Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION GRUENE - Alternative - wovon und wozu
zurück Die GRÜNEN diskutieren:"ES GEHT UM DIE FRAGE: WIE MISCHEN WIR UNS DA EIN?!"
28.8.) Mit "da" ist der Irak gemeint bzw. der von den USA angeleitete internationale Militäraufmarsch gegen ihn. D a ß "wir" "uns" da einzumischen haben, steht für die GRÜNEN außer Frage. "Wir" sind zuständig dafür, wie die Staaten am Persischen Golf ihre Konkur- renz regeln. Und daß "wir" den Zuwachs an Land und Leuten, Reich- tum und Einfluß im Ölgeschäft, den Saddam Hussein sich durch die Einverleibung des Scheichtums Kuweit verschaffen will, nicht dul- den können, steht für die GRÜNEN allemal fest. (So was dulden sie nur, wenn es sich 'Wiedervereinigung' schimpfen kann!) Mit "wir" meinen sie übrigens den deutschen Staat. Daß jedermann sich um dessen Anliegen kümmert, als wären es die eigenen, davon gehen auch die GRÜNEN mit der einem demokratischen Politiker eigenen Unverfrorenheit aus. In der Frage, wie der deutsche Staat seinen Einfluß im Irak gel- tend machen soll, haben sich zwei Tabubrecher gefunden und für Streit bei den GRÜNEN gesorgt. Bernd Ulrich, Antje Vollmers Adla- tus, in der TAZ: "Für einen Wirtschaftsboykott Iraks Deutschland als zivile Weltmacht am Golf: Besser Embargo als Mi- litärintervention Die Golfkrise trifft die Bundesrepublik an einem heiklen Punkt ihres Rollenwechsels. Die alte Arbeitsteilung zwischen den USA und der BRD bei internationalen Konflikten geht nicht mehr - "die Amis fürs Gröbste" und wir als ökonomische Bewährungshelfer. Jetzt aber sind die Deutschen erstens eine Weltmacht wie die USA auch und zweitens durch 40 Jahre Demokratie und die demokratische Revolution in der DDR vor der Geschichte und gegenüber der Weltöffentlichkeit normalisiert. Es gibt also von der internatio- nalen Rolle her keine Gründe mehr für eine US-amerikanische In- tervention in Nahost, die nicht gleichzeitig auch für eine deut- sche Beteiligung sprächen. Es reicht auch für die pazifistische Opposition in der BRD nicht mehr, mit bloß hehren Argumenten pazifistischer Unschuld über die Anforderungen an eine Weltmacht hinwegzugehen. ... Genau aus diesem Grund ist eine westliche militärische Inter- vention kurzfristig zweifelhaft, mittelfristig fatal. Je mehr der Westen militärisch eingreift, desto stärker wird der panarabische und der panislamische Gegenreflex sein.... Zu einer Milita- risierung des Konflikts zwischen Islam und Aufklärung darf es nicht kommen. Trotzdem müssen auch wir Deutschen etwas gegen die Invasion der Iraker tun. ... Ein Wirtschaftsboykott wird uns wehtun. Das müssen wir in Kauf nehmen. Tun wir es nicht - wegen Wohlstandsfixierung und Wachstumswahn - dann handeln wir uns nicht nur eine Militarisierung des Konflikts zwischen dem Westen und dem Islam ein, sondern geben auch der fundamental-islamischen Verachtung uns gegenüber neue Nahrung." (Bernd Ulrich in der TAZ vom 11.8.) Keine Frage für Bernd Ulrich, warum "wir Deutsche etwas gegen die Invasion der Iraker tun" müssen: Deutschland ist jetzt eine Welt- macht wie die USA auch. Wie ist es bloß dazu gekommen? Kam da nicht ein ganzer Staat na- mens DDR dazu, dessen Land und Leute incl. der dort stattfinden- den Reichtumsproduktion jetzt der Vermehrung von DM einverleibt wird - etwas, wovon jeder Staatsmann, auch der im Irak, träumt?! Und mit Krieg, zumindest 'kaltem', hat das alles nichts zu tun? Was interessiert das noch einen deutschen GRÜNEN, der sich auf die 'Realität' einstellt! Der