Quelle: Archiv MG - BRD SOZIALPOLITIK GESUNDHEIT - Ökonomie des Gesundheitswesens
zurück Auch das ändert sich in der DDRMIT DER MARKTWIRTSCHAFT KOMMT AUCH DAS ASPIRIN
Und nicht nur dieses hochwertige Schmerzmittel, sondern ein gan- zes "leistungsfähiges Gesundheitswesen" vom Kassenarzt übers Kas- senwesen bis zur freischaffenden Pharmaindustrie dazu. Und das brauchen die zukünftigen Volksgenossen auch. Gesundheit ist ja im kapitalistischen Westen ein besonders hohes Gut, weil erstens, wer von Arbeit leben muß, ökonomisch darauf angewiesen ist. Eigentlich kann es sich niemand leisten, krank zu sein; wie soll er denn dann seinen Lebensunterhalt verdienen! Zweitens aber hat es die Lohnarbeit, für die man fit sein muß, an sich, daß die hochgezogenen Leistungsanforderungen Tag für Tag, daß die Schufterei in der Fabrik das Leben lang noch jeden schafft - und krank macht. Diesen ungesunden Zirkel läßt der bür- gerliche Staat seine fleißigen Bürger nicht allein mit sich aus- baden. Er steht so auf die freie Marktwirtschaft mit ihrem Kapi- tal und ihrer Lohnarbeit, daß er sozial wird und glatt ein ganzes Gesundheitswesen anbietet. Freilich verläßt ein kapitalistischer Staat wie die BRD auch dabei nicht seinen Grundsatz, daß alles vom Geld abhängt und nichts ohne Geld geht. Einfach so jeden Bür- ger, der krank wird, zu verarzten und nach allen Möglichkeiten der medizinischen Kunst zu behandeln, fällt einem kapitalisti- schen Sozialstaat nicht ein. Ohne Geld ist nichts zu machen. Gesundheit sozialstaatlich -------------------------- Ganz nach diesem einfachen Grundsatz ist das ganze "Gesundheitssystem" organisiert. Übers Geld nämlich, und damit die gesunde DM über diesen sozialen Quark nicht auch noch zu kränkeln anfängt, über das Geld der Arbeitnehmer. Die Brüder und Schwestern in der DDR müssen da nach 40 Jahren So- zialismus und Versorgungsstaat schon umdenken und sich umstellen, was sie offensichtlich gerne wollen: Die fürs Gesundheitswesen notwendigen Mittel kommen in der Marktwirtschaft nicht aus dem "gesellschaftlichen Reichtum". Der gehört ja immer schon jemand und wird auch für was anderes gebraucht - und auch ein lei- stungsfähiger Staat wie die BRD mag sich damit nicht belasten. Das Geld für die Behandlung der Kranken wird aus dem Lohn erho- ben, so daß sein Abzug so manchen Lebensunterhalt beschränkt, aber eben keinen allerhöchsten gesellschaftlichen Zweck. Und da- mit das nötige Geld trotzdem zusammenkommt, verläßt sich unser Staat nicht darauf, daß die Masse seiner Lohn- und Gehaltsbezie- her soviel Geld auch ü b r i g haben. Ganz getrennt davon, was einer dann noch übrig hat, hat Vater Staat seine Sozialkassen eingerichtet, denen er per Gesetz erlaubt, das Nötige vom Lohn abzuziehen; als Zwangsbeitrag, so daß der "Beitragszahler" das für sein gesundheitliches Wohl gedachte Geld erst gar nicht in die Finger kriegt. Das müssen die Zonis also auch noch lernen, daß so wirklich der S t a a t die "freie Marktwirtschaft" s o z i a l macht: Er "organisiert" das dafür Nötige per Gesetz, hält sich mit seinen Mitteln heraus und aus dem durch die Beitragseinnahmen begrenzten Topf macht er dann fürsorglich Gesundheitspolitik. Das ist es dann auch schon, das Erfolgsgeheimnis westdeutschen Reichtums. Bevor noch "das Soziale" anfängt, hat sich längst al- les gelohnt. Denn nur unter der Bedingung, daß sie sich lohnen, werden in der freien Marktwirtschaft Löhne überhaupt