Quelle: Archiv MG - BRD SOZIALPOLITIK RENTEN - Die Oma unterm Wertgesetz
zurückWOMIT EIN SOZIALFALL SO ALLES ZU RECHNEN HAT
Mit einem frechen Wort zum Sonntag ---------------------------------- Von einem, der sich im Alltagsgeschäft auskennt: "Das Thema der Rentner ist zum Beispiel nicht das Thema der Ren- tenhöhe. Das Thema der alten Leute ist, wie die dritte Phase ihres Lebens noch sinnvoll gestaltet wird. Das Wort Ruhestand hat bereits so einen Abdrängungseffekt, als wollen die Alten auf der Parkbank sitzen im Wartestand." (Arbeitsminister Blüm im "Spiegel" 3/85) So kann man es auch ausdrücken, daß diese Mannschaft ausgedient, also auch ausverdient hat und die Zeit der schönen Lebensgestal- tung durch Lohnarbeit zu Billigtarifen vorbei ist. Geld und freie Zeit mag der zuständige Minister jedenfalls nicht zu den sinn- vollen Dingen rechnen. Das eine hat kein Thema zu sein, die an- dere muß seiner Meinung nach am besten mit staatsbürgerlichem En- gagement "in politischen Parteien, in Gewerkschaften" ausgefüllt werden. Bescheiden und aktiv, so mag der Arbeitsminister die Rentner - eben als Vorbild für das ganze Volk. Mit ganz viel Verständnis und Mitleid ------------------------------------- durch Gewerkschaft und "Bild" ----------------------------- "Wovon sollen wir denn leben? Sozialabbau und Arbeitslosigkeit haben eine neue Klasse von Bun- desbürgern geschaffen: die 'neuen Armen'. Den Sozialämtern der Städte und Gemeinden wachsen die Ausgaben für die Sozialhilfe über den Kopf... Die SPD-Bundestagsfraktion stellte dieser Tage eine erschütternde Sammlung von Briefen hilfesuchender Bürger zu- sammen. Aus diesen Briefen spricht nicht Unzufriedenheit, sondern nackte Not." (Metall, 1/85) "828 Mark Rente. Wie soll ich davon leben? Nur 1 Prozent mehr für unsere 11,5 Millionen Rentner? Viele fürchten, daß sie sogar bei Nahrungsmitteln sparen müssen, denn die Lebenshaltungskosten stiegen letztes Jahr um 2,4 Prozent... Vor zwei Jahren die letzte Bluse gekauft.... Urlaub? Auto? Das war einmal... Nicht einmal Geld für die Bahn... Ich muß als Parkwächter arbeiten." (Bild) Nein, nicht die Kirche oder das Rote Kreuz betteln da um milde Gaben. Die Anwälte des mündigen Bürgers loben den Anstand der Op- fer und appellieren damit ausgerechnet an diejenigen, die alles dafür tun, daß die Sozialfälle nicht aussterben. Was folgt aus den Anklagen von "Metall" und "Bild"? Klagen, Klagen und Ver- ständnis für die Finanznöte der Instanzen. Mit ganz viel Anerkennung seiner sozialen Verdienste, ----------------------------------------------------- Lasten und Rechte ----------------- "Rentner-Armut Ist eine Schande 'Unser Leben' währet 70 Jahre, und wenn's hoch kommt, so sind's 80 Jahre, Und wenns köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Ar- beit gewesen.' Auf keine deutsche Generation paßt dieses Bibelwort so gut wie auf jene 12 Millionen, die letzt in Rente sind. Mühe und Arbeit ganz groß geschrieben. Viele Rentner leben In bitterer Armut. Das ist schändlich für un- seren Staat. Es ist unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, ihnen ein biß- chen mehr Abend-Sonnenschein zu bereiten." (Bild) "nie übersehen werden darf, wie lange und wie schwer ein heute im Ruhestand Lebender arbeiten mußte, wieviel sauer verdientes Geld er selbst in die Rentenversicherung einbezahlt hat..." (Süddeutsche 15.1.) Wie sind sie denn wohl in die Armut geraten, die 12 Millionen braven deutschen Rentner? Eben! Immer fleißig gearbeitet, immer auf 'Sonnenschein' verzich- tet. Und da soll ausgerechnet dann, wenn sie zu nichts mehr zu gebrauchen sind in dieser Gesellschaft, ein bißchen Generosität des Staates für sie rausspringen? Wie hoch soll denn der Preis der Anerkennung sein? So lamentiert man über das moralische Recht von Leuten, die man zu den Überflüssigen, Ausgemusterten und Wehrlosen zählt. So überantwortet man sie der Obhut der Verant- wortlichen. Wer behält da wohl recht? Mit Ermahnungen zur Zufriedenheit --------------------------------- "Die Renten sind seit 1970 um 36 % gestiegen, doppelt so hoch wie die Realkommen der Beschäftigten. Die Rente macht inzwischen 65% des durchschnittlichen Nettoeinkommens aus." (Bayerischer Rund- funk) Am (Nicht-)Auskommen des Durchschnittsrentners ändert das natür- lich ebensowenig wie an den Umständen eines Arbeitslosen oder So- zialhilfeempfängers. Aber der umgekehrte Schluß ist nicht er- laubt, daß offenbar der Lohn, der zum Arbeitslosengeld, zum Sozi- alhilfeempfang und zur Rente berechtigt, auch nichts taugen kann. Nein, die feinen Vergleichsmaßstäbe dienen zum Neid - der Be- schäftigten gegenüber den Rentnern, die, ohne zu arbeiten, auch nicht viel ärmer sind; - der Rentner und Arbeitslosen gegenüber den Beschäftigten, die noch nicht so verarmt sind wie sie. Wie wenn das Arbeitsvolk nichts anderes könnte als sich benutzen zu lassen, sich dem Sozialstaat zu unterwerfen, wenn es nicht (mehr) benutzt wird, und sich einen unterwürfigen Gerechtigkeitsreim darauf zu machen. Mit seinen Anwälten von der Opposition -------------------------------------- Die sind sich nämlich mit den entsprechenden Interessenvertre- tungsverbänden einig: "Den letzten beißen die Hunde." "... daß die zornige Enttäuschung der betroffenen älteren Mitbür- ger nur durch ein finanziell und sozial verantwortbares Konzept beigelegt werden kann. Die jetzige Entscheidung ist charakteri- stisch für eine neue Form sozialer Unbamherzigkeit gegenüber Be- völkerungsgruppen ohne geldgestütztes ständisches Druckpoten- tial." (Vogel in der SZ vom 15.1.) Und? Macht der selbsternannte graue Panther von der SPD mit deren reichlichen Geldern nun das Druckpotential für die Rentner? Er arbeitet ein Rentensanierungskonzept aus, das den Staatsfinanzen Gerechtigkeit widerfahren läßt und den Rentnern auch. Und im Bun- destag stimmt er selbstverständlich gegen den Regierungsentwurf. Schließlich denkt auch er an die Wahl: 'Wenn ihr schon von den politischen Entscheidungen abhängt und am Rentensanieren kein Weg vorbeiführt, dann schenkt gefälligst uns von der SPD Euer Ver- trauen!' Eine zeitgemäße demokratische Losung, die Sozialfällen Sicherheit garantiert - zumindest die eine: Sie sterben nicht aus. zurück