Quelle: Archiv MG - BRD RECHTSSTAAT ALLGEMEIN - Eine humanitäre Errungenschaft?
zurück Positionen für eine kommunistische Plattform 2GEGEN DIE BEGEISTERUNG FÜR DIE TECHNIKEN BÜRGERLICHER HERRSCHAFT! GEGEN RECHTSSTAAT UND GEWALTENTEILUNG!
1. D e r R e c h t s s t a a t ist jetzt hoch im Kurs, weil man an die Abwehr von Willkür der Herrschenden denkt. Tatsächlich be- steht die G e w a l t e n t e i l u n g darin, das Handeln von Regierungs- und Verwaltungsstellen selbst dem Recht zu un- terwerfen und die Rechtsförmigkeit von Exekutive und Gesetzgebung durch Gerichte prüfen zu lassen. Die Taten der Amtsträger werden überprüft, nicht an ihren guten Absichten oder wünschenswerten Resultaten, sondern am Maßstab des Rechts: also daran, ob sie sich bei ihrer Machtausübung an den Rahmen gehalten haben, der ihnen gesetzlich erlaubt ist. Von der Gewaltenteilung wird die Gewalt (in) einer Gesellschaft nicht weniger, nur u n p e r s ö n l i c h und v o n a l l e n I n t e r e s s e n i n d e r G e s e l l s c h a f t ü b e r p r ü f b a r g e t r e n n t. Gewaltenteilung sorgt für die s o u v e r ä n e H e r r s c h a f t d e s R e c h t s. 2. Wer sich über "unkontrollierte Führungsgremien" und "selbstherr- liche Beamte", kurz über die alte DDR als W i l l k ü r- h e r r s c h a f t - die sie nicht war! - so recht aufregen kann, der begrüßt die Herrschaft, wenn sie nur unpersönlich und in der Form des Rechts daherkommt. Der alte Lenin hatte sich noch dazu bekannt, daß R e c h t u n d J u s t i z T e r r o r- i n s t r u m e n t e sind. Er hatte sich seine Sicherheit über die Klassenjustiz des Zaren bewahrt und die Umkehrung derselben gegen die Konterrevolution offen eingestanden. Damit hatte er aber auch ein E n d e d e r G e w a l t in Aussicht gestellt: Er hatte ja gesagt, gegen wen und wozu er die Gewalt noch braucht. Dagegen ist eine von jedem politischen Willen getrennte Regelung der Rechte und Pflichten von Regierung und Volk die endgültige Verabschiedung der alten Idee von der Beseitigung der Gewalt im Inneren der Gesellschaft: gesetzlich geregeltes, von Gerichten nachprüfbares, vorausberechenbares Erlauben und Verbieten, ganz unpolitisches nur juristisches Abschmettern von Interessen, und die Durchsetzung des Rechts per Polizei, Justiz und Strafvollzug - das wird da als Normalzustand des ge- sellschaftlichen Zusammenlebens definiert. 3. Die Herrschaft des Rechts erfordert eine Trennung von Partei und Staat, denn sie organisiert eine Trennung und Gegenüberstellung von Staat und Gesellschaft. Die politische Gewalt wird nicht mehr v o n einem politischen Willen (der Partei) zur Durchsetzung seiner Projekte (Aufbau des Sozialismus) ausgeübt, sondern von allem politischen Willen und wirtschaftlichem Interesse in der Gesellschaft abgetrennt. Der Staat verwirklicht nichts mehr i n d e r G e s e l l s c h a f t, sondern betätigt sich als Urheber und Aufpasser von "Spielregeln" für den Verkehr der Gesellschaftmit- glieder untereinander, den diese im Rahmen des Erlaubten und Ver- botenen nach eigenen Interessen pflegen. Der Rechtsstaat weiß sich auch nicht verantwortlich für die Resultate dieser individu- ellen Interessensverfolgung. Das geht ihn nichts an. Er achtet auf deren Rechtmäßigkeit. Im Rechtsstaat hat jeder das Recht, seinen Lebenskampf alleine zu bestreiten - und daß es ein Kampf ist, verrät ja das Recht, auf dessen Einhaltung dauern von Polizei und Justiz aufgepaßt wird, - für dessen Übertretung es also immerzu Gründe geben muß. Das Recht definiert und schützt einen äußeren Rahmen der privaten Willkür, d.h. das P r i v a t e i g e n t u m. Die Reichweite des Eigentums entscheidet, wieweit einer in der Verfolgung seines Interesses bei der Schädigung anderer gehen darf. Das Recht be- wacht und verewigt einen Zustand feindlicher Privatinteressen, indem es durch seine Gewalt jenen die Gewaltlosigkeit bei der Austragung ihrer Feindseligkeiten auferlegt. Gerade die j u r i s t i s c h e G l e i c h b e h a n d l u n g der ver- schiedensten Privatbürger, ob arm oder reich, sichert den immer- gleichen Sieg der einen über die anderen. 4. Rechtsstaat und Sozialismus vertragen sich nicht. Jener ver- pflichtet jeden politischen Willen darauf, die in Verfassung und Recht festgelegte Trennung von Staat und Gesellschaft und das da- mit beschlossene Staatsziel des Dienstes an der privaten Berei- cherung zu verwalten. Sozialisten aber wollen eine Gesellschaft schaffen, in der nicht nur die Trennung und Entgegensetzung von Staat und Gesellschaft, sondern damit Herrschaft überhaupt abge- schafft wird. Dazu greifen sie in die Gesellschaft ein und ver- wirklichen in ihr ihre Ziele. An der Verwaltund des Kampfes der Privatinteressen beteiligen sie sich nicht. zurück