Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION GRUENE - Alternative - wovon und wozu
zurück
Die Grünen
OTTO SCHILY - EIN ÜBERZEUGUNGSTÄTER
Wenn der Staat die jüngsten RAF-Aktivitäten dazu hernimmt, den
Übergang zur Gleichsetzung Kritik = "Terrorismus" auf die öffent-
liche Tagesordnung zu setzen, dann diskutieren die Alternativen
öffentlich ihr Verhältnis zur Gewalt. Und das auch noch als
Streitgespräch für den "Spiegel".
Zwei Frauen aus der grünen Fraktionssprecherriege verspüren in
sich die moralische Verpflichtung, etwas gegen die "unheimliche
Eskalation der Gewalt" zu tun: Sie schreiben den inhaftierten
RAFlern einen Brief und bieten diesen ein Gespräch an mit dem
Zweck,
"gerade gegenüber den RAF-Gewalttätern den Weg der Gewaltfreiheit
zu dokumentieren." (A. Vollmer)
Die demonstrative Bekundung von Christa Nickels und Antje Voll-
mer, es sei doch wohl ein Gebot christlicher Toleranz, sich auch
mit Terroristen über deren Motive auseinanderzusetzen, hat wieder
einmal das grüne "Staatsverständnis" in die Schußlinie gebracht.
Es war freilich nicht nur der Bayernkurier, der die Gelegenheit
beim Schopf gepackt hat, den Grünen Komplizenschaft mit dem Ter-
rorismus nachzusagen. Die Grünen, selbst haben selbige Grundsatz-
debatte angezettelt und vor aller Öffentlichkeit ihre Staatstreue
überprüft.
Der Maßstab, an dem sich die Grünen ab sofort selber zu messen
gedenken, ist nachzulesen in dem Streitgespräch, das der grüne
Oberstaatsanwalt Otto Schily in der SPIEGEL-Redaktion mit einer
der beiden Briefschreiberinnen führen durfte:
"Die Grünen dürfen überhaupt keinen Zweifel daran lassen, daß sie
das Gewaltmonopol des Staates anerkennen - für mich die Voraus-
setzung für eine demokratisch-rechtsstaatliche Ordnung, für den
Wettbewerb politischer Meinungen."...
"...wir verdanken den Polizeibeamten eine Menge Frieden in diesem
Land."
"...die Strafverfolgung wegen Vergewaltigung, wegen Umwelt- und
Wirtschaftskriminalität - auch ein Flick-Verfahren - sind ohne
Polizei gar nicht möglich."
"...die Partei muß in der Frage, wie sie sich zum Staat verhält,
zur Polizei und zum Gewaltmonopol, erst noch einen Klärungsprozeß
vollziehen."
"...der Grundkonsens, daß gesellschaftliche Konflikte in staat-
lich geregelten Bahne auszutragen sind, darf nicht angetastet
werden."
"Wenn wir aber den Konsens über das staatliche Gewaltmonopol in
Frage stellen, kommen gefährliche Entwicklungen in Gang... Dieje-
nigen, die romantische Vorstellungen haben... müssen Begriffe in
ihren Köpfen klären." Usw. usf. (Alles O-Ton O. Schily)
Bevor einer in diesem unserem Lande das Maul aufreißen darf, hat
er sich zuallererst einmal die Gretchenfrage vorzulegen, wie er
es denn mit dem Respekt vor dem staatlichen Gewaltmonopol hält -
so belehrt der Staranwalt der Grünen seine Parteikollegen. Ganz
egal, worin die Unzufriedenheit besteht, die jemand zu äußern ge-
denkt - wer seine Kritik nicht ausdrücklich als konstruktiven
Verbesserungsvorschlag deklariert, wie die Aufgaben der staatli-
chen Gewalt besser und wirksamer ausgestattet werden könnten, ist
verdächtig und muß sich die angesichts von Kritik schon reichlich
absurde (Rück-) Frage gefallen lassen, ob er denn überhaupt DAFÜR
ist. Schily führt hier exemplarisch die Methode vor, die ord-
nungsbeflissene Demokraten aus dem Effeff beherrschen: Sie defi-
nieren jegliche Äußerung von Unzufriedenheit sofort als prinzi-
pielle Bezugnahme auf jene Sorte Gewalt, die für sich jederzeit
unbedingte Gültigkeit beansprucht, und legen sie auf die saubere
Alternative fest: Bist Du für das staatliche Gewaltmonopol oder
am Ende gar ein Gewalttäter? Die Gewaltfrage, die Schily seinen -
wohlgemerkt lammfromm-christlichen - Fraktionskolleginnen meint
präsentieren zu müssen, ist also gar keine Frage, sondern eine
fix und fertige Antwort; und zwar eine Antwort, die Überzeu-
gungstätern in höchsten Staatsdiensten gut zu Gesicht steht: Ge-
walt? Aber immer, sofern sie von den Vollzugsorganen der staatli-
chen Monopolgewalt ausgeübt wird - in Wahrnehmung ihres verfas-
sungsmäßigen Auftrags, versteht sich:
"Die Terroristen haben sich selber aus dem politischen Diskurs
entfernt. Deshalb ist nicht zuletzt... die Härte des Staates
gefordert." (Schily)
Und natürlich ist Otto Schily nicht einfach so für Gewalt. Wie
Helmut Kohl kennt er gute Gründe für sie:
- Die Polizei stiftet Frieden - zweifellos ein feines Verdienst.
Man muß bloß vergessen, daß all die schönen "Konflikte", die un-
sere "Freunde und Helfer" in Grün mit den ihnen eigenen Methoden
zu "schlichten" pflegen, gerade darauf beruhen, daß eben jene
höchste Gewalt namens Gewalt m o n o p o l mit der Verpflichtung
aller auf das Eigentum gewisse Interessensgegensätze überhaupt
erst produziert.
- Das Gewaltmonopol sichert den "Wettbewerb politischer Meinun-
gen" - Polizei, Bundesgrenzschutz, Bundeswehr und ein ganzes Ge-
setzeswerk, das jede nur erdenkliche Lebensäußerung unter die
staatliche Gewalt subsumiert, das alles soll deswegen "erfunden"
und eingerichtet worden sein, damit z.B. Schily und die Seinen
friedlich an der parlamentarischen Parteienkonkurrenz teilnehmen
können?!
- Ohne Polizei kein Verknacken von Sex-, Umwelt- und Steuer-
schweinen, ja das Allerschlimmste: ohne Polizei kein Flick-Unter-
suchungsausschuß! Also ohne Polizei kein Otto Schily, der dank
Flick öffentlichkeitswirksam für ein sauberes deutsches Gemeinwe-
sen eintreten kann. In der Tat: Das wäre wirklich undenkbar!
zurück