Mann bekennt sich einfach dazu, daß er für Deutschland als Weltmacht ist. Und jetzt, wo die "Golfkrise" die BRD "trifft", verlangt er, daß diese Weltmacht den "Anforderungen" an sie auch nachkommt und ihre Macht im Nahen Osten zum Einsatz bringt. Weltmacht zu sein, begründet laut Ul- rich die unwidersprechliche Notwendigkeit, die Pflicht und das Recht der BRD, für Weltordnung zu sorgen. Wie kommt es nur, daß ausgerechnet GRÜNE, die immer für Frieden und Gewaltlosigkeit werben, so felsenfest überzeugt davon sind, daß der Einsatz deutscher Macht gegen den Irak genau das Richtige ist? Deutsche Macht ist eben gut, sagt Ulrich. Sie hat sich qua- lifiziert durch 1. 40 Jahre Demokratie und 2. die demokratische Revolution in der DDR. Demokratie ist eben die erfolgreichste Berufungsinstanz für ge- waltsame Einflußnahme auf auswärtige Staaten. So setzt glatt die "demokratische Revolution in der DDR" den deutschen Imperialismus ins Recht. Und 40 Jahre Demokratie begründen das Recht der Deut- schen, auswärts für Ordnung zu sorgen und verbürgen zugleich, daß diese Ordnung dann unanfechtbar gut ist. W a s in diesen 40 Jahren Demokratie alles so gelaufen ist, irritiert den GRÜNEN da nicht im mindesten in seiner guten Meinung von Deutschland. Daß 40 Jahre Demokratie nicht verhindert haben, daß während dieser Zeit z.B. alle Welt incl. des Irak mit Waffen aus deutscher Pro- duktion versorgt wurde, was die GRÜNEN ja jetzt immer so bekla- gen, kratzt nicht ihren Glauben an die Güte der Demokratie und den angeblich himmelweiten Unterschied zwischen Irak und BRD an. Umgekehrt bestärkt sie jede Schweinerei, die im Namen der Demo- kratie passiert, nur in der Forderung nach noch mehr und nach- drücklicherer Aufsicht von demokratischen Machthabern. So ist auch bei der "Arbeitsteilung" zwischen BRD und USA, die jetzt einfach nicht mehr gehen soll, für sie völlig unerheblich, w o b e i da die 'Arbeit' geteilt wurde. Wenn z.B. in Nicaragua die Bevölkerung dieses Landes mit einem von den USA ausgestatte- ten Krieg terrorisiert wurde, und die BRD mit Krediten und Sper- rung von Krediten den ökonomischen Teil zum Ruin von Land und Leuten beigetragen hat, dann kommt ihnen die zivile Tour der öko- nomischen Erpressung, die bisher die Spezialität des bundesdeut- schen Imperialismus war, glatt wie eine Nichtbeteiligung an dem ordnungsstiftenden Wirken der Weltmacht USA vor. Diesen Zustand will Ulrich beendet sehen. Wo die USA meinen zuschlagen zu müs- sen, da muß die BRD auch zuschlagen. Nicht, weil zwei besser sind als einer, sondern weil sich sonst die Weltmacht BRD in den Augen eines GRÜNEN, der nichts als Verantwortung von ihr ausgehen sieht, blamieren würde. Die speziell gute deutsche Weltaufsicht darf der Welt einfach nicht vorenthalten werden. In der Frage der Wahl der Mittel gegen den Irak plädiert Herr Ul- rich für ein ziviles Eingreifen per Wirtschaftsboykott und gegen militärisches Eingreifen. Bei letzterem erscheint diesem feinsinnigen Nahostexperten der Erfolg im Sinne der un- eingeschränkten Geltung der von den Weltmächten gestifteten Ord- nung (= "Aufklärung"!) einfach zu zweifelhaft. Aber mit zivilem Wirtschaftsboykott mag's gehen. Das sagt der Mann, nachdem die USA längst das größte Militäraufgebot seit dem Vietnamkrieg gegen den Irak in Stellung gebracht haben und etliche andere Staaten mit ihrem Kriegsgerät vertreten sind! Bemerkenswert jedenfalls, wie abgebrüht er die einschlägigen Mittel imperialistischer Mächte nach Effektivitätsgesichtspunkten abwägt. Keine