Quelle: Archiv MG - BRD RECHTSSTAAT DEMORECHT - Die Sorge um den inneren Frieden
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat letzte Woche ent- schieden, daß es sich u.a. beim "Absingen von Liedern" in Lehr- veranstaltungen der Universität um "Nötigung m i t G e w a l t" handelt. (Aktenzeichen 3-StR 449/450/81) Obwohl im verhandelten Fall keiner der betroffenen Dozenten zum Mitsingen gezwungen wurde, sollen sich drei Heidelberger Studen- ten einer "Gewaltanwendung" schuldig gemacht haben auch ohne "eigene, erhebliche Körperkraft" ausgeübt zu haben, weil die Pro- fessoren den Gesang "als einen nicht nur seelischen, sondern auch körperlichen Zwang" empfunden haben. Einmal ganz abgesehen von den Folgen, die dieser Urteilstenor in juristischen Auseinander- setzungen gegen das öffentliche Absingen der Nationalhymne oder mit Herrn Howard Carpendale nach sich ziehen kann, klärt diese aus der Empfindung abgeleitete Gewaltdefinition des Bundesge- richtshofs endlich das Problem, warum es sich beim Einsatz der Staatsgewalt, vom Ordnungsrecht bis zur Neutronenbombe, nie um eine "Nötigung mit Gewalt" handelt: Sie wird einfach als solche nicht empfunden. Dietmar Schönherr wurde vom Schweizer Fernsehen, für das er in der Sendung "Rendezvous" talkmastert, fristlos gefeuert, weil er den US-Präsidenten Reagan live "ein Arschloch" nannte. Dabei hatte "liebes Dietmar" für die Folgesendung eine Entschuldigung versprochen: "Bei Reagan selbst kann ich es nicht tun. Für den bin ich doch eine Null - genau wie alle anderen Europäer, die Op- fer seines begrenzten Atomkrieges würden" (Münchner "Abendzeitung" vom 10. November) Wie kam es zu dieser "peinlichen Verunglimpfung" (Fernsehdirektor U. Küng) eines "ehemaligen Kol- legen" durch den populären Fernsehstar? Wahrscheinlich hat Schön- herr folgende Überlegung die Zunge gelöst: "Was soll ich noch solche bescheuerten 'Rendezvous' im Fernsehen abhalten, wenn der Reagan so weitermacht und alle dafür sind. Dann ist doch bald keiner mehr da, der mir zuschauen kann." Jetzt, wo Herr Schönherr terminlich ungebundener ist, bietet es sich geradezu an - falls er seinen Ärger auf Reagan immer noch nicht los ist - am 22.11. in Bonn mitzudemonstrieren. Sollte er jetzt eher sparen müssen, so lassen wir über das Benzingeld mit uns reden. zurück