Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION IWF-KAMPAGNE - Für humanen Imperialismus
zurück Anti-IWF-KongreßEINE "GERECHTE WELTWIRTSCHAFTSORDNUNG!" = FÜR EINEN IMPERIALISMUS MIT MENSCHLICHEM ANLITZ
Gerade angesichts des mit bebender Stimme aufgezählten Elends in aller Welt, hätte sich - so könnte man meinen - ein kritisch-emp- findsamer Mensch doch mal zu der simplen Schlußfolgerung durch- ringen können: Ich bin g e g e n diese Institutionen! Die gehö- ren weggeputzt, und mit ihnen gleich die - ihnen zugrundeliegende - schöne "Weltwirtschaftsordnung". Einfach mal sagen, diesen Gesellen traue ich nur Übles zu, man sieht ja, wie weit sie es gebracht haben; selbst wenn ich nicht genau weiß, wie sie das machen, so läßt doch das Resultat keinen Zweifel, daß Elend und Verwüstung n o t w e n d i g e r- w e i s e Folgen dieser Weltwirtschaftsordnung sind. Aber nein. Nichts fürchtet ein deutscher Linker so sehr wie Un- glaubwürdigkeit - und die ist für ihn sofort gegeben, wenn er nicht mit Vorschlägen aufwarten kann, wie alles besser zu machen geht. Ein Abgrund an Konstruktivität, nämlich lauter F o r d e r u n g e n a n d e n I W F. Die erste und bodenlo- seste ist die nach mehr S o u v e r ä n i t ä t - des IWF. Allen Ernstes wird ihm der V o r w u r f gemacht, er habe sich zu sehr zum E r f ü l l u n g s g e h i l f e n der "Interessen der Kreditgeber" oder noch schärfer: einer ominösen "Profitlogik" gemacht. Die Tatsache, daß diese Interessen und diese Logik in dieser Weltwirtschaft nun einmal gelten, und zwar ausschließlich, weil sie nämlich die des Kapitals und seiner politischen Garanten sind, wollen die Kritiker ausgerechnet an einer-Agentur des Impe- rialismus u m k e h r e n. Der IWF soll ganz aus sich heraus Kredite vergeben, die überall nur Wachstum und Wohlstand stiften ohne die peinigende Nebenerscheinung der Schuld, also ohne das Profitinteresse des Kreditgebers - kurz: der IWF soll Kredite verschenken. Nur mit einem solchen absurden Wunschdenken verse- hen, kann man zu einer "Kritik" folgender Art gelangen: "Durch ihre rigorose Auflagenpolitik und ihre sogenannten Struk- turanpassungsprogramme sind die führenden westlichen Industrie- länder in entscheidender Weise für die wirtschaftliche Ausbeutung der 'Dritten Welt', für die Verelendung der dort lebenden Men- schen und für die brutale Zerstörung der natürlichen Lebensvor- aussetzungen verantwortlich." (Demonstrationsaufruf) Die "Auflagenpolitik" und die "Strukturanpasssungsprogramme" sol- len also die Übeltäter und der IWF ihr willfähriger Handlanger gewesen sein. Lieber arbeiten diese "Kritiker" mit zutiefst men- schelnden Ü b e r t r e i b u n g e n der moralischen Art, daß es sich nämlich beim IWF um eine "Mörderbande" oder um "gefühllose Bürokraten" handele, als daß sie sich die wirkliche Brutalität einmal vor Augen führen würden: Es handelt sich bei diesen Dingern um die V e r w a l t u n g s m a ß n a h m e n eines eingerichteten Kreditverkehrs. In einer eigentlich schon zynischen Weise konfrontieren moralisch empörte Menschen den Ruin der "Dritten Welt" mit den U m g a n g s f o r m e n des Kre- dits, wenden also ihr zweifelsfrei vorhandenes umfangreiches mo- ralisches Potential für die Forderung auf, eben diese Umgangsfor- men müßten g e ä n d e r t werden. Haben diese Menschen eigent- lich schon mal überlegt, daß die Weltwirtschaftsordnung ohne "Auflagenpolitik" und "Strukturanpassungsprogramme" nicht zu ha- ben ist, umgekehrt ein Herummäkeln an diesen notwendigen Zusätzen nur den Besserungswillen des "Kritikers" aber keine Spur Einsicht verrät? Haben sie - bloß wie! Das Herumdrehen an Kreditmodalitä- ten halten sie einerseits für unabdingbar, andererseits aber auch für z u w e n i g. Während der IWF einen spezifizierten Schul- denerlaß für einzelne Länder ("case-bycase") durchrechnet, trump- fen sie großzügig mit einem "generellen Schuldenerlaß" auf: "Die verhängnisvolle Entwicklung muß gestoppt werden... Ohne Schuldenstreichung kann kein Ausweg gefunden werden. Die Lasten müssen nach dem Verursacherprinzip von denen getragen werden, die dafür verantwortlich sind." (ebd.) Und dann? Dann ist eben ein Schwung Kredit entwertet - was neben- bei ein Börsenkrach letzten Oktober auch lässig hingekriegt hat - , erfreut lacht sich der Kreditgerechtigkeitsfanatiker eins ins Fäustchen, weil die "Verursacher" (freiwillig! ) die "Lasten" ge- tragen haben - und was machen dann die befreiten Schuldner? Selbst diesen alternativen Weltwirtschaftsökonomen ist aufgefal- len, daß sie wohl wieder Kredit werden aufnehmen müssen, der ganze Zirkus selbst bei diesem idealistischen Zaubertrick wieder von vorne beginnt. Selbst ein erlassener Kredit schafft es nicht, nicht vorhandene Geschäfte profitabel zu machen. Das hat die Da- men und Herren IWF-Reformer auf ihre "radikalste" Idee gebracht: Reformieren wir doch gleich die ganze Welt: "Eine Schuldenstreichung allein wird jedoch die Probleme langfri- stig nicht lösen können. Solange die Beziehungen der Völker über den 'freien' Weltmarkt geregelt werden und das Prinzip des größt- möglichen Gewinns das politische und ökonomische Handeln be- stimmt, wird die Kette der wirtschaftlichen Krisen mit ihren ver- heerenden Auswirkungen nicht abreißen... Die Errichtung einer neuen, gerechten Weltwirtschaftsordnung ist unungänglich." (ebd.) Die Idee, es vielleicht einmal ganz ohne Weltwirtschaftsordnung zu versuchen, ist ihnen wesensfremd. Ihr Ideenhaushalt ist so gründlich von dem imperialistischen Z u s t ä n d i g- k e i t s gedanken durchseucht, daß ihnen die Idee gar nicht kommen kann, bei sich d a h e i m den S u b j e k t e n der Weltwirtschaft das Handwerk legen zu wollen. Ist ja auch logisch: Wer am Weltmarkt wirkliche Freiheit vermißt und dem Imperialismus dort nur die Anführungszeichen abspenstig machen will; wer vor Gewinn unbedingt ein "größtmöglich" zu setzen hat; wer das "politische und ökonomische Handeln" durch dieses "Prinzip bestimmt" sieht, also auch ihnen mehr Freiheit wünscht - der befindet sich in tiefer i d e e l l e r E i n t r a c h t mit seiner Herrschaft. Der hat aus der d u r c h g e s e t z t e n A b h ä n g i g k e i t der "Dritten Welt" nicht zuletzt von der BRD genau wie diese Herrschaft den Schluß gezogen, daß man sich dann auch darum k ü m m e r n muß. Bloß etwas andere Formen des Kümmerns sollten es sein. Eine O r d n u n g muß schon sein, auch klar, wer sie macht, aber könnt's nicht vielleicht auch ein bißchen g e r e c h t zugehen? Also ungefähr so wie bei "uns"! Dabei haben "wir" unseren Beitrag zur Gerechtigkeit vorab zu lei- sten, denn wenn es um die Ausgleichung von "U n t e r s c h i e- d e n" geht, dann haben "wir Reiche" eine satte Spende in den Hungerkorb der "Dritten Welt" zu legen. Wenn es mal wieder darum geht, die beliebte Veranstaltung "Ein Tag für Afrika" abzuziehen, dann lassen sich westdeutsche Linke nicht lumpen: Ein wirklich nobelpreisverdächtiges Almosen muß her! Womit die Gerechtigkeit wieder zielstrebig beim Schuldenerlaß angelangt wäre: "Unser Überfluß - Ihr Hunger" behaupten die Grünen und bitten den Staat, doch stellvertretend für all seine Bürger sich großzügig zu erweisen. Denn: "Wir" können uns das leisten, und nie war ein ruhiges bundesdeutsches Gewissen so wertvoll wie heute. ---------------------------------------------------------------- Ein Transparent auf der Demonstration: "Enteignet das Finanzkapital!" Eine interessante Forderung, wenngleich nicht besonders neu. Würde uns nur noch interessieren: W e r macht es - und wer k r i e g t es? Und wer gibt den I n d u s t r i e l l e n dann ihre K r e d i t e? zurück