Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION WAA - Von Wackersdorf


       zurück

       

DER FILM WAARUM HAT SEINEN POLITISCHEN SKANDAL GEKRIEGT. WARUM AUF EINMAL?

Seit Jahren teilen die Gegner der WAA die Wahrheit mit, daß es beim deutschen Atomprogramm und seinem Schlußstein Wackersdorf um die volle Souveränität der BRD in Sachen A t o m m a c h t geht. Das hat registriert, wer wollte; Resonanz bei demokrati- schen Politikern und Presse fand diese Behauptung bisher nicht. Sie wurde weder verboten noch groß diskutiert, und schon gar fanden die Verantwortlichen für öffentliches Meinen, daß umständ- liche Widerlegunger. dieser Minderheitsauffassung nur unnötiges Gewicht geben könnten. Wenn die BRD sich demnächst zu ihrem Be- dürfnis nach dieser Waffe bekennt und dann auch erklärtennaßen Atommacht sein will, ist die Geschichte natürlich auch wieder keinen Skandal mehr wert. I n z w i s c h e n, nachdem die Glaubwürdigkeit der harmlos-friedlichen Atom-BRD durch uner- wünschte Zwischenfälle einen kleinen Knacks erlitten hat ist das Hin und Her zwischen offizieller Ideologie und Entlarvung aller- dings ein prima W a h l k a m p t h e m a. Weil die Regierung den Übergang zum offenen Bekenntnis n o c h n i c h t machen, sich das - durch schärfste (Selbst-) Kontrollen erworbene - Recht auf Verfügung über das Zeug aber schon gleich nicht abstreiten lassen will, entsteht für die Opposition die Gelegenheit, ihre Kontrahenten des nachlässigen Bruchs heiligster Friedensphrasen zu verdächtigen und den Schluß nahezulegen, daß mit jedem Pfund zusätzlich entdeckten Atomkriegsmaterials in deutschen Landen die "verantwortungsbewußte" SPD-Aufsicht immer wichtiger wird. Wie auf Verabredung kommt in diesen Wochen nicht nur die öffent- liche Reaktion auf den Film in Erlangen, sondern auch der Ver- dacht gegen NUKEM auf, sie habe Pakistan und Libyen mit Atombom- benmaterial versorgt; diese Woche schreibt der SPIEGEL, daß das Atomprogramm in der BRD wie in allen Ländern von Anfang an als Waffenprojekt gelaufen sei; die FAZ trug letzte Woche die Erinne- rung an den bald auslaufenden Atomwaffensperrvertrag bei und fragte an, wie "wir" in die neue Weltlage eintreten wollen und ob "wir" uns in einer Welt von Atommächten, zum Teil wesentlich niedriger auf der Hackordnung der Nationen plaziert, den morali- schen Luxus des Verzichts auf diese Waffe eigentlich noch leisten könnten. Der WAArum-Skandal, soweit er sich dem Bäumchen-wechsle-dich in der Erlanger SPD verdankt, ist also kein Sieg der Kritik, sondern ein Teil der Fortgeschrittenen Meinungsbildung der Nation in die- ser Sache. Nicht die Empörung wird allgemein, sondern die Norma- lität des Empörenden (wieder)hergestellt: Die leidige Bombenfrage ist ja höchstens eine Herausforderung an den unverbrüchlich s friedfertigen Charakter unserer BRD und ihrer immer verantwortli- cheren Politiker, aber doch keine Widerlegung dieses schönen Sch- eins. Entsprechend albern ist der Streit, wie ihn Hahlweg, die KWU und die Orts-SPD anläßlich des WAA-Films und seines Verbots vorgeben: Wer darf wem was unterstellen? ------------------------------ 1. Bürgermeister Hahlweg und SIEMENS/KWU vertreten fürs erste den alten Standpunkt: Sie machen oder verantworten Staat, Wirtschaft und Atomprogramm in allen Stücken und wittern V e r l e u m d u n g, Hetze und NS-Propaganda, wenn darüber et- was Unfeines behauptet wird. Hahlweg hält den Satz im Film, e i n z i g e r Z w e c k d e r W a r e n w i r t s c h a f t s e i d e r P r o f i t, b e i d e s s e n w e l t w e i t e r D u r c h s e t z u n g d i e S o w j e t u n i o n s t ö r e, für eine Verleumdung der BRD. Er selbst würde etwa folgendes sagen: "Gewinne müssen nun einmal sein, damit Arbeitsplätze, Lebensunterhalt, Wohnungsbau etc. stattfinden können." Bei Kasernenbesuchen und Rekrutenvereidigun- gen weiß er dann, daß "wir" Bundeswehr und NATO brauchen, damit "wir" in Frieden leben und unsere Außenbeziehungen