Quelle: Archiv MG - BRD SOZIALPOLITIK FAMILIE/FRAU - Fröhliches im Intimbereich


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DIE FRAU IM KAPITALISMUS

Ökonomisch: Zur Doppelbelastung emanzipiert! Politisch: Gebärmutter für Deutschland! Privat: ganz Frau! 1 Frauen sind schlechter gestellt als Männer, weil ihnen die ge- sellschaftliche Anerkennung für ihre Leistung versagt bleibt. Diese Klage führen nicht wenige Frauen. Ein Edelmann wie unser Bundespräsident schafft da Abhilfe. Er lobt das weibliche Ge- schlecht bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, daß ei- nem Angst und Bange wird: "Den vielleicht größten Teil dessen, was den Menschen aufgeladen war, haben die Frauen der Völker getragen. Ihr Leiden, ihre Ent- sagung und ihre stille Kraft vergißt die Weltgeschichte nur allzu leicht. Sie haben gebangt und gearbeitet, menschliches Leben ge- tragen und beschützt. Sie haben getrauert um gefallene Väter und Söhne, Männer und Brüder und Freunde. Sie haben in den dunkelsten Jahren das Licht der Humanität vor dem Erlöschen bewahrt." (Weizsäcker, Gedenkrede zum 8. Mai) Geschuftet haben die Frauen also und auch unter Opfern den Nach- wuchs geboren, nach dem der Staat verlangt hatte. Als die Väter und Söhne für Deutschland gefallen waren, weil das Vaterland sei- nem Menschenmaterial auch noch den Krieg aufgeladen hatte, haben die Frauen nicht gemurrt. In stiller Trauer haben sie die Trümmer weggeräumt, damit alles von vorne beginnen konnte. W o f ü r werden die Frauen da eigentlich gelobt? 2 Dabei stellen sich die meisten Frauen ihren Weg ganz anders vor. Verliebt, verlobt, verheiratet, das sind die Stationen auf dem Weg nicht zum politischen Dienst, sondern zum privaten Glück. Die verliebten Augen des Angehimmelten lassen den Spruch "Für Dich tue ich alles" leicht über die Lippen gehen. Wer denkt schon daran, daß Frühstücksbrot und Thermoskanne, Wäsche waschen und Köchen auch dann noch zu den regelmäßigen Dienstleistungen an der besseren männlichen Hälfte zählen, wenn die Lust dazu sich in Grenzen hält. Was aus der Zuneigung geboren wurde, wird da schnell zur lästigen Pflicht. Denn ohne Reproduktionsgehilfin ist ein geregelter Lohnarbeiteralltag gar nicht zu haben. Deshalb wird nicht selten das Maß der hausfraulichen Pflichterfüllung zum Gradmesser für ihre Liebe gemacht. Ein Hemd mit Grauschleier oder der vergessene Biereinkauf provoziert bei der männlichen Schöp- fung leicht den ernüchternden Kommentar "Du liebst mich nicht mehr". Die Benutzung des Gefühls für die Erledigung von allerlei Notwendigkeiten läßt dieses durchaus erlahmen, so daß nach ein paar Jährchen beide Parteien das Recht auf Zuneigung einklagen und die Lust zur Pflicht machen. Die Frau verlangt nach einem aufreibenden Acht- oder Zehn-Stundentag einen ausgeglichenen und gutgelaunten Macho und keinen muffigen Pantoffelschleicher, der vor der Glotze einpennt. Umgekehrt verbitten sich die geschafften Herren, ihre werte Angetraute nach Feierabend an der Wohnungstür mit unappetitlichen Lockenwicklern im Haar oder gar nicht anzu- treffen, weil der Kaffeeklatsch mal wieder vorgeht. Das Recht auf Kompensation für erbrachte Hausarbeit oder für den Ärger und Streß am Arbeitsplatz verlangen beide, wenn sie von Liebe reden. Und das bekommt der Zuneigung gar nicht gut. Die einen taufen nach dem ersten Sturm und Drang ihre Zweierkiste nur noch "Vernunftehe", weil damit zu leben und zu arbeiten geht. Die an- deren sind enttäuscht, prägen des kaputten Liebeslebens wegen Spruchweisheiten nach dem Muster "Drum prüfe, wer sich ewig bin- det!" und pflegen nach Kräften den Seitenspnng, ohne die "nützliche Bindung" zur Alten aufzugeben. 