Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION LINKE - Vom langen Marsch...
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Daniel Cohn-Bendit: "Wir haben sie so geliebt, die Revolution"
LAUTER SO BURSCH'N WIE "WIR"...
"Die Revolutionäre von gestern und ihre Karrieren. ... Wie leben
sie heute, und wie denken sie über ihre Träume von damals?"
(Klappentext)
Kleine, dogmatische Vorbemerkung
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Das soll es ja geben: daß Leute sich nichts Geringeres als eine
Revolution zum politischen Zweck setzen, weil sie die allerorts
beklagten "gesellschaftlichen" Mißstände nicht auf menschliche
Verfehlungen oder das Versagen verantwortlicher Instanzen zurück-
führen, sondern sie für ziemlich systembedingt halten. Auch das
soll es geben: daß ihren Bemühungen, andere von dieser Diagnose
zu überzeugen und die revolutionäre Sache auf diese Weise voran-
zubringen, einstweilen k e i n E r f o l g beschieden ist, so
daß die Kommunisten vorerst allein dastehen mit ihrer Kritik. Und
auch das soll schon vorgekommen sein: daß einer das revolutionäre
Vorhaben steckt, also resigniert und auf die praktische Durchfüh-
rung seiner Kritik verzichtet; der Mißerfolg entsprechender An-
strengungen kann bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen, muß
es aber nicht.
Nichts davon relativiert das andere: Aus der Lebensgeschichte von
Revolutionären läßt sich also überhaupt nichts "lernen".
*
Cohn-Bendit legt auf solche Unterscheidungen keinen Wert. Er hält
es für enorm beweiskräftig, wenn radikale Kritiker von gestern
heute aus welchen Gründen auch immer - andere Wege gehen und
großenteils zu Parteigängern von Staat und Demokratie geworden
sind. Für diese Scheinbegründung s e i n e r Absage an revolu-
tionäre Umtriebe ist es freilich nötig, an den vorgestellten
"Karrieren" einiges zu übersehen.
Revolution: nie vorgehabt
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Der erste Etikettenschwindel besteht schon darin, den Interview-
partnern, die sich im Bewegungsjahr 68 in den verschiedensten
Gruppen und Parteien betätigten, den gemeinsamen Zweck
"Revolution" anzuhängen, damit hinterher das "Scheitern" dieses
"Traums" thematisiert werden kann. Natürlich: Einer bürgerlichen
Öffentlichkeit, die Kritik nur als konstruktive gelten lassen
will, erscheint jeder davon abweichende Ton ebenso als halber Um-
sturzversuch, wie es zum Selbstverständnis jeder etwas
"grundsätzlicheren" (d.h. nicht im schon vorhandenen Parteien-
spektrum aufgehobenen) Opposition gehört, sich als irgendwie
links und revolutionär = total anders zu definieren. Insofern
braucht man sich nicht darüber zu wundern, daß 1968 Revolutionen
u.a. "im Klassenzimmer" stattfanden und heutzutage selbst die
Verwendung von Kuhmist als revolutionäre Rückkehr zu naturgemäßen
Methoden der Landwirtschaft aufgefaßt sein will. Aber den
N a m e n für die S a c h e zu nehmen, verrät hier wie dort -
höflich ausgedrückt - einen gewissen Mangel an Urteilsvermögen.
1968 wollten z.B. die holländischen "Provos" das System in seinen
Grundfesten erschüttern:
"Wir waren regelrecht verliebt in die Revolution und vom Erfolg
überzeugt. ... Es gab unzählige Initiativen." Darunter: "...den
Plan 'Weiße Bullen': Die Polizisten sollten zu wirklichen Sozial-
arbeitern gemacht werden und nicht mehr zu Söldnern der Repres-
sion; von nun an weiß gekleidet, sollten sie der Öffentlichkeit
für Dinge des täglichen Bedarfs zur Verfügung stehen und Streich-
hölzer, Kondome, Pflaster etc. verteilen." (van Duyn, Ex-Provo,
51/52)
Die Kritik wird dann wohl so kindgemäß gewesen sein wie die
"revolutionäre Initiative". Da wollten welche bemerkt haben, daß
ein eigentlich dem Individuum und seinen - ersichtlich eher be-
scheidenen und ideellen - "Sozialbedürfnissen" verpflichtetes Ge-
meinwesen ohne rechten Grund zu einem Apparat der "Repression"
verknöchert sei. Das konnten sie sich nur mit der herrschenden,
spießbürgerlichen Moral der Mehrheit erklären, weshalb sie diese
mit dem nötigen Unernst provozierten ("Provos") und ihr in Ame-
rika gleich die Partei der Jugend ("Youth International Party",
daher "Yippies") entgegenstellten:
"Wir gaben free concerts in den Straßen und haben die Leute in
den Parks versammelt. Wir haben die Yippie-Olympiade gegründet.
