Quelle: Archiv MG - BRD WIRTSCHAFTSPOLITIK ALLGEMEIN - Erfolgsrezepte einer Nation
zurück Marxistische Schulzeitung Bremen, 10.09.1981 Wirtschaftspolitik heuteDIESMAL: IST DER ÖLPREIS SCHULD AN DER KRISE?
"Unsere" Wirtschaft, so heißt es in der Öffentlichkeit, sei in der Krise. Und zwar schlimmer, als man es gewohnt war; es ist von "Dauerkrise", "Strukturkrise" usw, die Rede. So recht glauben tut das ja keiner" schließlich gibt es jede Menge Firmen, die schon seit einiger Zeit Investieren und Profit machen wie noch nie, und das ganz ohne Konjunkturankurbelung vom Staat. Andererseits, die Arbeitslosen werden immer mehr und der Lohn immer weniger; da ist der "Mann von der Straße" wieder geneigt, "seiner" Wirtschaft zu- gutzuhalten, daß sie unter einer Krise leidet. Und die Zeitung, die er liest, gibt sich viel Mühe, diesem Verständnis für die arme Wirtschaft Anschauungsmaterial zu liefern, und denkt sich lauter Gründe aus, weshalb sie so schlecht dastehen soll. Zum Beispiel: "Die hohen Ölpreise brachen unserer Wirtschaft das Genick" (BILD) ----------------------------------------------------------------- Wirklich? Bislang ist vom Genickbruch nichts zu bemerken. Und das ist leicht erklärlich. Das einzige, wen sich für einen Unterneh- mer bei gestiegenem Ölpreis ändert, ist, daß er einen höheren Vorschuß tätigen muß, damit seine Produktion stattfindet. Er ist es aber gewöhnt, alles, was ihn die Produktion seiner Waren sel- ber kostet, als Bestandteil von deren Preis ihren Käufern zu be- rechnen. Deswegen gibt er auch den höheren Ölpreise quasi als Durchlaufposten an den V e r b r a u c h e r seiner Ware wei- ter, solange der zahlungsfähig ist. Und solange seine Konkurren- ten den gleichen Preis fürs Öl zahlen müssen, so daß die Waren- preise gleichmäßig steigen, hat er wirklich keine Veranlassung, sich deswegen graue Haare wachsen zu lassen. Für bestimmte Unternehmen, und keineswegs nur für die Ölmultis, ist der steigende Ölpreis darüber hinaus Grundlage für ein G e s c h ä f t. Das kriegt man daran zu spüren, daß die Lie- feranten z.B. von Gas Ihre Preise ebenfalls laufend heraufsetzon. So wird die Ausnutzung anderer "Energieträger" wegen dem immer teurer werdenden Öl allmählich in lohnende Anlagesphäre. Und mit dem Wachsen dieses Geschäfts wächst "unsere Wirtschaft", statt sich das Genick zu brechen. Die übrigen Kapitalisten verfahren schließlich mit dem Geschäftserfolg Ihrer Brüder auf der Ener- giebranche eh wie oben beschrieben. Und der Staat? Der benutzt in der Tat das Öl nicht zum Geschäfte- machen, sondern ist der größte "Endverbraucher" weit und breit. Trotzdem braucht er sich deshalb nicht zu grämen, Erstens ver- dient er am Öl kräftig mit: Er weiß genau so gut wie die Multis, daß Öl und Benzin von seinen Bürgern oben gebraucht werden; des- halb hat er neulich die Steuer für Benzin heraufgesetzt und liebäugelt derzeit mit einer Erhöhung der Heizölsteuer, Außerdem kassiert er an jeder Preiserhöhung für Öl und Ölprodukte per Mehrwertsteuer automatisch mit. Und zweitens ist er nicht umsonst der S t a a t. Bevor seinen Leos der Sprit ausgeht und er wo- möglich gar kein Manöver mehr abhalten kann, wird er doch in sei- nem Haushalt wohl woanders was zum Sparen finden! Schließlich ge- hört "unser Wohlstand" verteidigt. Der sammelt sich freilich, wie das Steigen der Ölpreise exemplarisch zeigt, bei uns recht ein- seitig an, nämlich bei denen, die in den vorigen Abschnitten vor- gekommen sind, Für die "kleinen Leute" kommt am Ölpreis nur eines heraus: sie müssen ihn zahlen. Und das trägt solange sehr dazu bei, die Krise in ihrem Geldbleutel zu verschärfen, wie sie nicht ernst den Gedanken fassen, daß der Preis, den Arbeit kostet, her- aufgesetzt gehört. Zum Beispiel nach dem Prozentsatz der Ölpreis- steigerung. *** Wer leidet am meisten unter der "Ölpreisexplosion"? --------------------------------------------------- Die deutschen Ableger der Ölmultis natürlich! Der BP-Chef BUDDEN- BERG zum Beispiel verkauft sein Benzin seit zwei Wochen nochmal um fünf Pfennig teurer, weil er sonst nächste Woche unwiderruf- lich ruiniert wäre. Das Fernsehen gibt dem Herrn BUDDENBERG die Gelegenheit, dem Volk laufend von seiner maroden Firma zu erzäh- len. Prompt findet Herr BUDDENBERG auch dieses Jahr - voller Stolz - lauter rote Zahlen in seiner Bilanz. Wir meinen, das könnte ungefähr folgendermaßen passiert sein: Deutsche BP, Toch- ter von Mutter British Petroleum, muß Preise bezahlen, die die OPEC diktiert, die die Mutter aber auch für ihr Nordseeöl ver- langt. BUDDENBERG, die Tochter, sagt darauf nicht: Du Rabenmut- ter! Sondern jammert gegenüber dem deutschen Volk: ich verdiene nichts! Also Volk, verstehst du schon, mußt du höhere Preise zah- len. Das nimmt die Mutter wiederum zum Anlaß (und zwar viel öf- ter, als die OPEC zum Diktieren kommt), ihrer Tochter rote Zahlen in die Bilanzen zu machen. Mal ehrlich! Sollen das vielleicht geregelte Familienverhältnisse sein? zurück