3 Der Weg zum privaten Glück, der in der Regel in Ehe und Familie endet, ist eben hierzulande mit Anforderungen gepflastert, die alle Beteiligten sich nicht haben aussuchen können, denen sie aber genügen wollen. Was verliebten Paaren als häusliche A r b e i t s teilung ein- leuchten mag, ist nichts Geringeres als ein Diktat der L o h n arbeit. Die Arbeitszeit füllt den größten Teil des Tages. In der verbleibenden Zeit für die Reproduktion hat also a l l e s stattzufinden, von der Erholung über die Ernährung bis zum Dolce vita. Kein Wunder, daß für so manches, für die Vorar- beiten wie Einkauf und Kochen schon gleich, kaum Zeit bleibt. Zumal die Leistungsverausgabung an einem modernen Arbeitsplatz die Erholung zum Bedürfnis Nummer eins und entsprechend "zeitraubend" macht, während die finanziellen Erträge eigentlich dazu nötigen, den Feierabend statt mit ausgiebiger Entspannung mit dem Abklappern von Coop-Läden und ihren Sonderangeboten zuzu- bringen. Das ist eben das Merkwürdige an der Einkommensquelle namens Lohn- arbeit: Arbeitszeit und Anstrengung machen die Erholung nicht nur zu einem dringlichen Bedürfnis; die Lohnarbeit und ihr Ertrag ma- chen seine Befriedigung zu einer fraglichen Sache. Eine kostenlose Reproduktonsgehilfin - mehr als die bloße Wieder- herstellung für die Mühle im Betrieb ist für die Meisten ohnehin nicht drin! - leuchtet da dem Arbeitsmann genauso als "Lösung" des Problems ein wie dem Staatsmann. Der schreibt mit Ehe- und Familiengesetzen die aus privater Zuneigung entstandenen "Solidarleistungen" der Geschlechter füreinander als Rechte und Pflichten fest. Für die Liebe kann Vater Staat sich zwar nichts kaufen. Aber er kann sie benutzen. Der gesetzlich geschützte Be- ruf der Hausfrau wird den Frauen nicht bezahlt. Er macht sich aber bezahlt: So wird der lohnarbeitende Mensch trotz seiner Ar- mut für de Marktwirtschaft brauchbar erhalten, die sie hervor- bringt. Und obendrein sorgt die Keimzelle auch noch für Ersatz- männer und Deutschlands Nachwuchs. Diesen gesellschaftlichen Nut- zen b e z w e c k t der Staat mit seinen Gesetzen. Warum sonst besteht er auf der Unauflöslichkeit der Ehe, also der Fortsetzung der Lebensgemeinschaft auch da noch, wo das Gefühl der Partner längst dahin ist, das sie einmal begründet hat? Scheidungsgesetze sind übrigens kein Einwand dagegen, sondern die Bestätigung. 4 Die häuslich eingerichtete und staatlich festgeschriebenen Abhän- gigkeit der Frau von ihrem "Ernährer" samt den daraus folgenden Häßlichkeiten des Zusammenlebens mag manche Frauen ärgern. So richtig auf die Palme gebracht hat sie allerdings erst die rassi- stische Rechtfertigung dieses Abhängigkeitsverhältnisses: Frauen gehören an den Herd, weil sie Frauen sind, heißt die launige Aus- kunft von Mannsbildern, mit der die e r z e u g t e n Unter- schiede an Mann und Frau im Ehe- und