Berüh- rungsängste mit dem Krieg als Mittel der deutschen Weltmacht, so- fern er Erfolg verspricht. So schön findet er die Idee, daß der deutsche Staat und wir alle natürlich mit ihm jetzt mal aller Welt zeigen, wie selbstlos und verantwortungsvoll wir mit unserer Macht für die Einhaltung der bestehenden Weltordnung eintreten, daß er uns schon mal vorab für unseren Egoismus verdammt und uns den islamischen heiligen Krieg als mahnendes Vorbild hinstellt. Sein Kollege und Mitstreiter Udo Knapp, Mitarbeiter der GRÜNEN- Bundestagsfraktion, hält sowohl Wirtschaftsboykott als auch Krieg gegen den Irak für nötig, um den Frieden auf der Welt zu sichern. "Sich heraushalten geht nicht Über die Weltfriedensverantwortung Deutschlands angesichts der Nahostkrise Der Einmarsch von Husseins Truppen nach Kuweit und die anschlie- ßende Annexion verstößt gegen Völkerrecht. Der Vergleich von US- Präsident Bush mit der Krisen- und Eskalationssituation in Deutschland und Europa von 1938 ist zutreffend. ... Deutsche Po- litik in dieser Situation muß sich an folgenden Punkten orientie- ren: 1. Die gemeinsame Haltung der Sowjetunion und der USA in diesem Konflikt schafft die Gelegenheit, eine internationale "Weltpolizei" zu etablieren, die in Zukunft wirksam in den Welt- frieden gefährdende Konflikte eingreifen kann.... 2. Die gegenwärtige Krise in Nahost ist friedensgefährdend für die ganze Welt ... Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sollte die politische Führung und auch die militärischen Maßnah- men beschließen und verantworten. 3. ...Die Reduzierung der deutschen Reaktion auf einen totalen Wirtschaftsboykott muß nach allen Erfahrungen scheitern... Die Befürchtung, der militärische Eingriff der internationalen Trup- pen in Nahost bringe nur alle Fundamentalisten Arabiens in einen Schützengraben gegen den Rest der Welt, ist nicht von der Hand zu weisen, im Kern aber ist das ein Hilfsargument, um der neuen Weltfriedensverantwortung Deutschlands am Ende doch auszuweichen. 4.... Darüber hinaus ist über den Irak zusätzlich ein Wirt- schaftsboykott zu verhängen, der von den jetzt dort internationa- lisierten Truppen auch durchgesetzt werden muß. Sicher ist, daß bloßer Antiamerikanismus in dieser Situation nichts anderes be- deutet, als die aggressive Politik Husseins zu akzeptieren. Das ist letztlich friedensgefährdend." (Udo Knapp in der TAZ vom 11.8.) Laut Udo Knapp geht es im Irak um lauter hehre Ideen und Ord- nungsprinzipien. Der Irak muß bestraft werden, weil er gegen das Völkerrecht und den Weltfrieden verstößt. Nun wüßte man aller- dings mal gern, was eigentlich an einem Verstoß gegen das Völker- recht so verheerend sein soll. Und was an den Rechten, die da den Völkern zugesprochen werden, so unwidersprechlich gut ist. W a s darf denn ein Staat, der sich ans Völkerrecht hält, und was darf er nicht? Dafür sorgen, daß 'der Lebenssaft unserer Wirtschaft' aus seinem Wüstenboden immer hübsch sicher bei uns abgeliefert wird zu Preisen, die unsere Wirtschaft verkraftet, das entspricht offensichtlich dem Völkerrecht. Sobald so ein Staat seinen Status als Öllieferant der kapitalistischen Nationen verändern will mit den Mitteln, die einem Staat dafür gewöhnlich zu Gebote stehen, nimmt er sich was heraus, was in der per Völkerrecht festgelegten Weltordnung nicht vorgesehen ist, gefährdet a l s o den Welt- frieden, ist a l s o ein Irrer. So was kann dem heutigen Deutschland nicht passieren. Das ist nämlich eine Macht, die "Weltfriedensverantwortung" trägt. Und