Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK BETRIEBE - Vom Umgang mit dem Arbeiter


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       Daimler-Chef Reuter befindet:
       

"DAIMLER-ARBEITER SIND VERWÖHNT!"

Ganz schön harter Tobak, den der Daimler-Chef da ausspuckt. Und der ist ja auch nicht irgendein Hanswurst. Sondern einer, der er- stens weiß, was er will, zweitens einer mit unverdächtigem SPD- Parteibuch und drittens der Repräsentant eines der Sahnestücke bundesdeutschen Kapitals, das sich gerade anschickt, der fetteste High-Tech-Rüstungskonzern der Republik zu werden. Auf ihn wird gehört. Und wenn er in einer Mischung aus F r e c h h e i t e n, L ü g e n u n d e i n i g e n h ä ß l i c h e n W a h r- h e i t e n auf die Pauke haut, dann sollten eigentlich denen die Ohren klingen, deren Einkommen ihm immer noch zu hoch ist - den Daimler-Beschäftigten. Frechheiten,... --------------- Reuter kündigt für die Geschäftswelt, die ihm untersteht, härtere Maßstäbe in Sachen Lohnkosten an. Seine Kollegen werden das gern hören. Als sei es die allergrößte Selbstverständlichkeit, stellt der Typ klar, daß es ihn wie bisher einen feuchten Dreck interes- siert, daß der Lohn eine Geldsumme darstellt, von der der Lohn- empfänger seinen Lebensunterhalt bestreitet. Lohn, das ist für ihn kein E i n k o m m e n. Lohn, das sind für ihn K o s t e n. Und so müssen sie auch behandelt werden. Bei Kosten gilt nur eine Frage: Läßt sich ihr Verhältnis zum Profit verbes- sern? Die Antwort, die Reuter vorschwebt, heißt: 'In den nächsten Tarifrunden stellen w i r mal die Forderung; und zwar nach ab- soluter Lohnsenkung!' Wie wäre es denn, wenn die Daimler-Leute sich mal ihren Chef zum Vorbild nehmen und ihm erklären würden, daß s i e der P r o f i t einen feuchten Dreck interessiert! Die Frechheiten sind nämlich etwas sehr einseitig verteilt! Die Ankündigung, Lohnsenkungen dürften kein Tabu sein, verbindet er gleich mit einer handfesten Drohung: Die einzige Alternative zur L o h n s e n k u n g seien M a s s e n e n t l a s- s u n g e n. Schöne Alternative! Die soll sich jeder so übersetzen: 'Lieber etwas weniger Lohn, aber dafür wenigstens einen festen Arbeits- platz!'. Umgekehrt heißt das natürlich: 'Sofern Lohneinbußen nicht akzeptiert werden, haben wir auch die Möglichkeit, Euch den Lohn ganz zu streichen.' Aber so soll man das natürlich nicht le- sen. Dann wäre ja die Alternative als das kenntlich geworden, was sie ist - eine schlichte Erpressung: 'Wir haben alle Trümpfe in der Hand und können Euch so oder so kriegen!' Darüber will er auch noch einen "Konsens (Übereinstimmung) aller Beteiligten" herstellen. Er geht tatsächlich davon aus, daß die Daimler-Beschäftigten einen Anschlag auf ihren Geldbeutel vorher selbst absegnen, bevor ihn das Werk dann in die Tat umsetzt. Oder sind die Betroffenen vielleicht mit den "Beteiligten" gar nicht gemeint? Wahrscheinlich sind sie d a b e i wie immer: Vertreten durch die Gewerkschaft, von der Reuter aus langer Erfahrung weiß, daß er sie mit solchen Zumutungen schon konfrontieren kann, ohne mehr als den Pflichtprotest zu ernten. Denn daß eine neue Lage auf dem Automobilmarkt neue Maßnahmen erfordert, ist der IG Me- tall längst klar. Sie fragt sich nur, ob es wirklich sein muß, wenn mit einem Bruch des Tabus vom gesicherten Nominallohn ihr Image etwas angekratzt wird. Reuter verlangt also Rücksicht auf seinen Geschäftsstandpunkt, der eine einzige Rücksichtslosigkeit gegenüber den Beschäftigten ist. Rücksichtnahme auf die Allianz von Unternehmensleitung und IG Metall wäre seitens der Leute wirklich fehl am Platze. ...Lügen,... ------------ Irgendwie scheint die Lüge, mit Lohnsenkungen könne man Entlas- sungen verhindern, eine gute Presse zu haben. Obwohl die Dummheit dieser Behauptung ziemlich bodenlos ist: Wenn nämlich tatsächlich weniger Autos mit dem Stern verkauft