Eine ganze Woche lang haben wir den Einwohnern Chicagos eine an-
dere Lebensweise vorgeführt." (Hoffmann, Ex-Yippie, 24)
Ja, wenn das die "Revolte einer ganzen Generation" war (ebd.),
können ihre Protagonisten von damals heute doch nur zufrieden
sein: Die weiland "free concerts" sind fester Bestandteil jedes
Radioprogramms, die Jugend läuft - aber so neu ist das auch wie-
der nicht - nicht nur eine ganze Woche lang, sondern immerzu als
leibhaftige "andere Lebensweise" in der Gegend herum, und eine
Ironie der Weltgeschichte hat sogar noch dafür gesorgt, daß Poli-
zisten heute wirklich Kondome verteilen! Warum sollte sich die
Abwicklung der kapitalistisch-demokratischen Alltagsgeschäfte
auch nicht mit dem Wunsch vertragen, i h n e n einen alternati-
ven "Lebenssinn" abzugewinnen?
*
In der Methode radikaler, im Argument ähnlich stellen sich Leute
vor, die aus einer 68er Studentenbewegung den Übergang zum Terro-
rismus bewerkstelligt haben:
"Es begann mit der individuellen Auflehnung gegen die Familie,
die Kultur - es ging um Kleidung und Lebensweise. Die Studenten-
bewegung erschien mir zunächst als eine revolutionäre Perspek-
tive; dann breitete sich der Protest auf die ganze Gesellschaft
aus. ... aber recht schnell ist mir dann klar geworden, daß die
politischen Aktivitäten nichts Konkretes brachten. Diese Unzu-
länglichkeit führte mich zu der Schlußfolgerung, daß nur ein re-
volutionärer Prozeß des bewaffneten Kampfes etwas bewirken
konnte." (Faranda, Ex-Rotbrigadistin, 174)
"Etwas" bewirken zu wollen, oder noch konkreter: "etwas Konkre-
tes" - das ist auch nicht ganz dasselbe wie zu wissen, wogegen
man kämpft, und daraufhin die eigenen Mittel zu prüfen. Aller-
dings paßt die lockere Tour, überall dort "revolutionäre Perspek-
tiven" zu suchen und zu finden, wo sich gerade das meiste
"bewegt" (so daß so Zeug wie "Unterstützung" oder "Verbreiterung
des (!) Kampfes" angesagt ist), zu einem Standpunkt, den weniger
ein wirkliches Interesse als der Formalismus bewegt, alle mögli-
chen Interessen - von "Kleidung und Lebensweise" bis zu höheren
Löhnen, dazwischen s o l l nicht unterschieden werden! - als
b e r e c h t i g t e ihrer Unterdrückung entgegenzustellen. Wer
für dieses moralische Recht zur Knarre greift, handelt durchaus
konsequent.
