Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK BETRIEBE - Vom Umgang mit dem Arbeiter


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       Dauernachtschicht in Halle 2 und im Preßwerk:
       

DAIMLER-BENZ MACHT DIE NACHT ZUM TAGE

Ab dem nächsten Jahr gibt es bei Daimler neue Arbeitsplätze: Nachtarbeitsplätze. Deren glückliche "Besitzer" dürfen zum Arbei- ten antreten, wenn der Mensch für gewöhnlich zu schlafen pflegt, und zwar Nacht für Nacht, als Dauerzustand. Der Betrieb kennt of- fenbar keine Grenzen in dem, was er der Arbeitskraft zumuten will. Dafür kennt er den einen, unwidersprechlichen Grund: Es lohnt sich! -------------- Daimler hat nämlich die Nacht als unausgenutzte Kapazitätsreserve entdeckt. Und das nicht zufällig. Erstens werden tagsüber immer mehr Autos produziert, unter anderem auch durch die Einführung der 9. Stunde. Dafür müssen die Teile her. Die Maschinen dafür hat Daimler ja schon. Was liegt da näher, als einfach die Pressen nachts arbeiten zu lassen. Und was im Preßwerk geht, geht auch in anderen Betriebsteilen; also wird es gemacht. Es ist eben so: Wenn kapitalistische Betriebe ihre Ansprüche befriedigt bekommen, sind sie nicht zufrieden, sondern werden bloß noch anspruchsvol- ler. Wie der berühmte Teufel, der die ganze Hand nimmt, wenn man ihm den kleinen Finger reicht. Kaum ist die 9. Stunde als Ar- beitszeit durchgesetzt, schon "folgt" daraus für Daimler messer- scharf, daß jetzt auch eine Ausweitung der Nachtarbeit sein muß, damit die Produktion insgesamt kontinuierlich läuft und Autos ausspuckt. Vom Standpunkt des Kapitals gibt es eben wirklich keinen Unter- schied zwischen Nacht und Tag. Die Maschinen stehen da und wollen benutzt werden, je länger, desto besser. Da ist es eine ziemliche Belanglosigkeit, daß die Leute, die da antreten sollen, keine Ma- schinen sind, die man einfach an- und abstellen kann, sondern ihre Bedürfnisse und Notwendigkeiten haben. Die haben sie dann eben auf die neue Daimlerarbeitszeit umzustellen, basta. Daß das geht, beweisen ihnen ihre Kollegen in anderen deutschen Betrieben schon lange. Und was das Recht angeht, Leuten diese Sorte Arbeit abzuverlan- gen: das hat Daimler sowieso. Die Arbeitszeitordnung verbietet es nicht; und die gewerkschaftlichen Tarifverträge geben alle Freiheiten. Da ist die Nachtarbeit an die Bedingung geknüpft, daß der Betrieb ein paar Mark mehr an Zuschlägen rausrückt. Diese Re- gelung soll überhaupt keine S c h r a n k e für die Einführung von Nachtarbeit sein. Vielmehr wird den Arbeitern die Zumutung der nächtlichen Arbeit in Geld entgolten. Damit ist klar, daß sie antreten müssen, wenn der Betrieb es verlangt, und daß sie oben- drein keinen Grund mehr zur Beschwerde haben. Die "Erschwernis" der Nachtarbeit ist ja im Lohn berücksichtigt! So kommt der Be- trieb ziemlich billig an die Freiheit, die Leute nach Bedarf an- und abtreten zu lassen. Und für die Leute wird es wieder einmal ein bißchen teurer, für einen deutschen Fortschrittskonzern zu arbeiten. zurück