Quelle: Archiv MG - BRD SOZIALPOLITIK WOHNUNGEN - Der Staat bestellt sein Haus


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       Münchner Hochschulzeitung Nr. 10, 29.05.1980
       
       Der Veranstaltungskommentar
       

DIE WOHNUNGSFRAGE RADIKAL GESTELLT

Eingeladen von den versammelten Münchener "ASten" diskutierten 10 Parteien- und Bürgervertreter unter freundlicher Leitung und wechselnder Anteilnahme der 10-fachen Hörerschar über "Wohnungsnot, Ursachen und Konsequenzen". Einigkeit herrschte, daß es sich um ein Problem handelt, Streit über den guten Willen der Politiker in Sachen trautes Heim. Die Studentenbürger-Vertre- ter (AStA: "Studenten lassen sich nicht von der anderen Bevölke- rung isolieren") bezweifelten ihn nach Kräften: "Die psychologi- sche Deformierung durch die Altstadtsanierung, den Identitätsver- lust nicht bedacht" -, um mit harten "Fragen an die Parteien" an sie zu appellieren: "Was wird getan, um die Wohnungsnot zu lö- sen?" Die Parteien demonstrierten ihren besten Willen kräftig mit Dialektik: "Der Baulandstop gegen Spekulanten verteuerte leider das knappe Bauland", Schicksal: "tragische Öffnung der Schere ...", Fragen: "Extragewinne in Frage stellen" und wuschen ihre kommunalen Hände in Unschuld: "Stadt kaum in der Lage", "verdammt schwierig, Problem in den Griff zu kriegen ..." Einziger Licht- blick die Bauzahlenkonsequenzen des Studentenwerkvertreters und die wahlkampfträchtige Ursachenkette eines Bürgerinitiativlers von Strauß zu Wohnungsnot (Verteidigungsminister - Rüstungsindu- strieaufblähung in München - Technikerarbeitsplätze - hohe Mie- ten). Als M. Aufleger vom RCDS zu "Wissenschaft im Dialog" abdampfte, der 101. Zuhörer im Schlafsack sowohl das Problem wie die Selbst- hilfemöglichkeiten lebend vor Augen führte, als dann der CSU-Vertreter auch keinen Ausweg wußte: "Wo sollen wir, liebe Freunde, das Geld hernehmen?", suchte der MHZ-Korrespondent Rai- ner Maria Mehl den Ausgang, isolierte sich vom Rest der Massen und begab sich zum UEFA-Cup-Spiel in seine selbstsanierte Schmud- delkommune - um die alte Erfahrung reicher "Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr!" (Wolfgang Rilke) zurück