Quelle: Archiv MG - BRD SOZIALPOLITIK WOHNUNGEN - Der Staat bestellt sein Haus
zurück Mit den rasant steigenden Mieten wird das "Wohnungsproblem" zum immer beliebteren Dauerbrenner. Bundesbauministerin Gerda Hassel- feld setzt sich in der Vorwahlkampfzeit sogar extra mal zwei Stunden ans Telefon und hört sich das Lamento geplagter Mieter an, damit auch jeder merkt, daß die "Wohnungsfrage" bei ihr in guten Händen ist. Eins kommt bei dem ganzen Zirkus nie vor: der einfache und ungemütliche Grund dafür, weshalb hierzulande stän- dig ein Großteil der Leute ziemliche Schwierigkeiten mit einer so simplen Sache wie dem Wohnen hat.LOHN UND ORDENTLICHES WOHNEN VERTRAGEN SICH NICHT
Ein Dach überm Kopf braucht jeder, selbstverständlich. Gar nicht selbstverständlich ist es aber in der 'freien Marktwirtschaft', daß diese Lebensnotwendigkeit für jeden gesichert ist. Häuser und die Mittel, weitere zu bauen, gibt es zwar genug. Wohnen darf man auch darin. Man muß nur in der Lage sein, so viel Zaster dafür hinzulegen, wie die Vermieter verlangen können. Die sind nämlich die E i g e n t ü m e r von Grund und Boden und von Wohnraum. Der Normalmensch kriegt da seine E i g e n t u m s l o s i g- k e i t gleich doppelt zu spüren: Die Besitzer der Wohnungen nutzen es als i h r e Einkom- mensquelle kräftig aus, daß schließlich jeder irgendwo leben muß. Sie lassen Leute, die selber keine Wohnung besitzen, fürs Wohnen zahlen und steigern die Mieten. Wer nicht im Obdachlosenasyl lan- den will, hat keine Alternativen. Er muß die Miete zahlen. Pech für die vielen Leute, deren einzige Einkommensquelle der Verkauf ihrer Arbeitskraft ist. Ihre "Arbeitgeber" - die andere Sorte Eigentümer, die Besitzer der Produktionsmittel - wollen mit dem Kauf von anderer Leute Ar- beitskraft anständige G e w i n n e machen; dafür ist der Lohn eine Kost, die möglichst niedrig gehalten wird. Lohnabhängige ha- ben daher einen chronisch knappen Geldbeutel, der fürs Zahlen von Miete (und laufend mehr Miete) schlecht geeignet ist. Unser feiner Sozialstaat steht da gleich auf der Matte. Nicht, daß er sich daran stört, daß die Fabrikeigentümer wenig Lohn zah- len und die Wohnungseigentümer davon einen guten Teil absahnen. Im Gegenteil, beides s i c h e r t er ja durch die Garantie des Eigentums per staatlicher Gewalt - und garantiert damit den blei- benden Grund der Wohnungsmisere. Weil aber sein Arbeitsvolk ir- gendwo wohnen muß, damit es auch noch arbeiten und Steuern zahlen kann, springt er "helfend" ein - wobei die Hilfe immer darin be- steht, daß er den Grundeigentümern i h r G e s c h ä f t m i t d e m W o h n e n l u k r a t i v e r m a c h t: Zum einen verwendet er etliche Millionen Steuergelder, um Wohn- geld zu zahlen, das die Mieter an die Haus- und Grundbesitzer weiterreichen. Für die staatlichen Sachwalter ist es eben sonnen- klar, daß Mietern nur dann zu helfen ist, wenn damit den Eigentü- mern geholfen wird. Denen wird mit staatlichen Mietzuschüssen auch dort das Geschäft gesichert, wo die beschränkte Zahlungsfä- higkeit der Mieter allein nicht dafür hinreicht. Zum anderen gibt es Kredite und Steuervorteile für den sozialen Wohnungsbau. Denn auch das steht für die Verantwortlichen außer Frage: Von den Höchstmieten, die "der Markt" hergibt, braucht ein Eigentümer nur dann Abstriche zu machen, wenn er dafür an einer anderen Ecke entschädigt wird. Seine Rendite jedenfalls darf nicht darunter leiden. So oder so - den Bauherren und Wohnungseigentümern werden die Ge- winne gesichert, und die Normalmenschen dürfen sich um die "erschwinglichen" Mietwohnungen streiten, für die sie lässig ein Drittel ihres Lohns hinblättern dürfen. Auf diese Tour zahlt jeder, der zur Miete wohnt, gezwungenermaßen im Laufe seines Lebens einige Hunderttausend weg - ohne daß ihm auch nur die Bleibe gesichert ist. Auf d e r Basis gibt es für die chronisch Besitzlosen tatsächlich die Alternative selbst Ei- gentümer zu werden. Besonders lukrativ ist diese Perspektive aber auch nicht. Denn nur mittels lebenslanger Verschuldung und jahrelangem Verzicht auf notwendige Erholung kann tatsächlich auch ein Lohnempfänger Hausbesitzer werden - ein einziger Beweis dafür, wie wenig die Einkommensquelle Lohnarbeit dazu taugt, selbst Eigentümer zu wer- den. Vom Lohn leben zu müssen und davon fürs Wohnen zu zahlen, ver- trägt sich eben nicht - egal ob zur Miete oder im eigenen Heim. Dafür ist kein Lohn hoch genug, daß daraus ohne Not auch bloß ein so simples Grundbedürfnis wie das Dach überm Kopf zu bestreiten wäre. zurück