*
Die dritte Sorte von Revolutionären, die Cohn-Bendit Revue pas-
sieren läßt, zeichnet sich schließlich dadurch aus, daß sie nicht
schlechthin das Recht der b ü r g e r l i c h e n I n d i v i-
d u a l i t ä t, sondern das der Z u k u r z g e k o m m e-
n e n zur Geltung bringen wollte. Die Wertschätzung eines
damaligen SDS-Theoretikers erwarben sich die arbeitenden Massen
1969, als sie wilde Streiks durchführten und ihm so bewiesen,
"daß die Arbeiterklasse in der Lage wäre, sich einer sie beherr-
schenden arbeiter-bürokratischen Struktur - wie wir es damals
nannten -" (er meint wahrscheinlich die Gewerkschaften) "zu ent-
ziehen und wieder selbständig auf den Plan zu treten. ... Wir zo-
gen daraus den Schluß, daß auch im Rahmen der kleinen Koalition,
der SPD/FDP-Koalition, es einen kontinuierlichen Prozeß der
Linkswendung der Arbeiterklasse geben würde. Und jetzt war die
Frage, in welchen Organisationsformen sich diese Linkswendung am
ehesten würde vollziehen können." (Semler, Ex-KPD(AO), 114)
So läßt sich auch darstellen, daß selbst der zeitweilig gewählte
Name von "Kommunisten" keine Garantie dafür bietet, daß es sich
bei den Betreffenden um Revolutionäre handelt. Die "Linkswendung
der Arbeiterklasse" nämlich für einen "Prozeß" zu halten, den es
o h n e revolutionäre Agitation schon g i b t, so daß die stu-
dierten Arbeiterfreunde bloß noch sein Tempo einzuschätzen und
ihm die passendste "Organisationsform" maßzuschneidern brauchen,
verrät ja ein eher geringes Interesse daran, die Revolution zu
b e t r e i b e n: wozu denn auch, wenn sie insgeheim eh längst
im Gange ist!
Resignation oder Selbstkritik: keine Spur
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Die Gemeinsamkeit der vorgeführten "Revolten" von ehedem, sich im
Wunsch nach einer besseren - solidarischeren, gerechteren, kurz:
humaneren - Welt überaus e i n i g zu wissen mit dem
"eigentlichen" Auftrag der Demokratie und den "wahren" Sehnsüch-
ten der Leute, gibt auch den Maßstab ihrer "historischen Lernpro-
zesse" ab. Wenn Cohn-Bendit so tut (das unterscheidet ihn übri-
gens nicht von seinen Gesprächspartnern), als ob sich den zwi-
schenzeitlichen Lebensläufen der Ex-"68er" irgendetwas in der
Hinsicht entnehmen ließe, welche Kritik am Kapitalismus sich heu-
tigentags endgültig erledigt habe bzw. welche deswegen angebracht
sei, dann begeht er seinen zweiten Etikettenschwindel.
Was haben spontaneistische Provos und Yippies von gestern denn
"eingesehen" oder "korrigiert", wenn sie heute Kleinunternehmer
oder Börsenjobber sind und das wie folgt begründen:
"Das ist eine logische Entwicklung. Wenn du die totale Verände-
rung willst, dann ist es legitim, daß du alles tust, um diese
Veränderung durchzusetzen, aber wenn die Praxis dir zeigt, daß
deine Ideen nicht zu verwirklichen sind, ist es normal, daß du
sie änderst." (Stolk, Ex-Provo, 57)
"Der Staat - das muß ich jetzt selber werden, natürlich nicht ich
persönlich: wir alle. ... Unsere Aufgabe ist es, eine Philosophie
für den Erfolg zu schaffen, die Demokratie und Idealismus zusam-
menfaßt." (Rubin, Ex-Yippie, 36)
Diese Sprüche verraten ja nur zweierlei: Erstens, daß das Getue
mit dem "neuen Gemeinschaftsgefühl" und der "anderen Lebensweise"
sich in dem Maße, wie es Gemeingut geworden ist, als
"revolutionäre Initiative" auch totgelaufen hat - der Schein der
Radikalität verdankte sich eben mehr den Reaktionen der Obrigkeit
als den Absichten des jugendfrohen Protests. Und zweitens, daß
seine Vertreter Kritik nach wie vor mit einer G e s i n n u n g
verwechseln, weswegen sie heute auch nicht einfach Geschäftsleute
sind, sondern darin schon wieder eine historische "Aufgabe" wahr-
nehmen. Der eine hält seinen Frust darüber, daß ausgerechnet
seine ungemein "praktischen" Verschönerungsideen von damals
nichts Wesentliches verändert haben, für einen Wink der "Praxis"
beim Anlegen moralischer Maßstäbe nicht mehr so "total" zu ver-
fahren; und der andere ist bei der immergleichen Bemühung, sich
den Staat als Wertegemeinschaft von "uns allen" zu denken, zu der
Auffassung gelangt, daß den "Erfolg" vor anderen schönen Werten
immerhin das auszeichnet, daß ihm wirklich jeder hinterherrennt -
so daß ein Fachmann für "Idealismus" sogar die Börse für einen
Umschlagplatz von Menschenrechten halten kann.