Familienleben einfach einer (minderwertigen) Natur der Frau zugeschrieben werden. Darauf ha- ben nicht wenige Frauen mit der Parole "Emanzipation" geantwor- tet. Gegen ihre Bornierung auf Heim und Herd wollten sie bewei- sen, daß sie jede andere gesellschaftliche Funktion mindestens genauso gut verrichten können wie ein Mann. Für die erstrebte Wertschätzung ihrer Person haben sie sich ausgerechnet die Be- rufshierarchie des Kapitalismus mit all seinen Schönheiten als Maßstab zur Bewährung ausgesucht. Seitdem gibt es nicht nur Frauen in Chefetagen, die ihren Mitarbeitern einen Rüffel oder die Kündigung verpassen. Als Kindersortiererinnen in allen Schul- stufen machen sich Weiber um die Auslese des Menschenmaterials verdient, das dann auf Chefetagen und Bandarbeitsplätze verteilt wird. Und die Emanzen wie Maggie Thatcher beweisen doch tatsäch- lich, daß Frauen außer zur Trauer- und Trümmerarbeit auch zum na- tionalen Oberkommando über Krieg und Frieden, Tod und Leben der Untertanen befähigt sind. Das gibt dann Selbstbewußtsein. Für die meisten Frauen verlief der Weg ins Berufsleben allerdings schnörkelloser. Weil man von Lohnarbeit nicht leben kann, müssen sie als Zuverdiener der Familie auf dem Arbeitsmarkt antreten: emanzipiert zur Doppelbelastung, solange der Arbeitsmarkt sie nicht entläßt. 5 Auf keinen Fall entlassen werden sie aus ihrer Rolle als "Lebensspenderin". Denn nicht einmal das ist im Kapitalismus wahr, daß das Kinderkriegen die ureigenste Privatangelegenheit von Mann und Frau ist. Daß nicht wenige Leute sich ein Kind gar nicht leisten können, ist dem Staat als Einwand gegen die Zeugung von Nachwuchs durchaus bekannt. Gelten lassen will er ihn aber nicht. Mit einem symbolischen Obulus von 3.000 DM für arme wer- dende Mütter verlangt Geißlers "Stiftung Mutter und Kind" die Austragung auch in solchen Fällen, wo Aufzucht und Hege der lie- ben Kleinen das elterliche Budget bei weitem sprengen. Wer diese Zumutung ausschlägt, muß sich vor der gesetzlichen Regelung der Abtreibung verantworten. Den Konflikt zwischen dem Willen der Re- gierung zum Kind und dem Willen einer Frau, die nicht Mutter sein mag, entscheidet der Staat mit dem Strafrecht. Im Namen des Rechts auf Leben wird manches Mutter-Leben versaut und - mit po- litisch berechneten Ausnahmen - dem Recht der Nation auf Nach- wuchs zum Durchbruch verholfen. Warum eigentlich? 6 "Frau", das ist keine Geschlechterbeziehung, sondern hierzulande der Titel für die Benutzung dieses Geschlechts: als Familien- knecht, als emanzipierte Tipse im Büro oder als Gebärmutter für Deutschland. "Frau", das ist andererseits der Rechtstitel, mit dem Frauen auf Anerkennung für ihre Dienstleistungen pochen. Selbst wenn die gar nicht so heißen, sondern "neue Mütterlichkeit" oder "Selbstver- wirklichung im Kind" daherkommen. Soll man überhaupt d a f ü r Anerkennung wollen? Oder ist das Verlangen nach "Gleichberechtigung" besser, weil da- mit die Drecksarbeiten im Kapitalismus zwar nicht beseitigt, wohl aber besser auf die Geschlechter verteilt werden? Muß "Frau" für dieses Ziel die Unterdrückung durch den Mann be- kämpfen? Oder wird der Rassismus über die Frau als geborener Knechtsnatur auch durch die Umkehrung nicht besser, der Mann sei der geborene Pascha? zurück