werden, dann ändert sich das nicht automatisch dadurch, daß Löhne gesenkt werden. Selbst wenn es Daimler einfallen sollte, die Preise der Autos mitzusenken, wird deswegen - erstens - ein Mensch, der gar kein Auto will, sich noch lange keins kaufen. Und - zweitens - wird dem Lohn da wirklich ein bißchen zuviel zugetraut: Eine Verbilligung, die wirklich als Mittel der Preiskonkurrenz taugt, gibt der Lohn al- lein nun wirklich nicht her! Daß außerdem Lohnsenkung und Entlassung keine Alternative sind, sondern zwei Mittel, die demselben Zweck, der Lohn k o s t e n- senkung, dienen und sich deswegen wundervoll ergänzen können, davon können in Bremen beispielsweise die Werftarbeiter ein Lied singen. Jahrelang wurde ihnen auch das Märchen erzählt, daß Akkordabsenkungen Entlassungen verhindern würden. Bis die Leute, deren Arbeit selbst bei gesenkten Lohnkosten der Werft nicht mehr rentabel schien, auf der Straße saßen. Jetzt wird auf dem Vulkan weiter der Lohn gekürzt u n d entlassen. Das ganze ohne den verlogenen Schmus von der Rettung der Arbeitsplätze. Klappen tut es - leider - auch so. Übrigens ist es nicht einmal ein Automa- tismus, daß gesunkene Lohnkosten in den Preisen weitergegeben werden. Wenn schon weniger Autos verkauft werden, dann - so lautet eine andere Kalkulation - muß bei jedem Auto auch mehr rausspringen. Nichts ist schöner, als mit einer vergrößerten Profit s p a n n e jeder veränderten Geschäftsbedingung begegnen zu können. ...und eine Wahrheit: --------------------- Die ist sehr schlicht und lautet: Die legendären "Spitzenlöhne" von Daimler-Benz, die überhaupt nur deswegen dieses alberne Lob bekommen haben, weil es Betriebe gibt, in denen der Lohn noch knapper bemessen ist -, also diese "Spitzenlöhne" sind nie mit Rücksicht auf den Arbeiterhaushalt, sondern nur mit Rücksicht auf die Konkurrenz gezahlt worden. Den Luxus, ein paar Mark mehr als einige Konkurrenten zu zahlen, hat Daimler - so Reuter - nicht mehr nötig, wo das Werk doch auf dem Arbeitsmarkt zu jeder Zeit jeden gewünschten Nachschub billig bekommt; das ist längst Erfah- rungstatsache! Wer sich bisher den Scheißjob bei Daimler mit der Privatlüge zurechtgelegt hat, bei Daimler ginge es zwar hart zur Sache, dafür (?) gäbe es aber "Spitzenlöhne", der steht dumm da. Wie wäre es denn zur Abwechslung mal mit der Wahrheit? Die heißt in diesem Fall zusammengefaßt: Der gesicherte Lebensunterhalt der Arbeiter und der Geschäftser- folg der Firma schließen sich aus. Eins von beiden geht nur: Entweder Daimler-Benz sorgt wie immer für die S i c h e r u n g seines Geschäftserfolgs mit dem Mit- tel der Lohnkostensenkung - über Lohnsenkung, Entlassung, Rationalisierung, Flexibilisierung usw. -; was für die Leute ei- nige Leistungen in Bescheidenheit und Sparsamkeit mit sich bringt. Oder damit ist mal Schluß, egal was dies für Umsatz und Gewinn heißt. Beide Interessen können eben nicht zugleich bedient werden - das plaudert Reuter selbst aus. Man könnte ihm dafür ge- radezu dankbar sein: Denn den Marxisten wird dies ja nie ge- glaubt. Vielleicht glaubt Ihr es jetzt mal Eurem Chef! P.S.: Übrigens die Gewerkschaft ist nicht faul und hat schon als Echo auf Reuter die Parole, Lohnverzicht käme nicht in Frage, ausgegeben. Dies ist erstens ebenfalls ein ziemlich starkes Stück angesichts der tariflich abgesegneten Reallohnverluste der letz- ten Jahre, angesichts der in Bremen mit der Verpflanzung ins neue Werk durchschnittlich gesunkenen AWs, angesichts des anstehenden Wegfalls einiger Überstundengelder und der Besteuerung der rest- lichen usw. Der Trick der Gewerkschaft ist immer dieselbe plumpe Bauernfängerei: Kaum kündigt das Kapital irgendeine Verschlechte- rung in Sachen Lohn und Leistung an, ist plötzlich der a l t e Z u s t a n d, über den sich vorher noch jeder irgendwie b e s c h w e r t, allererste Sahne und dringend zu verteidigen. zurück