Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION FRIEDENSBEWEGUNG - Von Waffen und Moral
zurück Dortmunder Hochschulzeitung Nr. 47, 17.10.1984 Friedenskongreß der PlanerEIN TRAUERSPIEL
Letztes Wochenende tagte an der Uni Do ein "Kongreß Planerinnen und Planer für Frieden und Abrüstung". Die zum großen Teil von auswärts angereisten ca. 100 Teilnehmer hatten es sich zum Ziel gesetzt, auch ihren Berufsstand bzw. Studienbereich in die Reihe der schon existenten Initiativen "Ärzte, Naturwissenschaftler, Philosophen etc. ... für den Frieden" einzubringen. Und so liefen die Debatten denn auch nach dem bekannten Muster ab: im Namen des eigenen Berufsethos bzw. -ideals wurden die in der BRD laufenden Kriegsvorbereitungen a l s i l l e g i t i m angegriffen. Alexander Schubert aus Frankfurt hielt ein Eingangsreferat, das den passenden ideologischen Backround lieferte: praktisch lau- fende Kriegsvorbereitungsprogramme der NATO in der BRD nahm er als Beleg dafür, daß die offizielle Verteidigungs- und Abschrec- kungsdoktrin, die BRD-Politiker nach wie vor vertreten, nicht eingehalten werde, daß stattdessen eine neue "aggressive" Linie verfolgt bzw. von den Amis durchgeboxt werde. Eine - es tut uns leid! - grundverkehrte Betrachtungsweise dies, mit der man sich hartnäckig weigert, einzusehen, daß die Bonner Verteidigungsdok- trin schon immer als das Kriegsprogramm gegen das östliche Un- rechtssystem gemeint war, welches die aktuellen Rüstungsanstren- gungen endgültig bis zum Stadium der erfolgreichen Abwicklung voranbringen wollen, weil man es einfach nicht glauben mag, wie bitterernst es demokratischen Republiken mit ihrem obersten Ziel ist, die westliche Freiheit auf der ganzen Welt zu verankern (vergl. den Artikel zu "Air Land Battle"!). Den Planern kam es dann darauf an, diese "Ich-will's-nicht-glau- ben!" - Argumentationslinie im Sinne einer "berufsbezogenen Frie- densarbeit" zu "konkretisieren". Man widmete sich der Entlarvung einer Vielzahl militärischer Aspekte im Bereich der eigenen Be- rufstätigkeit - von Atombunkerbau, militärischer Regionalplanung, Katastrophenschutz und Evakuierungsplänen, militärischer Ver- kehrsplanung etc. war die Rede - wobei der Witz dieser Entlarvung nicht in der Aufklärung über bisher nicht bekannte Details lag, sondern in der Art und Weise ihrer Beurteilung: "Die Militarisierung unseres Landes nimmt immer verheerendere Ausmaße an. Immer häufiger werden wir, als Raum-, Stadt-, Regio- nal- und Landesplaner und -planerinnen, als Verkehrs-, Umwelt- und Landschaftsplaner und -planerinnen mit der Tatsache konfron- tiert, daß zivile Entwicklungsprojekte durch das Primat der mili- tärischen Nutzung des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland verhindert, behindert oder verteuert werden. Wälder werden abge- holzt, Naherholungsgebiete werden zerstört, Trinkwassergewin- nungsgebiete werden gefährdet..." (Resolutionsentwurf) Sogar noch in sehr moderater Form (lediglich das "Ausmaß", das "Primat" der Militarisierung wird kritisiert) beklagt man sich darüber, daß die laufende Kriegsvorbereitung jenen schönen "zivilen" Projekten in Stadt und Land, zu denen man sich bekennt, nicht gut bekomme. Ein sehr merkwürdiger Vorwurf: als ob es nicht in der Natur der Sache - Kriegsvorbereitung bzw. Kriegsführung - läge, daß dabei einiges zuschanden wird; als ob es nicht sehr lo- gisch wäre, daß ein kriegsbereiter Staat wie unsere BRD neue Prioritäten setzt, bisherige "zivile" Vorhaben anders kalkuliert und dabei die Schädigung von Leuten und Land bewußt in Kauf nimmt. Ein Vorwurf, der also überhaupt nur Sinn macht, wenn man als Planer so sehr an die menschheitsdienlichen Aufgaben seines staatlichen Auftraggebers glauben will, daß man noch und gerade dann, wenn man das Gegenteil feststellen muß, die wohlwollende Deutung verficht, der Staat v e r s a g e vor seinen eigenen politischen Erfolgskriterien. Ein solcher Vorwurf kommt darüber- hinaus nur dann zustande, wenn man sich schon vorher b l i n d g e s t e l l t hat gegenüber dem, was den tatsächlichen Charak- ter jener "zivilen" Abteilung von Raum- und sonstiger Planung ausmacht. Wenn der "Militarisierung" des Planungswesen das Glau- bensbekenntnis des guten Planers entgegengehalten wird - "Als Planerinnen und Planer arbeiten wir an der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Bevölkerung