Quelle: Archiv MG - BRD RECHTSSTAAT ALLGEMEIN - Eine humanitäre Errungenschaft?
zurück Nach dem 4. Mord an einem Obdachlosen in Frankfurt ist sich die Öffentlichkeit einig:UNSERE OBDACHLOSEN MÜSSEN GESCHÜTZT WERDEN!
Der Täter --------- der "abscheulichsten Mordserie in der an Verbrechen nicht armen Großstadt Frankfurt" ist noch unbekannt - was die Spekulation be- flügelt, ob hier ein Bürger, der "seine Anlage sauber halten will", ein "rechtsextremer Fanatiker" oder "ganz einfach: ein Verrückter" gewalttätig Hand an "arme Kerle" anlegt. Es darf "Abscheu" vor einer Tat geheuchelt werden, deren Beweggrund jedem guten Bürger bestens vertraut ist. Die Opfer heißen ja nicht zu- fällig "Asoziale", was Auskunft gibt über das Urteil, das in ei- ner freien Marktwirtschaft und aufgeklärten Demokratie über diese Leute gang und gäbe ist. Daß hierzulande (Lohn-)Arbeit das ein- zige Mittel und die lebenslange Perspektive für die Mehrheit des Volks ist, ohne die niemand an das für den Lebensunterhalt not- wendige Geld kommt, gilt nicht als eine gelungene Form von Er- pressung, sondern als eine Tugend, die bekanntlich den Menschen adelt. Wenig verwunderlich also, wenn Leute, die den Zwang zur Lohnarbeit nicht mehr aushalten können oder wollen, die auf Park- bänken nächtigen und sich ihr Bier zusammenbetteln, anstatt sich zumindest "zusammenzureißen" und im Arbeitsamt nach für sie nicht vorhandenen Jobs Schlange zu stehen, als "Ausschuß" betrachtet und behandelt werden. "Wer nicht arbeitet und sich für andere nützlich macht, ist nutzlos" - diese in der freien Marktwirt- schaft gültige und jedem rechtschaffenen Bürger vollkommen geläu- fige Gleichung hat der Mörder als praktischen Auftrag genommen, eigenhändig eine gute Tat zu vollbringen und die Stadt von "asozialen Elementen" zu reinigen. Diese Form von "Zivilcourage" hat nur einen Haken: Derselbe Staat, der den Zwang zur Arbeit einrichtet und absichert, garan- tiert jedem ein Recht auf Leben --------------- weswegen ein Penner, der verhungert oder erfriert, für ihn in Ordnung geht - ganz im Unterschied zu einem Penner, der einem auf Recht und Ordnung versessenen Bürger zum Opfer fällt. Letzteres ist Mord, und ein Fall für die Rechtspflege, weil sich hier je- mand unbefugterweise zum Richter über Leben und Tod aufschwingt, wo eine solche Entscheidung nur der höchsten Gewalt selbst zu- steht. Dann kennt der demokratische Staat keinen Unterschied mehr zwischen Penner oder Bankier - als verletzter Paragraph 211 StGB sind für ihn alle Menschen gleich. So kommen die 4 ermordeten Penner posthum zu der Ehre, daß die Staatsanwaltschaft für Hin- weise, die zur Ergreifung des Täters führen, glatte 21000 DM aus- setzt - eine Summe, von der die Opfer zu Lebzeiten nur auf der Parkbank träumen konnten. Und die Polizei, zu deren Aufgaben an- sonsten unter anderem die Kontrolle und Belästigung von Ob- dachlosen gehört, damit nicht zu viele und an falschen Stellen herumlungernde Gestalten das saubere und gepflegte Stadtbild der Finanzmetropole verschandeln, avanciert zum Freund und Helfer der "Penner" ("Guten Morgen, meine Herren, gut geschlafen?") und "fahndet mit hohem Personaleinsatz nach dem Mörder". So kommen in einem demokratischen Staatswesen selbst die Obdach- losen noch in den Genuß verbreiteter Moralischer Anteilnahme. ------------------------ Dazu braucht es nur ein paar "Verbrechen an den Ärmsten der Ar- men" - und schon entdecken dieselben Zeitungen, zu deren vornehm- sten Sorgen ansonsten das saubere Image "unseres Frankfurts" zählt, ein Herz für Penner. Die dürfen sich darüber freuen, daß die freie Presse die "Verwerflichkeit von Verbrechen" nicht "nach der Person des Opfers beurteilt - ganz so als sei es weniger ver- brecherisch, eine Prostituierte statt einer Balletteuse, einen Stadtstreicher statt eines Buchhalters zu töten". "Mord bleibt Mord" - wenn das kein Beweis ist, daß in der Demokratie wirklich alle Menschen gleich und Penner auch Menschen sind! Für diesen Beweis stehen auch ganze Heerscharen von Sozialarbeitern und Kirchengemeinden ein - mit tätiger Nächstenliebe, so daß die Ob- dachlosen jetzt mitten im Frühling in den Genuß einer moralischen Anteilnahme kommen wie sonst bestenfalls in der Vorweihnachts- zeit. Und die Grünen im Hessischen Landtag fordern, "Obdachlose sollten so geschützt werden wie Politiker oder Manager". Gleiches Recht für alle - ob auf der Parkbank oder in der Villa! zurück