Quelle: Archiv MG - BRD SOZIALPOLITIK FAMILIE/FRAU - Fröhliches im Intimbereich
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Heiner Geißler hat sich eine Vielzahl von Verdiensten erworben. Zuallererst für die Partei, deren Generalsekretär er auch ist. Die hat die Betreuung der zwischenmenschlichen Volksgesundheit, für die Geißler als Minister zuständig ist, entsprechend hono- riert. "Die Familienpolitik" durfte für eine halbe Woche lang als "das große Thema der CDU" (Kanzler Kohl) im Mittelpunkt des CDU- Parteitags stehen, und ihr glänzender Macher Geißler kassierte vor seinem Ausscheiden aus dem Kabinett einen Vertrauensbeweis, wie ihn nicht einmal der Kanzler für sich verbuchen konnte: So an die 95% aller Stimmen schickten Geißler auf ein Neues ins Partei- präsidium, und von seiner Dankesrede am nächsten Tag waren insbe- sondere die weiblichen Delegierten sehr angetan - schließlich wa- ren sie auch da ganz Mittelpunkt: "Es darf einer großen Volkspartei nicht gleichgültig sein, wie Frauen über sie denken." Beides ist wenig erstaunlich, denn als Familienminister hat Geiß- ler sich nun wirklich nicht zu knapp um die F r a u e n u n d K i n d e r in Deutschland verdient gemacht. Alles Erdenkliche hat er getan, damit des Kanzlers Lüge: "Ohne das Opfer der Mütter hat unser Land keine Zukunft." nach einer Seite hin auf jeden Fall praktisch wahr wird: Den to- talen Anspruch des Kanzlers auf eine erfolgreiche schwarz-rot- goldene "Zukunft" hat der Familienminister dem Volk als eine Reihe n e u e r P f l i c h t e n beschert, die die Deutschen in und mit ihrem Familienleben ihrem Land zuliebe zu erbringen haben. Nicht versäumt hat er dabei, den s t a a t l i c h e n Anspruch auf die Zukunft seiner Bürger als Reaktion auf deren mo- ralische Defekte erscheinen zu lassen: "Es ist auch ein Verlust der religiösen Bindungen und der damit verbundenen moralischen Grundsätze. Wenn die Leute an nichts mehr glauben und wenn sie sich auf rein materialistische Ziele konzen- trieren, dann gehen eben auch Grundsätze flöten im menschlichen Zusammenleben innerhalb der Familie." Damit die Leute den Glauben so richtig schätzen und das "Materielle" so richtig verachten lernen, reicht die bloße Predigt eines christlichen Heuchlers natürlich nicht. Es geht ja auch genau umgekehrt: Die Politik sorgt für das Schei- tern der "materialistischen Ziele", und um mit dem fertigzuwer- den, hat man dann schon Glauben und Moral; und wenn Geißler von beidem mehr will, dann weiß zumindest er ganz genau, wozu: Er be- schert ja die Opfer, die man mit viel Tugend auszutragen hat. So hat für die fällige "Renaissance der Familie" Schluß zu sein mit den tugendlosen Freiheiten, die den Zusammenhalt der Ehe auf- weichen: Eine Revision des Scheidungsrechts ----------------------------- steht an. Zwar war auch schon das bisherige keine Einladung dazu, "daß sich ein Ehegatte fast alles erlauben könne, ohne seinen An- spruch auf nachehelichen Unterhalt zu verlieren". Aber für den Keimzellen-Strategen der Wenderegierung darf das H e i l i g t u m E h e nicht aus niederen Beweggründen angeta- stet werden: "Wenn die Frau die Vermögensinteressen des Mannes geschädigt hat oder ständig mit wechselnden Partnern fremdgegan- gen ist" - dann ist sie ein parasitäres Flittchen und deshalb s e l b e r s c h u l d daran, wenn das Gesetz ihr demnächst Unterhalt nach der Scheidung verweigert. Ein gutes und vor allem moralisch einwandfreies "Argument", die Überlegung ein wenig zu beeinflussen, ob man's mit der "Zerrüttung" daheim nicht doch lieber läßt. Beinahe von selbst drängt sich da nämlich der "Entschluß" auf, mit ihr zu leben und sich in den Techniken zu üben, den ehelichen Zusammenhalt auszuhalten. Dafür hat man dann auch ein Recht auf Unterhalt. Auch bei der neu zu stärkenden "Erziehungskraft der Familie" steht die Frau ganz in dem Mittelpunkt, wo sie für Geißler hin soll. Illusionen darüber, daß staatliche Familienbeihilfen groß zur finanziellen Erleichterung und Entlastung der Aufgaben der Familie taugten, hat Geißler nie verbreitet. Eher hat er sich die Kürzung der Almosen für das