Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION GRUENE - Alternative - wovon und wozu
zurückDER GRÜNE "WAHNSINNSERFOLG"
1. Die Partei der Grünen hat ihrem Programm mit über 40 Abgeordneten Sitz und Stimme im Bundestag verschafft. Damit hat sie etwas Wichtiges erreicht. Den oppositionellen Anliegen, die sie ver- tritt, hat sie parlamentarische Anerkennung verschafft. Bei Parolen wie "Raus aus der NATO!", "AKWs abschalten!" oder "Sanfte Chemie!" handelt es sich ab sofort weiterhin um die ehrenwerten Beiträge einer parlamentarischen Minderheit, die ein abgrundtie- fes Recht auf alle parlamentarischen Rechte hat. G e g e n man- ches zu sein, was die Regierung "weiter so" machen wollte, das geht seit dem 25.1.87 als eine 8,3%ige Meinung i n O r d n u n g. Die oppositionellen Anliegen, die niemand anders als die Grünen v e r t r e t e n will, s i n d vertreten, an höchster Stelle, und damit e i n g e o r d n e t, in die Ökono- mie der demokratischen Macht nämlich. Sie haben ihre Würdigung weg - als Anzahl parlamentarischer Gegenstimmen, gegen die die Regierung recht behält, weil sie mit der Mehrheit die Macht h a t und das Recht s e t z t. Die parlamentarische Repräsen- tation des Protests ist der abschlägige Bescheid: Als M i n d e r h e i t s v o t u m ist er anerkannt. Das ist die "Wahnsinns"-Leistung des Parlamentarismus: Ganz demo- kratisch läßt die Opposition, das Aufmachen von Gegensätzen gegen die herrschende Politik, sich dazu verurteilen, den o h n m ä c h t i g e n Widerpart zum wiedergewählten "Weiter so, Deutschland!"-Kanzler herzugeben. Wenn die Abgeordnete Kelly diese Rolle als die Macht mißdeutet, der Regierung in den Arm zu fallen - "Jetzt werden wir(?) Wackersdorf nicht bauen!" -, so er- füllt das den Tatbestand der Dummheit oder der Lüge. Als Verlie- rer anerkannt zu sein. Dieses interessante Schicksal des grünen Protests dauert jetzt erst einmal wieder vier Jahre. Dann sieht man weiter - bei den nächsten Wahlen. 2. Natürlich wissen die Grünen um ihren Mißerfolg: Die "Katastrophenregierung" Kohl macht weiter. Das hindert die grüne Partei aber genauso wenig wie die F.D.P. daran, ihre 8,3% als "Wahnsinnserfolg" zu feiern. Also wird es ihnen auch darum gegan- gen sein, ein bißchen mehr in die beneidete Rolle der F.D.P. hin- einzuwachsen; sich als parlamentarische Minderheit im Bonner po- litischen Geschehen einzunisten; sich keinen Ausschußsitz und keinen Vizepräsidentinnenposten mehr vorenthalten zu lassen - das haben sie alle gleich als ihren wichtigsten Anspruch angemeldet - ; eine Nummer im parlamentarischen Intrigen-, Verhandlungs-, Ab- stimmungs-, irgendwann vielleicht sogar Koalitionsgeschäft zu werden. Den Erfolg haben sie. Herzlichen Glückwunsch! 3. Zu ihrem eigenen Programm und zu ihren Wählermassen stellen sich die grünen Abgeordneten längst so, wie es sich vom Parlaments- zweck her gehört. Sie beherrschen die Übersetzung ihrer paar Parolen in das jeder Partei geläufige Selbstlob, sie besäßen ein unverwechselbares P r o f i l, das "dem Wähler" fast schon mehr Eindruck gemacht hätte als der "sinnentleerte Wahlkampf der C- Parteien". Sie kalkulieren mit den Leuten als "Wählerschichten", die man nicht von politischen Fehlern abbringen, sondern - so wie sie "nun einmal" sind - betören und gewinnen möchte. Dabei täu- schen sie sich sogar noch darin, daß sie im Unterschied zu den anderen über einen garantiert festen "Wählerstamm" verfügen wür- den. Mit den Konkurrenzparteien konkurrieren sie um deren Ideale, stellen sich als die denkbar besten Idealisten sämtlicher höheren Werte dar, die wohlerzogene demokratische Untertanen ihren Poli- tikern zwar kaum glauben, aber zugutehalten und durchgehen las- sen. Liberaler als Bangemann, christlicher als Geißler, sozialer als Rau und mit noch mehr menschlichem Antlitz wollen sie sein (Beckmann), jede Menge "Sinn der Arbeit und Sinn des Lebens" herbeischaffen (ausgerechnet Schily) und das Vaterland von jedem primitiven Nationalismus säubern (Ditfurth). Das gibt eine klare Orientierung. Auf die nächsten Wahlen nämlich, auf die die Grünen wie alle Parteien sich ab sofort entschlossen vorbereiten. Von einem Wahlkampf zum nächsten: Das ist die Wahrheit des grünen Ideals von "Basisdemokratie" 6. I h r e m Programm und ihren Idealen bleiben die Grünen damit durchaus treu. Mit ihren Wünschen nach einer wohnlicheren Heimat haben sie keinen der kapitalistischen "Sachzwänge" und keines der "Probleme", die die Politik sich damit macht, kritisiert - son- dern versprochen, in bewahrendem Geiste mitzumachen und "die Pro- bleme" lösen zu helfen. Auch sie sehen das Alter als Rentenpro- blem, Deutschlands Feindschaften als Sicherheitsproblem, die Fortschritte kapitalistischer Menschenbenutzung als Arbeitszeit- problem, die Wirkungen eines geschäftsmäßigen Naturverbrauchs als Umweltbeaufsichtigungsproblem, den Staatsreichtum als Steuerge- rechtigkeitsproblem usw. Und mit ihrer Verachtung der regierenden Figuren haben sie nie deren Amt, und was es verwaltet, kritisiert - sondern mehr "Seid nett zueinander" und einseitige geistige Ab- rüstung ausgerechnet an den Stätten der staatlichen Gewalt ver- sprochen. Ihre Höhepunkte durchleben sie, wenn Schily dem Kanzler eine Falschaussage nachweisen kann. So gesehen haben die Grünen nie etwas in Aussicht gestellt, was 41 Parlamentarier nicht tatsächlich bestens erledigen können. Ein bunteres Parlament und die alternative Bestätigung, daß die Po- litik mit ihren großzügigen Sorgen ums ganze Deutschland schon grundsätzlich richtig liegt: Das hat der Wähler vom grünen Er- folg. zurück