Quelle: Archiv MG - BRD RECHTSSTAAT ALLGEMEIN - Eine humanitäre Errungenschaft?


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       Eine Sumpfblüte aus der Welt der Gerechtigkeit:
       

ERIK BLUMENFELD ERKLÄRT SICH ZUR RECHTSFREIEN PERSON

1. Zur Identität: Als Bürgermeisterkandidat ein ums andere Mal gescheitert, was natürlich aufs Gemüt schlägt, ist er heute den- noch versorgt: Uns Hamburger vertritt er in Europa und eine ei- gene Firma hat er auch - Erik Blumenfeld, "der große alte Mann der Hamburger CDU" (Bildzeitung). 2. Der Vorfall: "Blumenfeld will gleiche Behandlung wie die Ha- fenstraßen-Leute". Will er vor Firma und Wohnungen Hundertschaf- ten Polizei und Bundesgrenzschutz aufmarschieren sehen, einen ganz besonderen Friedensvertrag aufgenötigt bekommen und seine Räume von allen möglichen Beamten begehen lassen? Wenn dann noch- mal ein Angestellter falsch parkt, soll Blumenfeld und Co. still- gelegt werden? Nein, so ist gleiches Recht für Erik Blumenfeld nicht gedacht. Worum geht es dem Zahlungsverweigerer? Ein Firmen- wagen hat falsch geparkt. Die Folgen: 25 Mark und ein verbitter- ter Empfänger des Bußgeldbescheids. "In der Hafenstraße duldet der Senat Stromdiebstähle, werden Autos aufgebrochen, Menschen bedroht - diese Straftaten werden nicht geahndet. Wegen einer vergleichsweisen Lappalie soll ich büßen - ich denke nicht daran." Er stellt dem Senat ein Ultimatum: keine 25 Mark, solange in der Hafenstraße ein "rechtsfreier Raum" "geduldet" wird. 3. "Stromdiebstahl" ist verboten. Nicht sittenwidrig hingegen ist es am Ende des 20. Jahrhunderts - die Glühbirne ist längst erfun- den, in den Haushalten stehen Herde, Kühlschränke, Fernseher und dergleichen rum, und an allen möglichen kleineren Geräten hängt ein Stecker fürs Elektrische -, wenn der gut zu gebrauchende Strom nur gegen teures Geld abgegeben wird; unter Strafe des Ab- bruchs der benötigten Lieferungen bei Zuwiderhandlung. Auch "Falschparker" werden gesetzlich verfolgt. Das stellt keinen Parkraum her, sondern das Recht. 4. Passend zum Recht, mit dem die Staatsgewalt ihre Mannschaft beaufsichtigt, hält sich diese ein unbestechliches Rechtsempfin- den. Dieses erkennt alles staatliche Rechtsetzen ausdrücklich an und geiert auf die tatsächliche Gleichbehandlung aller dem Recht Unterworfenen. Die Anmahnung einschlägiger Gehässigkeiten gegen Leute, die "sich was rausnehmen", können bei diesem radikal bor- nierten Standpunkt nicht ausbleiben. Der richtet sich in aller Wohlerzogenheit selbstverständlich nach den Richtlinien der Klas- sengesellschaft: von einer Forderung, das Bußgelder zahlen sein zu lassen, ist einem auch nach dem sehr freien Umgang mit dem Recht im Kieler Raum nichts zu Ohren gekommen. Sein Bußgeld will Blumenfeld unbedingt bezahlen - eben unter der Bedingung, daß der Empfänger seiner 25 Mark auch anderswo mit al- ler gebotenen Härte rücksichtslos zuschlägt. Daß Gerechtigkeitsdenken den Charakter verdirbt, ist damit auch klar. Es läßt sich ja schwerlich allen Ernstes behaupten, daß in der Hafenstraße die Verfolgung von Rechtsverstößen ausgesetzt wäre: Das Gegenteil dokumentieren auch die Gerichtsreporter von BILD. Mehr davon! Lautet der Aufruf zu staatlicher Gewalt, zu dessen Rädelsführer sich der saubere Herr B. macht. 5. Da stehen natürlich in solidarischer Geistesverwandtschaft die liberalen Rechtsfanatiker auf der Matte, um auf den B.'schen Ge- rechtigkeitswahn noch einen draufzusetzen: "Wann klaut Herr Blu- menfeld, weil andere davonkommen", fragt die Morgenpost. Denn: "Den Gesetzen und Verordnungen in unserer Stadt gehorchen wir ja nicht deshalb, weil sie von oben kommen, sondern, weil wir sie für richtig halten." Logo: Was wir in Ordnung finden, müssen wir uns vorschreiben lassen. Das gute Recht auf "Menschen bedrohen" und dergleichen hat nur einer und das ist nicht die Hafenstraße. Aber: Bockig die Rechtspflege in eigener Regie übernehmen wollen und den zuständigen Stellen vorschreiben, wie sie Recht zu setzen hätten und wie nicht, und das noch ohne irgendeine Würdigung des sehr rechtsverträglichen Umstands, daß eine komplette Staatsrai- son immer mal wieder über einzelne Paragraphen gestellt werden muß - das geht nicht in Ordnung, auch wenn man sich hundertmal im Recht weiß: "Wir befinden uns nicht im Kinderzimmer". Sondern im Reich der rechtmäßigen Gewalt. Und da ist nur eines gefragt: freiwillige Unterwerfung. 6. Die Bildzeitung, das alte Hetzblatt für law und order, wartet gleich mit einem Schwung Nachahmungstätern auf: "Wg. Hafenstraße: Viele Hamburger zahlen kein Bußgeld" (15.1.) Dann zieht doch in die Hafenstraße, Ihr Chaoten! zurück