ihrer Arbeit zu haben und s i e haben keine so "überflüssigen" Überlegungen anzustellen wie die, was sie ihnen bringt und was sie sie kostet. Für Opel ist noch was zweites arschklar: "Die Erfahrung dieses Jahres mit sehr vielen Sonderschichten hat gezeigt, daß die Überstundenregelung mit Freizeitausgleich nicht einfach zu bewerkstelligen ist. Ein solcher Freizeit-Ausgleich führt zu Personalengpässen und einem ungeheuren Management-Auf- wand. Es hilft nichts, auf die 35-Stunden-Woche zu gehen und dann die Anlagen mit Überstunden besser auszulasten. Die Frage von neuen Arbeitszeit-Modellen mit Einschluß des Samstags kann nicht mehr lange vor uns hergeschoben werden... Die Befürchtung, daß mit der Samstagsarbeit auch der freie Sonntag fällt, kann ich nicht teilen." So führt der Strinz über die Zeitung ein Zwiegespräch mit den Be- triebsräten - und das ist schon recht aufschlußreich: 1. Der Mann geht davon aus - und der Erfolg gibt ihm recht -, daß Überstunden eine Sache sind, die er mit dem Betriebsrat ausmacht - den Arbeiter geht das nichts an, der arbeitet halt länger, wenn's ausgemacht ist. Und er geht auch davon aus, daß er jede Überstunde, die er will, kriegt: eben als "Regelung". Und jetzt teilt er mit, daß ihm die alte Regelung nicht mehr paßt. Also - für einen Kapitalisten nur konsequent - will er eine neue haben, mit weniger "Management-Aufwand" und weniger Kosten, also mit mehr Arbeiter-Aufwand auf denen Kosten. 2. Der Mann kennt seine IGM-Pappenheimer wirklich aus dem Effeff. Die 35-Stunden-Woche samt den Schritten dahin, das ist doch eh nur eine rein rechnerische Festlegung einer Normalarbeitszeit, auf deren Basis eine bessere Anlagennutzung, also eine mit fle- xibler und längerer Arbeitszeit, verabredet wird (was der Gewerk- schaft wohlbekannt ist, siehe Kasten). Und wenn schon länger ge- arbeitet wird und eh bei Opel seit längerem an den meisten Sams- tagen gearbeitet wird, dann "hilft nur eines": Die Samstagsarbeit regulär einführen und sich die paar Zuschläge sparen. 3. Und wo die Gewerkschaft dem zunehmenden Bedürfnis des Kapitals nach S a m s t a g s arbeit praktisch Rechnung trägt, aber auch in ihrer Propaganda in der sie um den freien S o n n t a g kämpft, da gibt ihr der Strinz ganz einfach recht. Die "Befürchtung, daß der freie Sonntag fällt" teilt er nicht, denn da, wo Sonntagsarbeit ansteht, wird sie sowieso schon gemacht, und da, wo er sie nicht vorhat, eben nicht. So sicher ist sich der Mann, daß der Betriebsrat - natürlich im- mer im Namen der Belegschaft - alle großen und kleinen Kröten schluckt, die zum Wohle der Firma geplant sind! Da läßt sich gut rumstrinzen. *** Das "Handelsblatt" besuchte kürzlich den Vorsitzenden des Gesamt- betriebsrats Richard Heller und rieb ihm genüßlich folgendes un- ter die Nase: "Die effektive Arbeitszeit liegt heute vielfach höher als vor der tarifvertraglich vereinbarten Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 37 Stunden." Aber das macht doch einen Betriebsrat nicht verlegen: "Heller sieht dadurch aber nicht den Wert der Arbeitszeitverkür- zung geschmälert (dadurch doch nicht!). Solche tarifvertraglich vereinbarten Arbeitszeiten müßten stets, gibt er zu bedenken, bei Auftragsspitzen durch Mehrarbeit verlängert werden können. Auch mache es doch einen Unterschied, ob, überspitzt formuliert, auf eine 48-Stunden-Woche eine 8-stündige Sonderschicht aufgepackt werde oder auf eine 37-Stunden-Woche eine 7,5-Stunden-Schicht". Merke: Verglichen mit einer 56-stündigen Arbeitswoche macht sich eine 44,5-Stundenwoche geradezu prächtig. D a s ist eben der "W e r t d e r A r b e i t s z e i t v e r k ü r z u n g": Spitzenarbeitszeiten fürs Kapital. So spricht ein Gewerkschaftsfunktionär auf seine Art und Weise aus, daß 35 Stun- den pro Woche zu arbeiten "a b s u r d, d u m m u n d t ö r i c h t" ist. Aber halt, das hat ja Birne Kohl gesagt. *** Die Autofirmen werben --------------------- - seit neuestem ungeniert mit Erfolgen bei der Ausbeutung ihrer Belegschaft. VW-Anzeige: Kauft VWs, denn VW ist erfolgreich "Liebe Autofahrer... Wir haben weiter rationalisiert... Sie be- kommen jetzt mehr VW, ohne daß Sie eine Mark mehr bezahlen müs- sen." Opel-Anzeige: Kauft Opels, denn Opel ist erfolgreich: "Europa hat gewählt: 1,1 millionenfach Opel. 1.500 neue Mitarbei- ter und Programme für Sonderschichten bestätigen diesen Erfolg." Es war ja schon immer etwas Besonderes, original deutsche Wertar- beit zu kaufen. zurück