Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION TERRORISTEN - Die Gegengewalt der Ohnmacht


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DER MORD AN EINEM RÜSTUNGSINDUSTRIELLEN

plus Bekennerbrief eines "RAF-Kommandos" waren kaum publik, da segelten bereits die schönsten Gleichsetzungen durch die bundes- deutsche Polit- und Medienlandschaft. "Da sieht man, wohin NATO- Kritik und Aufruf zum Widerstand gegen die Aufrüstung führen:" gewaltfreier Widerstand "gegen Pershings und andere staatliche Gewaltmittel" ist so gut wie ein terroristisches Mordkomplott. Das galt im Nu als beglaubigt. Allen Ernstes geglaubt wird diese Lüge nur von sehr wenigen, d e n T ä t e r n u n d i h r e n S y m p a t h i s a n t e n. Die müssen sich schon gedacht ha- ben, ihre Tat wäre die gelungenste und wirksamste Demonstration gegen das Staatsanliegen, aus dem die Firma MTU ihr Geschäft macht. Sie müssen dem Wahn verfallen sein, eine Staatsgewalt, die auf Massendemonstrationen höchst ungnädig reagiert, wäre dadurch eher zu beeindrucken, daß man einer ihrer Unterabteilungen einen Personalwechsel aufzwingt. Auch wenn es ihnen garnicht um Opposi- tion gegen Aufrüstung, sondern nur um eine Art Erpressung zugun- sten der hungerstreikenden Gefangenen gegangen ist, müssen sie aus einer solchen Überlegung heraus ausgerechnet auf einen deut- schen Rüstungsindustriellen als passende "Symbolfigur" verfallen sein. Symbolfigur für eine Art "alternativen Strafvollzug" an dem Unrecht, das die BRD sich ihrer Ansicht nach mit ihren Rüstungs- unternehmungen leistet. Auf solche Konsequenzen kommen eben Staatsbürger, die die ideologische Gleichsetzung von Recht und Wohltat blutig ernst nehmen und jeden staatlichen "Übergriff" im Namen dieser Gleichung selber als U n r e c h t verfolgen und rächen wollen, wo schon das offizielle Rechtssystem nichts der- gleichen tut. Als Anwälte eines eingebildeten "gesunden Volksemp- findens" exekutieren sie den "Schutz des Lebens" gegen das staat- liche Monopol darauf - das wirkliche gesunde Volksempfinden ant- wortet ihnen darauf, nicht weniger radikal, mit dem Appell "Rübe ab!" Außer den Tätern glaubt niemand ernstlich an die Gleichsetzung von Kritik und Mord am wenigsten die, die damit so eifrig hantie- ren. Die Politiker verwenden die Leiche sehr berechnend: als Mär- tyrer des guten Zwecks "westdeutscher Aufrüstung" und als stummen Kronzeugen dafür, daß der Rechtsstaat sich durch nichts und nie- manden beeindrucken lassen darf. Opfer setzen die staatliche Sou- veränität noch allemal am besten ins Licht. Der Hungerstreik ---------------- ist keine Waffe, mit der ein Häftling sich irgendetwas ertrotzen könnte. Er ist eine Spekulation darauf, daß der demokratische Rechtsstaat sich, aus welchen Gründen auch immer, schwertun würde, seine festgesetzten Feinde zugrunde gehen zu lassen. Eine Spekulation auf "Humanität" oder zumindest den Schein davon. Und die geht fehl. Ein Rechtsstaat betrachtet und behandelt mit dem besten Gewissen nicht das Leben seiner Untertanen - gar seiner straffälligen -, sondern die Heiligkeit seiner Gewalt als höchstes Gut. Durch eine Selbstmorddrohung wird er daher nicht eine Sekunde lang in Verlegenheit gebracht. So etwas ist von vornherein nichts als ein Angriff auf ihn, ein Erpressungsver- such, dem er sich nicht einmal zum Schein beugen darf. Demokrati- sche Kontroversen gibt es daher auch nur über das Folgeproblem, wie die rechtsstaatliche Gewalt ihre Hoheit über das Leben am freiheitlichsten vollstreckt. Muß man den Erpressungsversuch be- reits im Keim ersticken und den hungerstreikenden Häftling per Magensonde zwangsernähren, weil es eine private Souveränität übers eigene Leben legitimerweise nicht gibt? Oder soll man den freien Willen des Häftlings respektieren und das Recht des Straf- vollzugs auf sein Leben erst ausüben, wenn der freie Wille wegen Bewußtlosigkeit hinfällig geworden - und nichts mehr zu retten - ist? Oder steht es der Hoheit der Gewalt am besten an, wenn sie sich auch noch in dieser Frage ganz und gar unberechenbar macht? Solche gespenstischen Debatten werden von den ehrenwertesten Män- nern der Republik im Bundestag vor aller Öffentlichkeit geführt - und die Grünen geben zu bedenken, ob's nicht doch vielleicht n o c h souveräner ist, wenn der Souverän e i n M a l G n a d e v o r R e c h t ergehen läßt und "auf die Häftlinge zugeht", fürsorglich und mildtätig... * Noch eine Bemerkung zur anderen Seite: Mit ihrem Hungerstreik le- gen die RAF-Gefangenen, noch um den Preis ihres Lebens, ein Be- kenntnis zu dem idealistischen Fehler ab, für den sie einst ange- treten sind. Sie spekulieren nicht bloß: sie setzen auf die Fik- tion eines "menschlichen" Rechts, einer einklagbaren Selbstver- pflichtung des demokratischen Rechtsstaates auf Schutz und Für- sorge für sein Menschenmaterial, an der die bundesdeutsche Staatsgewalt sich versündigt. So glauben sie noch an den schönen Schein des Rechtsstaats, den Männer wie Zimmermann gar nicht dra- stisch genug dementieren können. Als könnten sie Politiker wenig- stens blamieren, die vom tödlichen Ausgang ihres Hungerstreiks ganz nüchtern als einem - noch nicht eingetretenen - "Personenschaden" sprechen! zurück