und fühlen uns deshalb verpflichtet, über den Charakter der Aufrüstung und ihre gefährlichen Auswirkungen auf die soziale, ökologische und räum- liche Entwicklung zu informieren" (ibid.) -, dann zeigt dies, wie wenig sich Planer Rechenschaft darüber ablegen wollen, wofür sie in ihrem Beruf tatsächlich eingespannt werden. Daß es um "das Wohl der Bevölkerung" gehe, wenn Städte saniert oder Straßennetze gelegt werden, das kann doch nur be- haupten, wer die staatlichen Maßstäbe und Kriterien solcher Akti- vität - die Konkurrenzfähigkeit der Geschäftemacher soll - auf keine infrastrukturellen Schranken stoßen, die dabei anfallende Existenznot der arbeitenden Bevölkerung soll so billig wie mög- lich verwaltet werden - vor lauter Berufsidealismus glatt überse- hen möchte oder gar so sehr "Realist" ist, daß er das was staat- licherseits gemacht wird, schlicht als das einzige "Wohl" auf- faßt, das den Leuten zusteht. Wer demgegenüber festhielte, daß das ganze Planen einzig kapitalistischen Staatsinteressen dient, wer die gute Meinung über seinen Berufsstand fahren ließe, der würde rasch bemerken, daß der behauptete Gegensatz zwischen zivi- ler und militärischer Planung nicht existiert: eben der Staat, der Trinkwasserversorgung wie Grünflächen schon immer als Voraus- setzung einer knallharten Mobilisierung der Leute für seine Wirt- schaftskraft projektiert hat, stellt diese Dinge dann sehr folge- richtig in Frage, wenn er seine Macht nach außen behaupten und ausbauen möchte... Hiervon war der Planer-Kongreß nun allerdings meilenweit ent- fernt. Im krampfhaften Bemühen, staatliche Vorhaben unter Beru- fung auf das eigene Berufsideal für politisch verfehlt zu erklä- ren, kam man gar nicht zufällig zu sehr bornierten, ja zynischen Argumenten und Einfällen. Da wurde der "Schutz der Umwelt" zum höchsten Gut erklärt - Flurschäden bei Militärmanövern, abge- holzte Wälder infolge militärischer Bauprogammme und die Gefahr zertrümmerter Städte im Kriegsfall rangieren, durch die Berufs- brille betrachtet, lässig vor allen Schädigungen der Leute selbst, wenn Planer das Lamentieren anfangen. Beim Thema "Schutz- raumbauten" wurde nicht der Zynismus einer Kriegsplanung angegriffen, die für den Sieg das Leben der Untertanen als "notwendige Kosten" verbucht, vielmehr war den Referent eifrig bemüht, die technischen Probleme sicherer Schutzanlagen, die riesigen finanziellen Kosten, einen nicht vorhandenen Impuls für den Baumarkt (auch das noch!) u.ä. zu beklagen, um dann vor allem deshalb die Forderung nach mehr Schutz zurückzuweisen, weit die Ablehnung der Bevölkerung gegenüber dem Krieg sinken könnte (als ob sich die Kriegsplaner vom Kriegswunsch derer abhängig machen würden, denen im Falle des Falles der Einberufungs b e f e h l ins Haus gesandt wird!). Einen kongreßtypischen Höhepunkt an Dummdreistigkeit markierte folgende Idee des von Dr. H. Bömer als Militärexperten hochgelob- ten Raumplanungsstudiosus O. Achilles: wenn es schon staatliche Regelungen für den Kriegsfall gebe, die Botanische Gärten oder Kunstsammlungen als "Kulturgut" unter einen besonderen Schutz stellen (was ja 1. einiges über die Brutalität eines Staatswesens besagt, dem die Insignien staatlicher Würde durchaus schutzbe- dürftiger erscheinen als das Leben eines gemeinen Bürgers, und wovon 2. klar sein sollte, daß solche Schutzklauseln nie und nim- mer als Absage ans Kriegführen gemeint sind, auf das hin sie ja schließlich berechnet sind!), dann wäre es doch eine prima Aktion zu fordern, z.B. die Stadt Dortmund samt Einwohnerschaft solle in die Liste "schutzwürdiger Kulturgüter" aufgenommen werden - das sei dann außerdem "amtlich", also sicherer als die fiktive Ausru- fung atomwaffenfreier Zonen. Sprach's - und erntete noch nicht mal ein Gelächter, geschweige denn Pfiffe. Soll er sich doch als Pandabär anerkennen und mit Steiff-Marke am Ohr versehen lassen, der Götterknabe, dann wird's schon klappen mit seiner "Sicherheit", wenn es knallt... Was hat der Kongreß gebracht? Nichts als die traurige Gewißheit, daß die kriegsplanenden Instanzen von solchen kritischen Intel- lektuellen nur eins zu gewärtigen haben: die beleidigte Be- schwerde, daß es für den Kriegsfall doch schade wäre um die schöne Berufstätigkeit von Planern - und um deren geballte Ladung an Bereitschaft zum konstruktiven Mitarbeiten am Modell Deutsch- land. zurück