Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION LINKE - Vom langen Marsch...


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       Bremer Hochschulzeitung Nr. 1, 23.10.1979
       
       Rudi Dutschke war hier:
       

EINHEIT HUI, SPALTUNG PFUI UND DA CAPO...

Was war vorgefallen, daß der einstige Studentenrebell und heutige Lehrstuhlmann von seiner provinziellen dänischen Wahlheimat aus- gerechnet in die Provinz nach Bremen eingeflogen kam? Nichts au- ßergewöhnliches, wie beim Bahro-Kongreß in Berlin und den Rockern gegen Rechts in Frankfurt bestand auch seitens der bremischen Veranstalter von der Grünen Liste das Bedürfnis, einen Linken auszustellen. Keinen gewöhnlichen freilich, sondern einen mit Vergangenheit. Genauer: einen Mann, bei dem der Ruf hartnäckig überlebt, ein Theoretiker der Linken und insbesondere ihrer Idee von der außerparlamentarischen Opposition zu sein, dazu noch mit einschlägigem Praktikum. Insofern handelt es sich also um ein brauchbares Stück Vergangen- heit für die Bewegung der Grünen, die ihr Engagement für die nun auch gewonnenen Parlamentssitze in die Tradition der wirklichen APO stellen läßt, wenn auch ihr Chef mittlerweile leicht ver- schlissen wirkt und die Bewegung tot ist. Umgekehrt bot diese Einladung wie alle anderen wieder die freudig ergriffene Gelegen- heit für den Gast, der sich so ziemlich an jedem kalten Buffet herumdrückt, sich und seine Theorie mit dem oft kopierten, nie erreichten missionarischen Eifer gehen zu lassen, der sich bei ihm bis in Artikulation und Gestik verwachsen hat. Treu geblieben ist der Mann sich bei der Auswahl seiner Gastgeber auch: der Slogan "wir hier unten - ihr da oben" muß so oder so ähnlich zwischen den Mahlzeiten schon einmal fallen. Denn das ist die theoretische Basis, für die Dutschke nach langjähriger Forschung den Namen "Populismus - Etatismus" gefunden hat und auf der seine ganze Theorie nicht beruht, sie ist es, "Voller Kraft, voller Dampf für die Einheit gegen alle, die die Einheit zerstören, vol- ler Bereitschaft für die Einheit..." - wo war er stehengeblieben? Ach ja: "Eine elementare Einheit von sehr verschiedenen Strömun- gen ist gefordert..." Wofür Einheit, mit wem und warum sind dabei keine Fragen, weil Dutschkes Antwort "ja genau! Einheit!" ihnen immer schon vorausgeht. Bei wem er sich hinstellt und diese Rede tut, bei der "Strömung" der Grünen oder ihren lila Brüdern von der Alternativen Liste - wäre ja auch eine Möglichkeit gewesen -, ist deshalb für den Theoretiker praktisch entschieden: "elementarer" ist die Einheit je schon bei denen, die mehr sind, umgekehrt bildet in diesem dialektischen Weltbild die Strömung der Spalter der Rest, weil er weniger ist. Zu leicht gemacht? Von wegen: "Kommunisten und Sozialisten haben die Pflicht, Tricks der anderen Seite zu durchschauen und trotzdem sich zu einigen, weil es eben ihre Aufgabe als Linke ist, an der Bewegung teilzuhaben." Ab sofort sind die wahren Totengräber des Kapitalismus die Ökolo- gen für das Überleben der todkranken Welt, denen die orthodoxen Totengräber beim Schaufeln helfen sollen, weil der Verdacht be- steht, daß die ersteren das Grab nicht tief genug ausheben. Fer- tig, e i n e Bewegung. zurück