bezahlt. Gesundheit wirtschaftlich ------------------------- Dabei können die Betriebe naturgemäß auf die Gesundheit wenig Rücksicht nehmen. Sie setzen sie einfach voraus und berücksichti- gen sie schon bei ihrer Einstellungspolitik. Durch Schichtarbeit und Akkord steigern sie die "Leistungsfähigkeit" ihrer Ar- beitsplätze und senken ihre Kosten. Für besonders gesundheits- schädliche Arbeitsplätze gibt's ein kleines Aufgeld. Der Tausch von Gesundheit gegen Lohn mutet Arbeitern Rücksichtslosigkeit ge- gen sich selbst zu, so daß sich nicht erst im Rentenalter die Op- fer einer Arbeit einstellen, die eben auf etwas anderes berechnet ist, als darauf, daß sie ihren Mann nicht ruiniert oder sich gar für ihn lohnt. Weil die Ruinierung der Gesundheit durch die Arbeit so erfolg- reich vorankommt und damit es dabei dann an "medizinischer Hilfe" nicht mangelt, steht mit den gezahlten Löhnen und den aus ihnen abgezweigten Beiträgen auch schon der Topf zur Verfügung, aus dem die arbeitende Menschheit sich im Krankheitsfall sogar versorgen kann: in blitzsauberen und hochmodernen Kliniken und von einen Ärztestand betreut, dem anzugehören es sich lohnt. Denn nicht nur dessen Einkünfte sind dann, solidarisch nennt man das bei uns, aus den zwangsrekrutierten und von den Kassen verwalteten Beiträ- gen bezahlt. Gesundheit geschäftlich ----------------------- Wie alles in unserer schönen Marktwirtschaft ist nämlich auch die Sache mit der Gesundheit in letzter Instanz als Geschäft organi- siert, damit sie nicht nur Geld kostet, sondern auch gute Mark mit ihr gemacht wird. Gutes Geld macht im Normalfall erst einmal der Kassenarzt, der bei den Leistungen, die er erbringt, nicht kleinlich ist, weil deren Abrechnung bei der Kasse ihm sein gutes Geld einbringt. Sparsam ist er dagegen des öfteren bei seiner Zeit, weil die ihn Geld kostet, und bei seinen Arzthelferinnen sowieso. Auch die Kliniken verdienen mit ihren staatlich als "Leistungen" definierten Diensten ihr Geld, schaffen sich deshalb so manches moderne Gerät an, achten bei der Bettenbelegung auf ihre Kosten. Ihr Personal dagegen zahlen sie schlecht und lassen es mit dem "Pflegenotstand" fertigwerden. Gutes Geld verdient außerdem die Pharmaindustrie, insofern sie für jede Krankheit das passende Medikament erfindet. Dessen Ne- benwirkungen beflügeln dann wieder den medizinischen Fortschritt, als dessen Vorreiter die deutsche Pharmaindustrie und Medizin- technik weltweit Geschäfte macht - und damit sich und die DM stärkt. Das alles kostet natürlich viel Geld, viel Geld wenigstens im Verhältnis zu den Lohnabzügen, aus denen das ganze sinnreiche Konstrukt namens Gesundheitswesen zu bezahlen ist. Das führt dann zu Gesundheit demokratisch ----------------------- Der "Kostenexplosion im Gesundheitswesen", die zu Beitragserhö- hungen zwingt, steht deshalb permanent die "Kostendämpfung" zur Seite, die aber so schwierig auch wieder nicht ist. Dann muß der "einzelne" eben zuzahlen, damit er sich als "Gemeinschaft" von den Kosten seines speziellen Zipperleins entlastet. Das Ganze heißt dann bei uns "Selbstbeteiligung", und mit deren Propaganda gewinnen dann auch noch Regierung wie Opposition "Vertrauen" bei den Wählern. Weil die Leute auf das Gesundheitssystem angewiesen sind, wird sich noch bei jeder Maßnahme in diesem Bereich auf den "Beitragszahler" genauso wie auf den "Kassenpatienten" berufen. So als ginge es um das Wohl jedes einzelnen. zurück