Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION FRIEDENSBEWEGUNG - Von Waffen und Moral
zurück Dortmunder Hochschulzeitung Nr. 28, 26.10.1983 Ein trauriges Lehrstück:FRIEDENSBEWEGTE UNTER CDU-PROPAGANDA-BESCHUSS - RATLOS!
Wie untauglich und schädlich es ist, Kritik an der unbedingten Entschlossenheit bundesdeutscher Politiker, das hiesige Territo- rium mit überlegenen Raketensystemen vollzustellen, damit zu ver- wechseln, die Verantwortlichen mit dem geballten Friedenswillen ihres Volkes zu konfrontieren, an dem sie sich ein Vorbild nehmen sollten, zeigte sich prototypisch auf einer Podiumsdiskussion der Fachhochschule während der Friedenswoche! Man stelle sich vor: Auf einer Veranstaltung, die ausdrücklich gegen die Aufrüstungskampagne der CDU ('10.000 Friedenstage') Front machen sollte, tritt eine hergelaufene CDU-Lokalgröße auf, erzählt 2-3 Argumente, die er vorher in einer CDU-Propagandabro- schüre nachgelesen hatte, und - kann damit auch noch Punkte ma- chen. Der Mann erzählte den versammelten Friedensfreunden ungefähr fol- gendes: "Die Friedensbewegung braucht keine Angst vor der NATO-Nachrü- stung zu haben, die den Frieden sicherer macht. Und zwar schon deshalb nicht, weil sich nicht mal die Sowjets durch die Pers- hings bedroht fühlen. Nicht vor NATO-Waffen haben die in Wahrheit Angst, sondern vor der FREIHEIT!" Weder redet der Typ Blabla, noch täuscht er sich über strategi- sche Probleme, noch hat er "Kreide gefressen", um die Aufrüstung in harmlosem Licht erscheinen zu lassen. Es ist viel schlimmer: er hat ganz dick gelogen und doch die harte Wahrheit westlicher Friedens-Freiheits-Raketenpolitik kundgetan. Was will nämlich ein Politprofi sagen, wenn er etwas behauptet, wovon jedermann - er selbst am allerbesten - weiß, daß es - wörtlich genommen - purer Unsinn ist: n i c h t die Pershings, s o n d e r n die Frei- heit würde Moskau zusetzen? Wo doch die westlichen Herrschafts- und Geschäftsprinzipien - und nichts anderes ist doch der Inhalt von "Freiheit" - nie ohne Gewalt zu haben sind; weder nach innen, noch nach außen und erst recht nicht, wenn es gegen ein ganzes System geht, das mit seinen Untertanen anders umspringen möchte. Daß Moskau "letztlich" nicht Raketen fürchtet, sondern die Frei- heit - sowas behauptet nur jemand, der das R e c h t des west- lichen Herrschaftssystems, überall auf der Welt nach eigenen Maß- stäben herumfuhrwerken zu dürfen, so hoch und heilig achtet, daß er d e m (letzten) Gegner dieses totale Anspruchs und Pro- gramms, der Sowjetunion ein insgeheimes Wissen (und daher "schlechtes Gewissen") zuschreibt, daß es sie eigentlich nicht geben dürfe, das sie dem Ziel von Menschheit und Geschichte - der FREIHEIT des Imperialismus - im Wege steht. Der Westen hat einen ehernen "guten Grund", den Eisernen Vorhang zu zerschlagen; der Osten weiß dies; westliche Waffen sind historische Vollstreckuns- beamte dieser historischen Mission; der Sieg steht fest, weil er "gerecht" ist... Das will ein CDU-Propagandist gesagt haben; und deshalb braucht in seinen Augen niemand Angst vor dem Krieg zu haben!! Denn der muß sein "die Freiheit" will es so. Solche Klar- stellungen mit dem "Gegenargument" zu "kontern", man halte den CDU "Weg zur Friedenssicherung" eben nicht für richtig und ge- eignet, ist mehr als hilflos. Offenbar sieht man die Frage, wel- ches System ein größeres Existenzrecht habe - das der "Freiheit" oder das der "Unfreiheit" (was immer man sich darunter vorstellen mag) - gar nicht viel anders; nur will man einfach nicht wahrha- ben, daß "die Freiheit" auf die Dauer nichts neben sich duldet, daß Kapitalismus ohne eine kriegerische "Befriedung" der ganzen Welt nicht zu haben ist. Wenn man sich hierüber Illusionen hin- gibt, dann haben demokratische Siegkriegs-Kalkulierer auch an der ideologischen Front leichtes Spiel. zurück