Quelle: Archiv MG - BRD RECHTSSTAAT ALLGEMEIN - Eine humanitäre Errungenschaft?


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       Neues von der Heimatfront
       

MIT RECHT GEWALT

"Darin, daß es Bürger eines guten Staates ist, kommt erst das In- dividuum zu seinem Recht." (G.W.F. Hegel, Rechtsphilosophie, Pa- ragr. 153, Zusatz) Und das sind sie dann auch schon, das Recht und die F r e i h e i t eines B ü r g e r s der BRD: Mit ihm legt der Staat seine Ehre darein, die Freiheit seiner Politik als das Recht der ihr Unterworfenen zu gewährleisten. Die S t a a t s g e w a l t braucht nicht zu fürchten, wer ihr g e h o r c h t, und wenn er auch noch im G e h o r s a m seine Identität als Staatsbürger findet, dann kann er sogar noch jedes Zuschlagen der vollziehenden Staatsorgane gegen Unbotmäßig- keit als öffentlichen Dienst an der Mehrheit der Rechtschaffenen g e n i e ß e n: Die "exemplarische Bestrafung" der "Chaoten" von Krefeld fordert die "Bildzeitung" als Anliegen ihrer 6 Mio. Leser, die sonst am Staat verzweifeln müßten: "Entweder taugen die Gesetze nichts - oder sie werden nicht rich- tig angewandt. Für beides haben die Bürger überhaupt kein Ver- ständnis." I. Die Demonstrationsrechtsdebatte nach Krefeld ----------------------------------------------- Entgegen der öffentlichen Berichterstattung gab es in Krefeld am 25. Juni 1983 nicht zwei, sondern d r e i D e m o n s t r a- t i o n e n, wobei die erste und aufwendigste weder angemeldet noch genehmigt werden mußte: Eine öffentliche Zurschaustellung deutsch-amerikanischer Waffenbrüderschaft wurde von den dafür zuständigen R e g i e r u n g e n in Bonn und Washington beschlossen und der Bevölkerung als F e i e r verordnet. Daß d a g e g e n jeder Protest, gleichgültig in welcher Form auch immer, v e r b o t e n war, zeigen die Auflagen für die "friedliche" Demonstration der Grünen und das Vorabverbot jeglicher Manifestation an den Stätten der Staats-Show. Gegen Kohl und Bush war nichts erlaubt; und wer dabei war und nicht Hurra rief machte sich verdächtig. Der hinterher entbrannte Streit zwischen der Bundesregierung und dem Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen ging lediglich um die anzuwendenden Methoden bei der Sicherstellung eines störungsfreien Ablaufs der Staats-Demo. Die Argumente Kohls und Zimmermanns laufen auf die Forderung hinaus, über Krefeld hätte am 25. Juni der Ausnahmezu- stand verhängt werden müssen. Dagegen wandte Herr Schnoor (SPD) ein, daß darunter die unbedingt erforderliche Bevölkerungskulisse gelitten hätte, weswegen sich seine Polizei darauf "beschränkte", Jagdszenen auf e r k e n n b a r e Störelemente zu veranstal- ten. Das bezeichneten die Politchristen als eine unerträgliche "Panne", weil, wenn schon die Demonstranten den ordnungsgemäßen Ablauf nicht garantieren können - ein Ding der Unmöglichkeit -, dann hat das die Polizei zu tun. Was bei Verbrechen staatliche Ideologie ist, auf dem Felde der politischen Demonstration soll es wahrgemacht werden: Die Verhinderung jeglicher Straftat - auch wenn dann gar nicht mehr demonstriert werden kann. Die Debatte um eine Novellierung des Demonstrationsstrafrechts hat daraus zwar keine neuen Argumente, aber brandaktuelles Material bezogen. Die Unionsparteien fühlen sich in ihrer Absicht bestätigt, jede De- monstration von vorneherein so umfassend und präventiv unter Strafdrohung zu stellen, daß vom Demonstrations r e c h t eine a b s c h r e c k e n d e Wirkung ausgeht, die es geraten er- scheinen läßt, öffentliche Aufzüge, die allein durch die Wahl von Gegenstand und Schauplatz die Gefahr einer Konfrontation mit der Polizei in sich bergen, überhaupt zu lassen. Zur Absicherung die- ser Wirkung hat Zimmermann eine Gesetzesformulierung durchge- bracht, die es gestattet, jeden Teilnehmer einer Demonstration, die nach Auffassung von Polizei und Justiz aus dem rechtlichen Rahmen fällt, zu bestrafen. Für die an den "Gewalttätigkeiten" Unbeteiligten hat das dann die nämliche Wirkung. Ihre S t r a f e soll sie für alle Zukunft vom Demonstrieren ab- schrecken. Auf den von Zimmermann monierten Passus im Gesetze- stext des FDP-Justizministers, straffrei solle ausgehen, wer in- nerhalb einer Demonstration "erweislich" (!) auf deren "gewalttätig gewordenen" Teile "friedensstiftend" einwirkt, legt die FDP besonderen Wert, weil sie meint, diese Klausel verfolge den mit der Union geteilten Zweck besser. Im Engelhardt-Entwurf wird es unter Strafandrohung P f l i c h t j e d e s D e m o n s t r a n t e n, für einen Demonstrationsablauf im "straffreien Rahmen" zu sorgen. Kein Wunder, daß CDU/CSU sich nach langem Feilschen "Überraschend schnell" dazu haben "überreden" lassen! Nur die kleine Klarstellung hat Zimmermann noch eingebracht, daß die Beweispflicht für Abwiegelei beim fest- genommenen Demonstranten liegt - eine sehr zeitgemäße liberale Fortentwicklung des Rechtsgrundsatzes "In dubio pro reo!" Seit Krefeld müssen sich die Gesetzgeber auch nicht mehr den Ver- dacht bieten lassen, sie planten die Novellierung im Hinblick auf die Herbstaktivitäten in Sachen Nachrüstung. Jetzt ziehen sie nur noch die K o n s e q u e n z e n aus "Ausschreitungen", die von der gesamten Bandbreite öffentlicher Meinungsäußerung ausschließ- lich v e r u r t e i l t werden. Die "Bildzeitung" greift selbst die Randale beim "Punkertreffen" vorletztes Wochenende in Hannover auf, um den Beweis zu fahren, daß D e m o n s t r a t i o n e n in der BRD sich überhaupt als Er- scheinungsform eines Berufsverbrechertums erklären lassen: "Es hat sich bei 'Berufs-Demonstranten' herumgesprochen, daß es ziemlich gefahrlos ist, zu demolieren und zu randalieren." In Krefeld, in Hannover und im Herbst an den Stationierungsorten die gleichen Leute und dasselbe Motiv. Deshalb "muß der Staat zeigen, wer Herr im Hause ist." (Bild) Er w i r d es nicht ex- tra zeigen müssen - darüber hat er bislang schon keine Zweifel aufkommen lassen. Was ansteht, sind ein paar Änderungen der Haus- ordnung, denenzufolge das Gesinde wieder Prügel kriegt, wenn es nicht pariert, und die ein oder andere demonstrative Polizeiak- tion wie die Razzia von Wuppertal am Wochenende, die mit der um- standslosen Verhaftung von über 100 Teilnehmern einer Diskussion über die Ereignisse von Krefeld sehr praktisch klarstellt, daß selbst eine nicht genehme Debatte über Unbotmäßigkeiten die Staatsgewalt auf den Plan rufen kann und Anlaß ist, kriminalisti- sche Erhebungen zu veranstalten. II. Fahrlässige Tötung im öffentlichen Dienst --------------------------------------------- "Der Staat hat kein Recht, einen Menschen für die Dauer zum Poli- zisten zu machen." (Bert Brecht, Me-ti, Über die Polizei) Macht er aber, beamtenrechtlich und lebenslänglich. So seinen Bürger Friedrich Konzack, dem nach eigenem Bekunden die Tätigkeit im SEK (Sondereinsatzkommando) der bayerischen Polizei "viel Freude bereitet" hat. Dort bekam er eine solide Ausbildung gemäß dem Polizeiaufgabengesetz: Warnruf, Warnschuß, gezielter Schuß! Das Pech des Friedrich Konzack besteht darin, daß er erstens einen J u g e n d l i c h e n erschossen hat, der, weil weder vorbestraft noch flüchtig und auch noch unbewaffnet, rechtlich nicht zum Abschuß freigegeben ist und schon gar nicht für den To- desschuß. Ungünstig in der öffentlichen Beurteilung wirkte sich ferner die Unfähigkeit des Konzack wenigstens zur geheuchelten Trauer über den Verlust eines unschuldigen Menschenlebens aus. "Ungerührt" schilderte er dem Gericht die R e c h t s l a g e, wie er sie sah zum Einsatzzeitpunkt: Jemand ist in fremdes Eigen- tum eingedrungen. Hätte Konzack einen e r w a c h s e n e n E i n b r e c h e r nur "mittels Schußwaffengebrauch stellen" können, so hätte er nie die Uniform auch nur vorübergehend mit dem gedeckten Grau eines A n g e k l a g t e n vertauschen müs- sen. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts München II unter dem Vorsitz des Richters Joachim Brüning hat sich zunächst dage- gen gewandt, daß der "Fall Konzack" in der Öffentlichkeit "stark aufgebauscht" worden ist. Brüning hat dementgegen wieder - abge- bauscht: Nicht, weil Polizisten nicht nur in der BRD Jahr für Jahr eine ansehnliche Strecke erlegter (mutmaßlicher) Gesetzes- brecher vorweisen können, ohne daß daraus mehr würde als Stati- stik. Die Kammer wollte "einen außerordentlich komplizierten Fall ohne Vorurteile" würdigen und ist demgemäß zu einem sehr einfa- chen Urteil gelangt: Friedrich Konzack hat sich einer "f a h r l ä s s i g e n Tötung i m D i e n s t" schuldig gemacht und ist folglich diesem Dienst zu erhalten, versehen mit einem zur Bewährung ausgesetzten Denkzettel, damit er künftig da- bei weniger lässig verfährt. Das Gericht betonte ausdrücklich, daß es nicht seine Absicht sei, mit seiner Entscheidung etwa zu bewirken, "daß sich Polizisten bei vergleichbaren Einsätzen künf- tig übertrieben zurückhalten." ("Süddeutsche Zeitung" vom 2. Juli) Im Gegenteil: In der Hauptschuldzuweisung an den erschosse- nen 14jährigen Jürgen Bergbauer ist eine klare Aufforderung zu entschlossenem Einsatz in vergleichbaren Fällen enthalten! Dafür macht der Staat Menschen zu Polizisten, und deshalb sind Bürger wie Friedrich Konzack in aller Regel vorbildliche Charaktermasken dieser Profession, deren vom Gericht festgestellte "merkwürdige und bis zuletzt durchgehaltene Selbstgerechtigkeit" das dazugehö- rige Ethos ist, das folglich und nur konsequent vom Gericht "ausdrücklich nicht als erschwerend gewertet wurde". P.S. Das Gespenst von der Freiheit der Kunst -------------------------------------------- macht den Zimmermann natürlich nicht bange. Weder er selbst noch die überwältigende Mehrheit deutscher Christenmenschen wird sich je im Leben einen Zelluloidstreifen des Herrn Achternbusch antun - es sei denn, er käme ins Gerede wegen "sexueller Freizügig- keit". Insofern ist es natürlich glatt gelogen, wenn der Minister behauptet, das "Gespenst" dürfe nicht aus öffentlichen Mitteln gefördert werden, weil der Film "gegen das religiöse Empfinden eines Großteils der deutschen Bevölkerung gerichtet sei." Die Wahrheit ist schlicht, daß die Regierung der Wende keinen Pfennig Geld ausgeben will für Kunst, die nicht erklärter- und für die Herren Kohl und Zimmermann auch einsichtigermaßen die hohen An- sprüche ans H o f n a r r e n tum erfüllt: Das heißt entweder nur n ä r r i s c h als moralisch einwandfreie Unterhaltung für die Truppe oder, wenn schon "anspruchsvoll", dann eindeutig h o f f ä h i g, d.h. mit allen Versfüßen auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Zimmermann will also "die Filmförderung neu regeln": Geld für Filme, "die weite Schichten der Bevölkerung interessieren und bewegen" - der Mini- ster denkt dabei an "Altbewährtes, um dem Kino die Zuschauergene- rationen zurückzugewinnen, die es in den letzten Jahren verloren" hat ("Der deutsche Landser - Einen bess'ren find'st du nicht" oder "Der Förster vom Silberwald"), und an die "Entdeckung neuer Talente", die allerdings keine "quasi-politischen" Filme "nur für einen kleinen Kreis" machen dürfen. Die Kulturpolitik verlangt ab sofort, daß die Kultur für die Politik da ist und zwar für die nach der Wende, die saubere Staatswerte und "positive" Gesinnung verlangt; und sie räumt mit dem sowohl künstlerischen als auch politischen Mißverständnis auf, es verhielte sich umgekehrt. Insofern ist auch die ganze Aufregung der Künstler sie rufen laut "Zensur"! - sehr gekünstelt: Noch droht ihnen der Zimmermann nicht mit der Axt, sondern nur mit dem öffentlichen G e l d b e u t e l. Aus ihm wird nur noch alimentiert, wer die ö f f e n t l i c h e Sache fördert, förderungswürdig ist. Das ist hart für die Künstler, aber ihrerseits ganz schön blöd, die Härte des Staats ausgerechnet bei der Filmförderung zu entdecken und gerade nicht an den Beispielen unter I. und II. zurück