Quelle: Archiv MG - BRD SOZIALPOLITIK GESUNDHEIT - Ökonomie des Gesundheitswesens
zurück Münchner Hochschulzeitung Sonderausgabe Medizin, 19.05.1980SELBSTBETEILIGUNG
Zentrales Thema des 83. Deutschen Ärztetages war die Initiative der Ärzteschaft zur "Einführung der Selbstbeteiligung in der ge- setzlichen Krankenversicherung". Diese Offensive ist die Antwort auf das vom Staat vor drei Jahren durchgesetzte KV- Kostendämpfungsgesetz, welches nach Ärzteansicht die Realisierung der "humanen Zielsetzung" der Krankenkassenausgaben verhindert, "die Weiterentwicklung der Medizin" hemmt und "der Intensivierung der ärztlichen Versorgung" durch die "einnahmeorientierte" Ge- sundheitspolitik den Garaus macht. Eben dieselbe "humane Zielset- zung" ließ vor zwanzig Jahren die Ärzte Sturm laufen gegen staat- liche Pläne zur Einführung der Selbstbeteiligung, woran man sieht, daß "das Wohlergehen des Patienten" stets ein wohlfeiles Argument ist, wenn es um den Honorartopf geht. Ließen sich vor 20 Jahren die Honorare durch Ausdehnung der abrechenbaren Leistungen steigern, steht nunmehr die Lösung des Problems an, wie auf Basis des Kostendämpfungsgesetzes der Honorartopf zu vergrößern ist. Die Patienten sollen doppelt blechen, für Krankenkasse und Arzt- besuch; die hier neugewonnene "Freiheit" und "Selbstverant- wortung" zwingt sie zum Vergleich von Krankheit und dem, was sie kostet, so daß sie wirklich erst dann zum Arzt gehen, wenn Krankheit sie dazu zwingt. Den Ärzten fällt da noch ein, daß der erste Arztbesuch im Quartal "kostenlos" sein muß, damit die Scheine auf jeden Fall abgeliefert werden. Bei der Diskussion um die Selbstbeteiligung ist keinem - ob Öf- fentlichkeit, Ärzten oder Staat - der Umstand ein Problem, daß die Forderung so tut, als ob nicht die Patienten ihre Krankheit eh schon selber finanzierten, als ob es keine Zwangsversicherung gäbe, als ob nicht "jede neunte Mark vom Einkommen westdeutscher Arbeitnehmer" an die Krankenkassen geht. Kein Problem deshalb, weil eines sicher ist: der Patient muß draufzahlen, so oder so. zurück