*
Welche Auffassung vom Staat haben Anarchisten denn revidiert,
wenn sie heute zu folgender Meinung gekommen sind:
"Inzwischen glauben wir, daß man von innen heraus agieren muß, um
den Staat zu verändern, den wir als schreckliche Maschine be-
trachten während er doch in Wirklichkeit elastisch und dynamisch,
sensibel für Veränderungen und Eingriffe ist - unter der Voraus-
setzung, daß man in der Lage ist, eine Alternative anzubieten."
(Morucci, Ex-Rotbrigadist, 174)
Daß die Frage, was am Staat zu "verändern" geht, schon noch ein
bißchen damit zu tun hat, w o z u es ihn gibt und w e l c h e
Stellung zu den Interessen seiner Gesellschaft er einnimmt, kommt
diesen Fans der Veränderung nicht in den Sinn. Sie erklären sich
sein Wirken mit den Erwartungen, die sie damit verbinden, so daß
der ganze "schmerzvolle Lernprozeß" nur darin besteht, daß diese
Erwartungen sich geändert haben: Wo sie früher dem Staat nichts
Menschliches mehr zugetraut und ihn für eine inhaltslos schreck-
liche Maschine gehalten haben, erscheint er seinen Kritikern
jetzt - genauso inhaltslos - als schieres Angebot für
"Veränderungen und Eingriffe". An der Sache, die bei solchen Deu-
tungskunststückchen gleich gar nicht mehr vorkommt, kann dieser
Bewußtseinswandel wohl nicht liegen.
*
Und was haben die Vorkämpfer der "revolutionären Arbeiterbewe-
gung" in 20 Jahren gelernt? Einerseits sind die Hoffnungen, die
sie für ihre Ideale von Gleichheit und Gerechtigkeit in die Werk-
tätigen gesetzt haben, herb enttäuscht worden:
"... die Leute sind eher für die Hierarchie und finden sie über-
haupt besser." (Ceroni, Ex-CGT, 97)
"Und mit der Hierarchie ist das so eine Sache. Manche schuften
zwölf Stunden pro Tag, andere sechs. Das ist auch eine Hierar-
chie. Diejenigen, die mehr arbeiten, verdienen auch mehr.... Die
Hierarchie beginnt dort, wo die Leute sagen: 'Also, ich will
das'..." (Chemin, Ex-Autonomer, 83)
Eine Entdeckung oder gar Widerlegung ist das nur für jemanden,
der die scheiternden Konkurrenzinteressen der Arbeiter sowieso
noch nie kritisieren wollte. Wie die Proleten als Hoffnungsträger
der "Linkswende" einst verehrt worden sind, so sehr bekommen sie
es jetzt zu spüren, daß sie ihre historische Mission nicht er-
füllt haben: Für Linke, die unverdrossen danach suchen, an wen
sie sich zwecks Beförderung alles Guten anhängen können, spricht
das nämlich nicht gegen diese Suche, sondern gegen "die Leute",
die einer Anteilnahme durch wahre Idealisten gar nicht wert sind.
Dazu vergißt man dann schon einmal, daß dem Willen zur Bewährung
in einer Lohn-Leistungs-Hierarchie schließlich ein Zwang zugrunde
liegt, und wähnt sich lieber in einer Welt aus lauter überzeugten
Konkurrenzgeiern. Andererseits sieht ein Mensch, dessen morali-
sches Rechtsempfinden unbeirrbar ist, seine Hoffnungen noch lange
nicht dadurch widerlegt, daß er aufs falsche Pferd gesetzt hat.