Durchfüttern von Kindern - Kinder- geld, Bafög - als menschliche Großtat- anrechnen lassen, die Fortsetzung der Familienpflichten als "sozial gerechtfertigtes" Opfer bewerkstetligt zu haben. Nun ist ihm zusätzlich eine sehr "mutige Initiative" eingefallen, die zwischen Mann und Frau "die Gleichberechtigung bis zum Jahr 2000" endlich verwirklichen soll: Falls sie teilweise beschäftigt sind, d ü r f e n Frauen, wenn sie Kinder kriegen, - ein Jahr ganz auf ihr Einkommen verzichten; - sich die Differenz zwischen dem statt Lohn spendierten "E r z i e h u n g s g e l d" und dem Mindestsatz der Sozial- hilfe vom Sozialamt abholen, falls nicht vermögende Verwandte greifbar sind; - nach einem Jahr an ihrem extra ihnen "g a r a n t i e r t e n" Arbeitsplatz wieder antreten, - den der Unternehmer frühestens zwei Monate später kündigen darf. Nicht nur billig ist diese mutige Tat, sondern auch gerecht: "Ich kann nicht einsehen, daß Frauen, die zugunsten von Kinderer- ziehung zeitweise auf Erwerbstätigkeit verzichten, bei der Ar- beitplatzsicherheit schlechter gestellt bleiben als Wehr- und Er- satzdienstleistende." (Geißler-Kollege Vogt, CDU) Kindererziehung ist - neben Soldaten- und Arbeitsdienst - eine Form nationaler Pflichterfüllung, zu der man sich als gute Frau durchaus entschließen können soll. Und dafür will der Mann den geschätzten Weibern das bundesdeutsche Mutterkreuz "Arbeits- berechtigter des deutschen Volkes" auch für die Zeit an die stillende Brust heften, in der sie daheim die deutsche Brut hegen. Dabei bleiben die großherzigen Christen natürlich marktwirt- schaftliche, Realisten. Sie machen sich gleich selber den Ein- wand, daß Frauen mit Arbeitsplatzgarantie von modernen Untemeh- mern gar nicht erst eingestellt werden. Kleinunternehmern mögen sie diese soziale Großtat gar nicht erst zumuten, weil sie sonst nicht größer werden; und für das Wachstum der größeren verlassen sie sich auf den Einspruch ihres Koalitionspartners FDP. Aber im- merhin: Ein "Umdenkungsprozeß" ist in Gang gesetzt und den Chau- vis in Unternehmern und Ehemännern ein schwerer Schlag versetzt. K i n d e r lieben diese Christen augenscheinlich über alles. Nicht, daß sie für die Blagen selbst viel übrig hätten: Babys mö- gen sie, weil sie in der Geburtenstatistik ein dickes Plus ma- chen, d a f ü r ist der Nachwuchs da, und dafür hat er sich auch in gebührenden Ausmaß einzustellen. Deshalb bringt In Sachen Abtreibung -------------------- Geißler die "überholte und menschenunwürdige Mein-Bauch-gehört- mir-Ideologie" auf den jüngsten Stand der Menschenwürde. Der Bauch kann ja ruhig den Weibern gehören, aber wenn's drin ge- scheppert hat, ist Schluß mit der Freiheit: Beim "befruchteten Ei" will Kinderfreund Geißler darüber entscheiden, daß aus dessen Zukunft ausnahmslos ein kleiner Deutscher wird - gleichgültig, ob die Frau sich ihre Mutterschaft leisten kann oder nicht. Denn Frauenfreund Geißler kennt materielle Not bei seinen Klienten nur als Vorwand, sich vom Gebären drücken zu wollen: Er findet es "in einem so reichen Land wie der Bundesrepublik ungeheuerlich, daß unter Verweis auf soziale Notlagen abgetrieben wird". Der Reich- tum von Banken, Staat und Kapital - ein Rechtstitel gegenüber denen, die von ihm garantiert nichts haben, aber in jedem Fall für deutschen Nachwuchs sorgen sollen. Für das - mit Kind erst recht - verpfuschte Leben von etlichen jungen Frauen hält der Staat dann ein einmaliges Geschenk von DM 5.000 bereit, aus Geiß- lers Stiftung "Mutter und Kind". Auch seinen Nachwuchs hat der umsichtige Familienplaner Geißler frauenfreundlich geregelt: Als Nachfolger in sein Amt ist doch tatsächlich e i n e F r a u bestellt. Die Politik des Ministe- riums für Familie wird - darauf kann man sich verlassen - weiter- hin im Geiste der "moralischen Erneuerung" gemacht werden, in de- ren Mantel die rechtlichen Maßnahmen für Stabilität und Wachstum der "Keimzellen des Staates" daherkommem. Und die Frau Ministerin wird sich die erforderliche christenmoralische Soße schon so ins Gesicht schminken, daß Geißlers Erbe auch nach außen hin würdig vertreten bleibt. zurück