Quelle: Archiv MG - BRD SOZIALPOLITIK RENTEN - Die Oma unterm Wertgesetz
zurück WochenschauUNSERE "ÄLTEREN MITBÜRGER"
werden mittlerweile ganz öffentlich von Politikern und ihren Journalisten in einer Weise als gesellschaftlicher Schrott be- sprochen, die jede "Ehrfurcht vor dem Alter" fallen läßt und die Alten eigentlich das Fürchten lehren müßte: Lambsdorff überlegt öffentlich, Frauen künftig erst ab 63 die Rente auszahlen zu las- sen. Blüm hält scheinbar dagegen, man müsse vielmehr die "Lebensarbeitszeit" verkürzen. Und in allen Varianten geht es er- klärtermaßen nicht um das Schicksal (noch) lebendiger Menschen, sondern um ein sozial-, wirtschafts- und/oder haushaltspoliti- sches "Problem", wie man sich überflüssigen Menschen- m a t e r i a l s am wohlfeilsten entledigt. Am dreistesten letzte Woche Blüms Pressesprecher Wolfgang Schröter in der Münchner "Abendzeitung": Jetzt wäre ein "Gesetz für Ruhestand ab 58" gut, nicht, damit die Alten eher ihre Ruhe haben, sondern weil das "die derzeitige Arbeitsmarktlage berücksichtigt" und der A r b e i t s l o s e n v e r s i c h e r u n g Geld spart: "Mehr Arbeitslose kämen in Lohn und Brot." Das darf natürlich keinesfalls die R e n t e n v e r s i c h e r u n g zusätzlich strapazieren: "Vielmehr könnten Arbeitgeber und Arbeitnehmer per Tarifvertrag einen Topf finanzieren." Für die Damen und Herren "Arbeitnehmer" also mehr Lohnabzug für's Alter, um im Alter weni- ger und später überhaupt etwas zu kriegen! Ferner, so Schröter, müsse das Gesetz "etwa auf fünf Jahre befristet sein", um Ände- rungen der B e v ö l k e r u n g s z a h l in den Zahlen der Staatskasse Rechnung zu tragen. Denn "schon 1990" wird eine Ver- längerung der Lebensarbeitszeit ("Die Rede war zuletzt von 67 Jahren.") das Passende für die geschätzten "Senioren" sein. Dann lassen nämlich die ins Arbeitsleben einrückenden "geburten- schwachen Jahrgänge" die "Zahl der (Sozialversicherungs-) Beitragszahler sinken" - und die eingezahlten Beiträge der dann zur Rente anstehenden "geburtenstarken Jahrgänge" hat der Staat schon längst zur Bewältigung s e i n e r Haushaltsprobleme ausgegeben. Unverblümt spricht AZ-Kommentator Rudolf Herlt das Prinzip des Blüms aus: "Verkürzung der Lebensarbeitszeit" nur, "wenn sie keine höheren Kosten verursacht und wenn sie jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann." Man setze für "Verkürzung der Lebensarbeitszeit" einfach "unsere älteren Mitbürger" ein und erhält so die Formel, gemäß der "unser" Staat sie sich noch leisten möchte. Zur gerechten Verwirklichung dieser Formel leistet auch das Bundesverfassungsgericht seinen Beitrag. Es hat über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des "Privilegs" für Frauen zu entscheiden, früher als Männer in Rente zu gehen. Aus dem Urteil, egal wie es ausfällt, werden dann die Politiker für sich die Pflicht ableiten festzulegen, ob die Gleichberechtigung mit 60, 63 oder vielleicht erst wieder 65 Jahren anfängt. zurück