Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK BETRIEBE - Vom Umgang mit dem Arbeiter
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Mercedes-Benz teilt sich neue Arbeitszeiten zu:
HIER KALKULIERT NUR EINER!
Wie lange dauert der Arbeitstag, die Arbeitswoche eines Mercedes-
Arbeiters? Es kommt ganz darauf an, was die Werksleitung be-
schließt. Und die hat beschlossen, die Normalschicht auf 9 Stun-
den täglich auszudehnen und auch die Samstage mehr oder weniger
in Arbeitszeit für Mercedes zu verwandeln:
Gleich 20 Sonderschichten hat sie beim Betriebsrat für das Jahr
1991 beantragt und die Verlängerung der Früh- und Spätschicht um
je 1 Stunde für (vorläufig) denselben Zeitraum.
Wo das Geschäftsinteresse zählt...
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Mercedes-Benz will nämlich m e h r G e s c h ä f t machen,
eine gute Geschäftslage für sich ausnutzen: Geschäfts m ö g-
l i c h k e i t e n sollen nicht an der Produktion scheitern.
Das heißt im Vorstandsjargon: 'die Lieferzeiten verkürzen', also
in kürzerer Zeit mehr von den Karossen mit dem guten Stern auf
den Markt bringen und so die Konkurrenz aus dem Feld schlagen.
Dieses gute kapitalistische I n t e r e s s e von Mercedes ist
schon die ganze "Begründung" für die beanspruchte 'Mehrarbeit':
Mercedes w i l l das so, weil das gut ist für den Gewinn, also
wird's gemacht!
Das W i e ist mit einem Blick auf das Betriebsinventar schnell
erledigt: Die Maschinen, Robbis usw. kosten Mercedes nämlich
gleich viel Geld, ob sie nun 10, 16 oder 18 Stunden pro Tag
'ausgelastet' werden; nur, daß sie sich im letzteren Fall erfreu-
lich schnell wieder in klingende Münze umsetzen: Je länger die
Maschinen pro Tag und pro Woche laufen, umso schneller fließt
nach Verkauf der Autos eine gewachsene Geldsumme an Mercedes-Benz
zurück. Und da wäre es doch glatt ein Verbrechen am Gewinn, wenn
der Betrieb diese schönen durchrationalisierten Anlagen nicht
noch 'effektiver' nutzte! Was liegt also von seinem Standpunkt
aus näher, als einfach die 'Betriebsnutzungszeit' zu v e r-
l ä n g e r n, um so m e h r Autos produzieren zu lassen - so
viele eben, wie Mercedes gewinnbringend verkaufen kann!
...haben Interessen der Arbeiter nichts zu suchen
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So weit, so gut - für Mercedes-Benz.
Schlecht für die, für die der W i l l e des Betriebes
B e f e h l zu sein hat. Der Beschluß der Werksleitung heißt ja
nicht nur, die vorhandene Maschinerie länger auszulasten, sondern
dieses Anliegen durch die v o r h a n d e n e Belegschaft be-
werkstelligen zu lassen. Dafür stellt Mercedes doch keine neuen
Leute ein! Wozu hat der Betrieb denn seine olympiareife flexible
Arbeitermannschaft, wenn nicht dafür, seinem jeweiligen Arbeits-
zeitbedarf nachzukommen!
Also kriegt das lebendige Betriebszubehör neue Maßstäbe verpaßt,
die sich gewaschen haben: Ab sofort dauert die 'normale' Schicht
9 Stunden, und der diesbezügliche "Antrag" für das ganze Jahr
1991 läßt den Verdacht erst gar nicht aufkommen, da handele es
sich um eine "ausnahmsweise Mehrarbeit". Die gibt's natürlich
weiterhin, aber auf der Basis der neuen 9-Stunden-Schicht und 45-
Stunden-Woche, die jetzt das 'normale Maß' der Benutzung abgeben.
Wenn Papi darüber hinaus samstags zur S o n d e r schicht in der
Fabrik antreten muß, dann dauert die Arbeitswoche eben 54 Stun-
den.
"Schranken" irgendwelcher Art, womöglich "Schmerzgrenzen" bei den
Arbeitern oder tarifvertragliche Arbeitszeitregelungen, kommen
dem Betrieb erst gar nicht in den Sinn (die dann ja wohl keine
sind!), wenn er sein Interesse an maßgeschneiderten Arbeitszeiten
als das alleingültige g e g e n die Arbeiter geltend macht.
Einwände von deren Standpunkt aus sind nicht vorgesehen; das
ginge ja g e g e n das Anliegen von Mercedes! Eigene Kalkula-
tionen der Arbeiter in punkto Freizeit und Familie haben eben
keinen Platz, wenn der Betrieb von ihnen 1 Stunde länger pro Tag
Arbeitszeit will. Daß den Arbeitern die 1 Stunde fehlt - na klar!
- sonst könnte ja das Betriebsinteresse nicht zum Zuge kommen.
Daß es sich dabei um lauter Z u m u t u n g e n handelt, die
die ganzen Lebensumstände des Arbeiters so ziemlich
durcheinanderwürfeln - na klar! - das ist eben so! Das geht doch
den Betrieb nichts an.
Der setzt nur neu fest, wie sich ab sofort die 'mercedes-typi-
schen' Belastungen und die Bedingungen fürs Geldverdienen in die-
sem Nobelbetrieb buchstabieren. Fertig aus. Ein Mercedes-Arbeiter
hat sich darin zu bewähren, diesen Ansprüchen an die gewinnbrin-
gende Nutzung seiner Arbeitskraft nachzukommen. Basta. Wer das
nicht mitmachen will oder nicht aushalten kann - bitteschön, der
kann ja gehen. Der Nachschub steht schon auf der Matte!
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