diese Verantwortung macht es laut Knapp ganz unmöglich, sich da "herauszuhalten", weil ein Saddam Hussein nun mal "friedensgefährdend für die ganze Welt" ist. Inwiefern eigent- lich? Was ginge denn kaputt, wenn die Nationen, die alles im Na- men des Weltfriedens tun, sich aus dem Nahen Osten heraushalten würden? Offenbar nichts Konkretes, dafür aber der von ihnen defi- nierte Friede. "Weltfriedensordnung" ist eben das Gegenteil da- von, sich aus allen kriegsträchtigen Konflikten herauszuhalten, nämlich der Anspruch, selber die Bedingungen zu diktieren, an die sich andere Staaten zu halten haben. Das ist dann die "Weltordnung"; und die Nationen, die über die Gewaltmittel verfü- gen, deren Einhaltung zu erzwingen, erteilen sich den Auftrag, für Frieden zu sorgen. Daß dann im Namen des Friedens und des Völkerrechts laufend Kriege fällig sind, macht so einen dauernd gewaltsam hergestellten Frieden offenbar nicht verdächtig, jeden- falls nicht einem U. Knapp, der die Gleichung von überlegener und gerechter Gewalt, von Verantwortung und Macht gefressen hat: Mehr Macht für die Deutschen heißt mehr Weltfriedensverantwortung. Und die bedeutet wiederum: kein Zögern beim Einsatz deutscher Macht- mittel. Zögern hieße nämlich "ausweichen" vor der neuen Verant- wortung und wäre "letztlich friedensgefährdend". Also nichts wie rein in die neue 'Rolle' Weltpolizei und keine Scheu vor dem "militärischen Eingriff der internationalen Truppen". Zwar sind diese GRÜNEN von der Realo-Abteilung noch nicht ganz einig, ob nun Wirtschaftsboykott oder Militäreinsatz oder beides die passende Antwort Deutschlands auf die Politik des irakischen Präsidenten ist, aber die gemeinsame Überzeugung, auf der Seite der gerechten Gewalt zu stehen, läßt bei manchem grünen Turnschuhminister ein gewisses Hochgefühl aufkommen bei der Vor- stellung, wie "wir" Saddam Hussein in die Knie zwingen: "Bernd Ulrich rief er (Joschka Fischer) zu: 'Auch mit der Wirt- schaftsblockade drehst Du ihm sanft und gewaltfrei die Luft ab.'" (TAZ-Bericht vom 30.8.) Die Probleme mit ihrer Glaubwürdigkeit, die diesen GRÜNEN kommen hinsichtlich ihrer Parteinahme für Gewaltfreiheit, Pazifismus und Antiimperialismus bewältigen sie leicht. Sie beweisen ja recht locker, wie gut diese Ideale mit ihrer jetzigen Parteinahme für ganz viel gerechte deutsche Gewalt zusammenpaßt: Gegnerschaft ge- gen den US-Truppenaufmarsch ist "bloßer Antiamerikanismus". Wer so denkt, ist für die Politik Husseins und damit friedensgefähr- dend! "Rupert von Plottnitz, Mitglied der Grünen im hessischen Landtag, erinnert an die Pflicht zum Kampf gegen jedwede Gewaltherrschaft, die nun im Widerspruch zur pazifistischen Überzeugung zu geraten drohe. Doch trotz des "westlichen Legitimationsdefizits" - siehe Panama, Grenada, Libanon - könnten alte Imperialismustheorien nicht darüber hinwegtäuschen, daß es historische Situationen ge- ben könne, in denen 'Gewaltlosigkeit nicht mit Gewaltlosigkeit zu verteidigen sei.'" "Auch grüner Pazifismus mache sich unglaubwürdig, wenn er der Frage der Sanktionsgewalt ausweiche." (Joschka Fischer laut Taz- Bericht vom 30.8.) Gewalt um der Verhinderung von Gewalt willen: solch ein Widersinn geht Leuten leicht von den Lippen, die zwischen gerechter und ungerechtfertigter Gewalt zu unterscheiden gewohnt sind. So gut haben diese GRÜNEN ihre Lektion in Sachen Gewaltmonopol gelernt - Gewaltlosigkeit wäre verantwortungslos, weil sie nur die Augen vor ungerechter Gewalt verschließt und diese dadurch