Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION LINKE - Vom langen Marsch...


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       Linke Kritik an der "Rechtsregierung":
       

MIT DER SPD IN DER OPPOSITION

Mit dem Personalwechsel in Bonn ist die Welt für manchen Linken ein Stück einfacher geworden. Vorbei sind die Zeiten, da man da- mit beschäftigt war, Vorbehalte und Einwände gegen die Regie- rungspartei SPD anzumelden, um sich grüblerisch vor die 'Wahl Schmidt oder Strauß?' zu stellen und - als wäre man zu einem po- sitiven Bekenntnis zu einem der Kanzlerkandidaten gezwungen - für das "kleinere Übel" seine Stimme abzugeben. Die anschließend wie- der fällige Kritik, daß die SPD an der Regierung so ganz und gar nicht das unternehme, was man selber von der SPD erwarte - das ist jetzt passé. Statt Gegenstand der eigenen E n t t ä u- s c h u n g ist die SPD seit ein paar Wochen ausschließlich Dreh- und Angelpunkt linker H o f f n u n g e n und Per- spektiven - und das einfach, weil die SPD nicht mehr auf der Regierungsbank sitzt. Einschlägige Beurteilungen der "Wende zur Rechtsregierung" erin- nern unter dem Motto "wir dürfen nicht vergessen" dabei durchaus an die eigenen kritischen Meinungen über die Sozialdemokraten von vor ein paar Wochen ("sozialreaktionärer Kurs"), dies aber nur zu dem Zweck, sie in der "neuen Lage" umso gründlicher vergessen zu machen. Angesichts eines CDU-Kanzlers und seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik wird nämlich das, was Schmidts Mannschaft in dieser Hinsicht unternommen hat, nur noch für halb so schlimm gehalten und vom "sozialreaktionären Kurs in den Operationen '82 und '83" ist keine Rede mehr. Das liest sich dann etwa so: "Schwankte die sozialliberale Regierung ständig zwischen sozialem Zugeständnis und Sozialabbau hin und her, so hat die CDU zum Frontalangriff angesetzt." Was die SPD in den letzten Jahren an der Regierung g e m a c h t hat, daran hat sich im vergangenen Monat nichts geändert, wohl aber am linken U r t e i l über diese Politik: weil man die An- kündigungen und Taten der neuen Regierung für "noch schlimmer" befindet, ist man sich nicht zu blöd, d e s w e g e n auch schon der alten Regierung einiges zugutezuhalten und ihr p o s i t i v e Seiten abzugewinnen: zur Hälfte bestand deren Sozialpolitik jetzt aus "sozialen Zugeständnissen"! An der statt- gefundenen SPD-Politik kann es nicht liegen, daß solche schönfär- berischen Auffassungen über die abgetretene Regierung von ihren ehemaligen Kritikern in Umlauf gesetzt werden, das liegt allein an der unbedingten Absicht, mit Vergleichen zwischen Schmidt und Kohl ab sofort d a s G u t e an den Sozialdemokraten zu ent- decken. Und warum es diesen Linken darauf jetzt so sehr ankommt, ihre Kritik an der SPD-Regierung durch die Entdeckung ihrer r e l a t i v e n Vorteile zu ersetzen, daraus machen sie kein Geheimnis- die Auffassung, daß "die Rechtskoalition im Grunde die von der SPD eingeleitete Poli- tik des Sozialabbaus und Aufrüstungskurses fortführt", wäre vor allen Dingen völlig i n o p p o r t u n: "Solche Einschätzungen fördern dann leicht resignative Tenden- zen." Mit einer solchen Kritik stünde man nämlich gegen Regierungs- und Oppostionspartei, also ziemlich allein da (wieso soll das eigent- lich eine "resignative Tendenz" sein?). Also sei es schon klüger, seine Kritik zu revidieren und sich bei einem großen "Bündnispartner" gut aufgehoben zu wissen (für einen Opportuni- sten ist das nämlich das Gegenteil einer "resignativen Ten- denz"!): "Zum andern würden (durch solche Einschätzungen) aber auch neue Momente verschüttet, wie etwa das Aufbrechen von Widersprüchen in der SPD und damit verbunden neue Bündnismöglichkeiten mit Sozial- demokraten." Darum geht es also dieser Linken unter einer "Rechtsregierung" -, bei sich vor der Türe den Weg freizuräumen, der geradewegs in die Arme der SPD führen soll und auf dem die negativen "Einschätzungen" von gestern nur hinderlich sind. Diesen Ent- schluß, bei den Männern der Regierung a.D. anzuklopfen, tragen sie freilich als sein glattes Gegenteil vor: da wird die Vision einer von "Widersprüchen" geschüttelten SPD entworfen, die gerade der Linken ganz neue "Möglichkeiten" biete, weil sie sich gezwun- gen sehe, ihren linken Kritikern entgegenzukommen - eine gran- diose Fehleinschätzung des alten und neuen SPD-Streits, der darum geht, ob es nun die Leute links oder rechts von der Sozialdemo- kratie seien, von denen sie Unterstützung erwarten könne. Gut ist dieser Streit allemal für eines: daß die einen sich bei Ex-Kanz- ler Schmidt, die anderen sich bei Ex-Kanzler Brandt und alle sich so bei der SPD zu Hause fühlen können. Brandes "Entgegenkommen" besteht in nichts anderem als der offen propagierten Absicht, sich bei dem grünroten Stimmenpotential zu bedienen; und dieses neue "linke Image" der SPD ist deswegen weder "Verbalakrobatik", noch ein Wandel ihrer Politik, sondern das Werben dieser Partei um neue Wähler. Wer diese "Möglichkeit" nützt: "Der MSB-Spartakus unterstreicht seine Bereitschaft, allen ande- ren demokratischen Kräften mit ausgestreckter Hand entgegenzuge- hen", leistet es sich, die eigene Kritik an der SPD-Regierung von ge- stern heute so zu handhaben, daß eine SPD-Regierung morgen als d i e linke Hoffnung und Perspektive dasteht. zurück