frei und nicht unter der Hegemonie einer gewissen Großmacht, mit der man sich dann gut stellen müßte, abwickeln können. Wo ist da der Unterschied? KWU-Sprecher halten es für eine infame Unterstellung, daß in ih- ren Labors Atombomben entwickelt würden und sie Brasilien ein Stück weit zur Bombe verholfen hätten. Für keine Unterstellung und keine Ungeheuerlichkeit würden sie etwa das halten: - Daß eine Nation, die über den atomaren Brennstoffkreislauf ver- fügt und dadurch Tonnen von Plutonium gewinnt, Bomben bauen k a n n. - Daß die NUKEM, wenn sie (zu Recht oder nicht) verdächtigt wird, Pakistan Zugang zu Bombenmaterial verschafft zu haben, dieses je- denfalls selbst haben muß. - Daß das allseitige Loblied auf die schärfsten Kontrollen gewis- sen Mißbrauch, bei denen die BRD natürlich auch wieder führend ist, nur zeigt, w i e v i e l es da zu kontrollieren bzw. "miß"brauchen g i b t. - Daß es für die BRD ein P r o b l e m ist, in einer Welt von großen und kleinen Atommächten als "große Mittelmacht" selbst keine Atommacht zu sein. - Daß die BRD beim Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag, der von deutschen Politikern schon immer als diskriminierend empfunden wurde, darauf bestand, dieser dürfe die Entwicklung a t o m a r e r S p r e n g m i t t e l z u f r i e d l i c h e n Z w e c k e n nicht behindern. Und: Wo ist da der Unterschied? Jedenfalls nicht im Inhalt! An keiner Stelle wird ein Inhalt wirklich bestritten. Die Empörung geht darauf, daß der Film mit dem gar nicht bestrittenen Inhalt b ö s e A b s i c h t e n u n t e r s t e l l t. Und solange die BRD offiziell das atomare Unschuldslamm spielen will, während sie sich alle Einrichtungen, Rohstoffe und Technologien dafür sichert, ist die Beziehung des Zwecks eben ü b l e N a c h r e d e, weil er nicht offiziell proklamiert wird. Hahlweg und KWU verlangen, daß man ihnen nichts B ö s e s a l s A b s i c h t unterstellen darf, gerade w e i l s i e e s k ö n n t e n! Sie klagen ihr gutes Recht auf das Vertrauen ein, das das Volk willen entgegenzubringen hat. Sie verlangen die Wie- derherstellung ihrer verletzten Ehre als Repräsentanten von Staat und Atomwirtschaft oder kriminalistische Beweise für illegalen Bombenbau in ihren Kellern. Das ist schon frech: Vor dem E i n s a t z der ersten Bombe - dann aber lautstark! - gibt es nach dem Gutdünken dieser Herren einfach nichts zu kritisieren, weil sie den Schluß von den Mitteln, die sich ein Staat zulegt, auf den damit wohl verbundenen Zweck schlankweg verbieten. 2. Die Erlanger SPD hat sich flexibler gezeigt und Filmvorführung plus Diskussion gegen das anfängliche OB-Verbot wieder angesetzt, weil ihr gegenüber dem bloßen Dementi der wahlstimmenmäßige Nähr- wert einer Vertrauens-Mißtrauens-Debatte voll einleuchtet: Auch sie hält die Sache mit der Bombe natürlich für eine Verdächtigung und Übertreibung, aber mit der aufgekommenen Glaubwürdigkeits- lücke kann sie durchaus etwas anfangen. Mißtrauen in S t r a u ß, K o h l u n d d i e A t o m i n d u s t r i e kommt ihr gerade recht, um ihre Atompolitik als ganz anders dar- zustellen; sie plädiert dafür, das Atomprogramm keinesfalls vor- zeitig aufzugeben, aber dem Atomfilz - den sie nach der hessi- schen Wahlniederlage nur noch eingeschränkt mitmanagen darf - eine S t a a t s a u f s i c h t vorzusetzen, alles unter demo- kratische = ihre Kontrolle zu nehmen, damit dann auch "nur" das passiert, was die BRD wirklich braucht. Als den besseren Kontrol- leuren soll man ihnen vertrauen, und dafür - nur dafür - geben sie dem Mißtrauen gegen ihre Konkurrenz ein Stück weit recht. Vielleicht reiten sie auch noch auf der Freiheit herum, die sie ermöglichen, und der Zensur, die sie brechen: Dann hätten sie die Debatte ganz dort, wo sie in SPD-Augen hingehört - jenseits des doch noch heiklen Atomthemas läßt sich der Beweis, daß die Sozis gerade für Kritiker die bessere Alternative sind, schließlich am besten führen. zurück