befördert -, daß sie sie jetzt ebenso selbstgerecht jedweder potentiellen Op- position entgegenhalten, wie früher die CDU und SPD ihnen. So sind die Grünen nun endgültig reif für die große Politik. Sie wissen jetzt, wie sich Frieden buchstabiert: wer Frieden will, muß anderen die Anwendung von Gewalt verbieten können, was unter- stellt, daß er die entsprechenden Mittel hat. Und die größte Friedensbewegung, das hat der deutsche Bundeskanzler schon immer gesagt, ist die NATO. Die setzt Gewalt ein, um zu verhindern, daß andere sie anwenden und damit den Weltfrieden stören. All dem geben die GRÜNEN recht. Sie sind ja auch so einig mit der staatlichen Definition des 'Störers'. Von dem Standpunkt aus, daß gegen den Irak jedes Mittel recht ist, kriegen die GRÜNEN auch keine Bauchschmerzen dabei, die umfassende Kriegsvorbereitung der USA zu begrüßen. Und die letzten Invasionen des Weltpolizisten USA in Panama, Grenada, Libanon - im Lichte der jetzt so gerech- ten Invasion gegen Irak entdeckt ein Plottnitz da allenfalls Le- gitimationsdefizite. Sie irritieren ihn weder in seiner idylli- schen Charakterisierung der imperialistischen Weltordnung als "gewaltlose Zustände", die manchmal nicht mit Gewaltlosigkeit zu verteidigen gingen, noch in seiner guten Meinung von den USA: bei den letzten US-Kriegen haben die Amis eben nur an ihre nationalen Interessen gedacht. Jetzt beweisen sie den GRÜNEN, daß sie - trotz aller Abweichungen - die eigentlich bessere Weltfriedens- macht sind, für die die GRÜNEN sie halten. Den verstaubten Vor- wurf des Imperialismus kann Plottnitz da nur noch für den Irak gelten lassen. Gegen diese Positionen gab es innerhalb der GRÜNEN einigen Pro- test. Udo Knapp wurde gar "Kriegstreiberei" vorgeworfen. Aller- dings merkt man schon an den Argumenten, mit denen sich die Ange- griffenen verteidigen, daß der Streit einer um das nötige Maß an grüner Heuchelei war: Ob man nun "Weltmacht" sage oder von "großer Verantwortung" Deutschlands rede, sei ihm egal, das sei bloße Wortspielerei. Auf jeden Fall habe die deutsche Politik jetzt eine größere Reich- weite und damit auch eine qualitativ neue Verantwortung. "Davor drückt sich die gesamte Opposition von der SPD bis zu den GRÜNEN. (Bernd Ulrich in Frankfurt) "Udo Knapp, Mitarbeiter der grünen Bundestagsfraktion in Bonn, wehrte sich gegen Vorwürfe, er sei "ein Kriegstreiber"... Auch wenn das demnächst vereinte Deutschland "beileibe keine selbstän- dige Weltmacht" sei, stelle sich die Frage ihrer weltweiten Ver- antwortung jetzt neu.... Deshalb sei eine "deutliche Antwort der zivilisierten und demokratischen Welt" erforderlich. Ob als "Weltpolizei" oder "bewaffnete Friedenstruppen", die Großmächte müßten im Rahmen der UNO Demokratie und Menschenrechte überall verteidigen - "oder wie soll man sonst so einen Verrückten aufhalten?", rief Knapp in den Saal. Auch ein Wirtschaftsembargo funktioniere nicht ohne militärische Aktion." . Angegriffen wurde die Rede von Deutschland als Weltmacht, was schon deswegen nicht stimme, weil Deutschland in EG und NATO ein- gebunden sei; die Rede von der Weltpolizei und das Plädoyer für militärische Aktionen gegen den Irak. Vermißt wurde die für GRÜNE unabdingbare Verantwortungsheuchelei. Insofern haben die Ange- griffenen recht mit dem Hinweis, daß die ja nun wirklich leicht zu haben ist, und sie haben ja auch bewiesen, wie. Was die militärische Aktion betrifft, so ist die offizielle Posi- tion der GRÜNEN strikte Ablehnung - jedenfalls solange die "Beschlußlage der