Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION K-GRUPPEN - Vom KBW


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       Bremer Hochschulzeitung Nr. 23, 04.11.1980
       
       Kleiner Disput im MHZ:
       

PROBLEME DES PARLAMENTARISCHEN RANDGRUPPENSOZIALISMUS

Zu einer "solidarischen Diskussion" trafen sich am letzten Frei- tag abend Anhänger des KBW und seine Abgänger, die "Kommitees für Demokratie und Sozialismus". Problem beider: "die Linke in der politischen Isolation". Thema des Abends war also nicht die Ana- lyse dessen, was auf der Welt 1980 los ist und also zu tun wäre, sondern die Suche nach "sozialen Bewegungen", die der Linken aus der Isolation helfen könnten. Einigkeit unter den feindlichen Brüdern herrschte auch in dem revisionistischen Bekenntnis, daß das Elend unter den Menschen direkt proportional zu ihrem revolu- tionären Elan ist. Frage also: wem geht es heute denn schlecht? Darüber allerdings entbrannte der Streit. Während der KBW nach wie vor darauf setzt, daß die beschissene Lebenslage der Arbeiter diese zur Organisierung in linken Zirkeln statt in die Kirchen und zu Helmut Schmidt drängt, und dabei von der Unwahrheit seiner These in Form der Auflösung der eigenen Randgruppe längst einge- holt worden ist, setzen die "Kommitees" auf haargenau dasselbe, kommen allerdings dabei zu einem anderen Befund: die Arbeiter sind heut für eine "soziale Bewegung" kaum zu gebrauchen, denn sie haben "mehr zu verlieren, als ihre Ketten". Damit waren die Kühlschränke und Farbfernseher gemeint, die in den Reden von Her- bert Gruhl, Kardinal Höffner und Rudi Bahro gleichermaßen für den Beweis herhalten müssen, daß der deutsche proletarische Haushalt einer ziemlich übersättigten Wohlstandsoase gleichkommt. Ein Kom- munismus, der am Konsum der Leute scheitert, weil er die N o t w e n d i g k e i t e n des täglichen Bedarfs für luxu- riöse Sattmacher der Menschheit halten möchte, will auch von den Gründen nichts wissen, die ein deutscher "Wohlstandsprolet" h a t, mit dem Gang des kapitalistischen Geschäfts und seiner politischen Aufsichtsbehörden unzufrieden zu sein und also gegen sie anzugehen. Es ist ja schon peinlich, daß unsere Wirtschafts-, Arbeits- und Finanzminister über den Stand bundesdeutscher Aus- beutung besser Bescheid wissen. als diese Linken: an den Wohl- stand der deutschen Proleten glaubt von den politischen Praktikern niemand, weswegen der Finanzminister trotz Farbfernseher bei Arbeitern die Steuern lieber gleich aus der Lohntüte abzweigt, bevor sie verfressen sind; und daß der Lohn nicht für die Dinge des täglichen Bedarfs erfunden wurde, beweist unser Lambsdorff täglich, wenn er zu mehr Leistung bei weniger Lohn mahnt und für das Wachstum der Wirtschaft Rationalisierungsprogramme und damit die Produktion auch von Arbeitslosen finanzieren läßt, so daß nicht einmal der Farbfernseher auf Dauer sicher ist. Die Folgen solcher Reichtumsproduktion kann der Arbeiter dann weniger an seinem vollgestopften Haushalt als an seiner ruinierten Gesundheit able- sen, die dem Staat nur das eine Problem bereitet, wie sie mög- lichst k o s t e n g ü n s t i g arbeitsfähig gehalten werden kann. Also dämpft er die Krankenkosten, weil die vom Lohnstreifen abgebuchten Versicherungsbeiträge für das Wachstum seiner Unter- nehmer viel besser angelegt sind: da rentieren sie sich nämlich. Ganz weltfremd daher die folgende Auskunft. "Deshalb müssen die Widersprüche des Systems von den Randgruppen ausgehalten werden." Das offenkundige Desinteresse am Zustand des Modell Deutschland erklärt sich einfach aus dem verrückten Interesse, die eigene "Isolation,, überwinden zu wollen - und sonst nichts. Dafür be- streitet man Arbeitern die Gründe der Unzufriedenheit; schließ- lich tut sich bei ihnen nichts in Sachen "Bewegung" und also sind sie für einen selbst nicht brauchbar. Andererseits: wenn es den Proleten in der Mitte gut geht, dann ist eben die "Bewegung" am Rande: Lesben, Öko-Plantagenbesitzern und anderen konzidiert man daher, immerhin überhaupt irgendein Interesse zu artikulieren, und sei es auch nur der kritisch gemeinte Aufruf, das "Überleben des Systems" sicherzustellen, gegen das man angeblich antreten will. Bleibt nur noch eins zu tun: die ganz disparaten Anliegen solcher Leute wollen "kombiniert" werden, weil niemand von ihnen auf die Überwindung der linken "Isolation" scharf ist - es aber sein sollte. Das Vorbild für diese lustige Einheit, in der die sehr verschiedenen bis entgegengesetzten Interessen ganz einem höheren Zweck dienen sollen, ohne sich aufzugeben, hat man dem "Sozialistischem Büro" zu Offenbach abgeguckt. Ein Fortschritt ist allerdings auch erkennbar: von der APO wie "a u ß e r parlamentarische Opposition" schreitet auch dieser Teil der Linken zur IPO wie "i n n e r parlamentarische Opposi- tion" fort. 1984 oder so soll eine Partei stehen, mit der man die "Einheit der Linken" auch wählen kann. Ein Wahlkreuz als Beitrag - zum Klassenkampf wird doch wohl eine Schwulenrandgruppe noch zuwegebringen, oder? zurück