Sucht er sich eben ein erfolgversprechenderes! Gelehrt:
"Ich bin der Meinung, daß der Widerspruch zwischen Produktions-
verhältnissen und Produktivkräften nach wie vor existiert und die
Gesellschaft auch determiniert, daß er aber nicht mehr zusammen-
geht mit einem Widerspruch der antagonistischen Hauptklassen der
Gesellschaft." (Semler, 121)
Also ist Klassenkampf out - für einen Liebhaber des "Widerspruchs
zwischen Produktionsverhältnissen und Produktivkräften" ohnehin
ein eher abgeleiteter Bereich - und die Unterstützung von Umwelt-
, Frauen- und anderen Bewegungen angesagt. Woher weiß er wohl,
daß der kapitalistische Grundwiderspruch die Gesellschaft heute
mehr über solche Ecken "determiniert"? Es geht aber auch viel
einfacher. Wem die Interessen der Arbeiter gleichgültig sind,
weil er sie bloß als Vehikel seiner Weltverbesserungswünsche
schätzt, der muß nicht mehr als seinen Blickwinkel ändern - und
schon sind Scheitern u n d Erfolgsperspektive der "Haupttendenz
Revolution" denselben Fakten zu entnehmen, ohne daß man sich
rückblickend der alten Liebe zum Arbeiter schämen muß:
"In der Lip-Ära" (= Übernahme einer Pleitefirma in die eigene Re-
gie der Arbeiter) "fand man den Kampf eher ein wenig zu reformi-
stisch, nicht revolutionär genug, und sah dabei nicht, was an
dieser Bewegung alles interessant war, welche Veränderungen sie
in den zwischenmenschlichen Beziehungen mit sich brachte, zwi-
schen Mann und Frau und zu den Kindern." (Duteuil, Ex-Autonomer,
69)
Na bitte: Wenn's darum gegangen ist...!
Die 68er Generation: eine Erfindung ihres Geschichtsschreibers
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Cohn-Bendit ist weder ein Parteigänger irgendeiner Position, die
er in seinen Gesprächen vorstellt, noch will er irgendwem durch
Kritik zu nahe treten - das hieße ja, den "Richter" zu spielen.
Sein dritter und letzter Etikettenschwindel ist der Anspruch, die
"kollektive Erfahrung" einer ganzen G e n e r a t i o n zum
Sprechen gebracht zu haben, deren übergreifende Einheit
D a n i e l C o h n - B e n d i t heißt:
"Kein Gedanke, kein Argument, keine Gefühlsregung, die wir im
Verlauf unserer Gespräche streiften, die mir nicht selbst in dem
einen oder anderen Augenblick meines Lebens in den Sinn gekommen
wäre. Die Widersprüchlichkeiten in den Ausführungen enthüllen die
Widersprüche, die wir selbst" (pluralis majestatis Dany) "in un-
serem Inneren zu überwinden hatten. Jeder meiner Gesprächspartner
hat einen Weg eingeschlagen, auf den ich mich ebenso hätte ein-
lassen können, wenn die Zufälligkeiten und die Notwendigkeiten
dieser Zeit mich dazu gezwungen hätten." (253)
Dieses Geschwafel ist allerdings weder ein Produkt des Zufalls
noch von der Geschichtsnotwendigkeit der 80er Jahre diktiert. Es
zeigt nur die Stellung, die Cohn-Bendit zu sämtlichen
"Bewegungen" einst und jetzt einnimmt: Während er die jeweils
verschiedenen I n h a l t e u n d A n l ä s s e der Kritik
für zufällig und austauschbar hält, ist er ein entschiedener
Liebhaber des R e c h t s auf Kritik und schätzt den Moralismus
seiner Gesprächspartner deshalb enorm. Diese Trennung ist
s e i n e Lehre aus "68", auf die er seine Gesprächspartner auch
immer wieder verpflichten möchte: das Prinzip der demokratischen
Öffentlichkeit, dank der Erlaubnis zur abweichenden Meinung auf
deren Praxis zu verzichten. Man braucht dazu ja nur eines: keine
Kritik.
Kein Wunder, daß sämtliche Medien des demokratischen Imperialis-
mus diesen Menschen als Repräsentanten des "Linken" vor die Mi-
krofone zerren. Als Kronzeuge für die Abwegigkeit einer Revolu-
tion ist er gut zu gebrauchen. Seine eitle Pose als
"Dabeigewesener" ist schließlich so gut wie ein Beweis für jeden
Blödsinn, den er bisweilen auch rassistisch a l s Jude,
(inter-)nationalistisch a l s Deutsch-Franzose und immer nar-
zißtisch a l s roter Dany von sich gibt.
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