UNO" so ist. Die, das teilen die GRÜNEN der Öffentlichkeit freundlicherweise mit, "begrüßen" sie nämlich aufs schärfste. "Die GRÜNEN begrüßen die raschen und konsequenten Boykottbe- schlüsse des UNO-Sicherheitsrats gegen den Irak. In der UNO muß auch das weitere Vorgehen in diesem Konflikt koordiniert werden. Wir lehnen das Säbelrasseln der USA und ihrer Verbündeten und ihre kriegsträchtige militärische Interventionspolitik ab. Sie steht nicht im Einklang mit der UNO-Beschlußlage. Die Hand- lungsalternative heißt nicht militärisches Eingreifen oder Ap- peasement. Der hochverschuldete Irak muß durch ein konsequentes und allumfassendes Embargo in die Knie gezwungen werden. Die GRÜ- NEN lehnen jedes militärische Eingreifen der Bundesmarine im Per- sischen Golf ab. Ein solches Eingreifen wäre grob verfassungswid- rig. Dahinter steht der Versuch der Bundesregierung, als Junior- partner der USA Weltmacht zu spielen und den Boden für künftige Eingreifaktionen zu bereiten.... Wir sagen nein zu Grundgesetzän- derungen mit dem Ziel, Deutschland die Rolle eines Hilfssherrifs der USA zu ermöglichen." (Resolution des Bundeshauptausschusses vom 18.8.; TAZ vom 28.8.) Also Einigkeit in der Sache: die Politik des Irak muß unbedingt bestraft werden, aber bitte von der UNO. Warum legen sie bloß darauf soviel Wert? Warum ist der Militäraufmarsch der USA und ihrer Verbündeten das eine Mal "Säbelrasseln" und das andere Mal, als durch den UN-Sicherheitsrat gebilligtes Vorgehen, schwer in Ordnung (die UNO-Beschlußlage hat sich ja seit dem 18.8. in die- ser Frage dem "Säbelrasseln" der USA angepaßt)? Wissen die GRÜNEN nicht, daß die Nationen, die in der UNO die Beschlußlage bestim- men, dieselben sind wie die, die die Lage am Persischen Golf be- stimmen? Wissen werden sie das schon, und sie haben ja auch so- wieso keinen Einwand dagegen, daß der irakische Staat in die Knie gezwungen wird. Aber offenbar möchten sie nicht auf den morali- schen Schein verzichten, es handle sich dabei nicht um die Durch- setzung eines staatlichen Interesses gegen ein anderes, sondern, weil international, um irgendwas unwidersprechlich Gutes. Ihr 2. 'Einwand' gegen militärisches Zuschlagen ist ähnlich über- zeugend: ist nicht nötig. Der Irak ist doch ökonomisch so abhän- gig von 'uns', daß 'unsere' Erpressungsmittel hinreichen, um das gewünschte Resultat zu erreichen. Diesen Hinweis werden die Amis und die UNO sicher beherzigen und das in Stellung gebrachte Mili- tär nur einsetzen, wenn es nötig ist. Bleibt noch die deutsche Beteiligung am militärischen Aufmarsch in Persischen Golf. Da hilft den GRÜNEN schon wieder die "Beschlußlage": das wäre verfassungswidrig. Ein mutiger Einwand mitten in der Diskussion, daß es ja wohl an der Zeit ist, die Verfassung in diesem Punkt zu ändern, wogegen sich die GRÜNEN im übrigen auch gar nicht sperren - unter einer Bedingung: nicht, damit Deutschland dann den Hilfssherrif oder Juniorpartner der USA spielt. Da seien die GRÜNEN vor. Dafür ist ihnen Deutschland dann wohl doch schon zu sehr Weltmacht oder besser Weltverant- wortungsmacht! "Doch auch Gegner von Vollmer und Co. wollen ernsthaft über die Frage diskutieren, ob sich die Deutschen an militärischen Aktio- nen beteiligen sollten. Solch ein Bruch mit pazifistischen Über- zeugungen, so die verbreitete Meinung, wäre allenfalls möglich mit der Legitimation eines Uno-Auftrags, keinesfalls aber in der Rolle des selbsternannten Weltpolizisten oder als Hilfssheriff der USA." (SPIEGEL Nr. 36, 3.9.) zurück