Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION TERRORISTEN - Die Gegengewalt der Ohnmacht
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VON DER VERGEBLICHKEIT, STAATEN MIT MENSCHENLEBEN ZU ERPRESSEN
F l u g z e u g e n t f ü h r u n g e n machen eine seltsame Be-
rechnung auf: Die politisch motivierten Kommandos und die sie
losschickenden Organisationen erklären einerseits den betroffenen
Staaten den K r i e g, gehen davon aus, daß es sich beim Adres-
saten ihrer Erpressung um ein U n r e c h t s regime handelt -
und setzen andererseits darauf, daß die angesprochenen Regierun-
gen sich ausgerechnet dadurch zur Nachgiebigkeit zwingen lassen,
daß man das Leben eines ihrer Untertanen bedroht: Man verlangt
also von dem als unmenschlich charakterisierten Feind einen huma-
nitären Akt. In aller Regel geht diese Kalkulation nicht auf: Im
Bereich der gewöhnlichen Kriminalität kann sich Kidnapping auf
die F a m i l i e verlassen, die sich zur Rettung ihres gelieb-
ten Angehörigen von größeren Geldbeträgen trennt. Der Staat hin-
gegen ist keine Familie, und die Verbindung zwischen Herrschaft
und Bürger stiftet nicht ein Gefühl, sondern die G e w a l t.
Deshalb empfinden Politiker die Zumutung, sie sollten Gefangene
freigeben, als unmittelbaren Angriff auf die Grundlage des Staa-
tes, nämlich die unbeschränkte Gültigkeit seiner Gewalt. Geisel-
nahme ist objektiv ein f e i n d s e l i g e r Akt gegen den
betroffenen Staat, der von diesem verlangt, einem feindlichen
Willen Rechnung zu tragen, um nicht Leib und Leben eigener Bürger
zu gefährden. Hier wird der Widersinn vollends deutlich: Warum
sollten Staaten, die bereits unter "normalen" Umständen auf die
körperliche Unversehrtheit ihres Staatsbürgermaterials nur sehr
bedingt Rücksicht nehmen, ausgerechnet in diesem Fall Leib und
Leben von Untertanen über die Staatsräson stellen? Offiziell wird
die Abwägung zwischen Staatszweck und Menschenleben zu Ungunsten
des letzteren damit begründet, daß ein Staat nicht erpreßbar sein
darf, weil sonst weitere Geiselnahmen ermutigt würden. Das ist
selbstverständlich gelogen. Die kuwaitische Regierung ist schon
zweimal "hart" geblieben in der Frage der 17 inhaftierten Schii-
ten, und der dritte Versuch wird nicht der letzte bleiben. Und
das ist ferner nicht wahr, weil ein Staat sehr wohl nachgeben
d ü r f t e: Er w i l l nur nicht, und er braucht es auch
nicht, weil jeder gute Staatsbürger einsieht, daß ein paar Lei-
chen einem Staat nicht schaden, während Nachgeben als ein
"Zeichen von Schwäche" gilt, was seiner S o u v e r ä n i t ä t
nur schaden könnte. Deswegen sind die Angehörigen eines Anti-Ter-
ror-Kommandos, die ein Flugzeug stürmen und dabei ein paar
Hijacker umnieten, "Helden von Mogadischu", während jede
ermordete Geisel zur Anklage gegen die unmenschliche Brutalität
der Entführer wird. So gewinnt die Staatsgewalt auch noch -
moralisch gegen die "terroristische".
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