Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION FRIEDENSBEWEGUNG - Von Waffen und Moral
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Im Westen gibt's schon was Neues: Mit Volldampf wird der große Krieg gegen den Osten vorbereitet. Das wollen die Veranstalter schon mitteilen, wenn sie fast schon traditionell - wieder einmal eine Woche für den bedrohten Frieden abhalten. Nicht mitteilen wollen sie dagegen etwa folgende Absage: "Kein Interesse am Töten und Sterben für ein wiedervereinigtes Deutschland, weltweite Marktwirtschaft oder sonstige höhere NATO- Anliegen." Das wäre den Friedensfreunden viel zu einfach. Kriegsgegnerschaft erscheint ihnen b e g r ü n d u n g s b e d ü r f t i g, das Recht zum Dagegensein soll bewiesen werden - mit dem Dafürsein für die BRD und ihren NATO-Frieden. Da werden lauter Sonder-Be- troffenheiten konstruiert und Sonderverantwortungen erfunden, da- mit die höheren Stände im Land auch etwas Höheres gegen Krieg wissen. Montag abend: Für Frauen haben wir das Frauenthema: "Frauen in die Bundeswehr? " - Nein niemals! - Und Männer schon? - Nein auch nicht, werden die vereinigten Kriegsgegner sagen. - Was soll dann die irreführende Fragestellung, wenn es gegen die Bundeswehr überhaupt geht? - Naja, in so einer Woche muß halt unbedingt ein Frauenthema her. Ob das grundsätzlich fortschrittliche Geschlecht solche Ehrungen honoriert? Und die kleine Unterstellung, daß es für geschlechts- neutrale, politische Fragen nicht zu haben sei, nicht weiter übelnimmt? Obwohl die Bundeswehr hier mit einem Stück Gleichbe- rechtigung winkt und/oder dank Wörners Absicht, auch Frauen als Kanonenfutter zu nutzen, haben Frauen als Frauen nun auch ihren Grund, gegen Krieg und Kriegsvorbereitung zu sein. Dienstag abend für Naturwirte: Atomwaffen und Atomenergie - die Verantwortung des Naturwissenschaftlers. Die Naturwissenschaftler verfehlen gleich einmal das Thema der Woche und werfen Atomkraftwerke, die aus Versehen hochgehen, mit Atomraketen, die zu diesem Zweck der Verwüstung erfunden werden, in einen Topf. So denkt man gleich gar nicht mehr daran, wer was wozu anschafft, und gibt dem Thema eine moralphilosophische Wen- dung: "Dürfen wir Naturwissenschaftler bei so etwas (Atomkraftwerk und Atombombe) Gefährlichem mitmachen?" Dürfen sie natürlich nicht - deshalb die Frage. Naturwissen- schaftler, die an ihr sonstiges segensreiches Wirken in Forschung und Industrie furchtbar gerne glauben, wollen nicht einfach beim nächsten Feldzug gen Osten nicht mitmachen - sie dürfen nicht - wegen ihres Berufs-Ethos. Damit können sie sich jetzt beim Krieg- machen entschuldigen lassen. Man wird es ihnen so wenig übelneh- men, wie den Pfarrern und den Gewissensverweigerern, die dürfen ja auch alle nicht. Mittwoch abend für Juristen: "Gefängnis für Blockierer!" Nicht mehr geht es um die Sitzblockaden in Mutlangen und an- derswo, auch nicht darüber, ob diese sehr opfervolle Methode der Meinungsäußerung die richtige Weise ist, die Aufrüstung zu be- kämpfen - heute geht es darum, ob diese Blockierer von den Ge- richten gerecht, oder nicht viel zu hart bestraft wurden. - So ändern sich mit der Zeit die Objekte der Empörung. Auch Juristen haben nun berufsapezifisch etwas gegen Kriegsvorbereitung: Sie verdirbt die vormals liberalen Sitten der Strafjustiz! Am Freitag abend machte sich die Psychologie wichtig Ein Tieferblicker aus der Stadt Sigmund Freuds will mitten in dem angeheizten Rüstungsklima einen "europäischen Friedensprozeß" ge- sichtet haben. Über den spricht er natürlich nicht. Solche Grenz- überschreitungen ins Reich der Politik maßt sich ein Fachwissen- schaftler nicht so leicht an. Höchstens "Aspekte" der Sache fal- len in sein Ressort: eine "kulturpsychologische" Ansichtsseite soll der Friedensprozeß haben. Was ungefähr so viel heißen soll, daß Krieg und Frieden in der Seele der Untertanen, die mit Kul- tur, Werten und Stimmungen angefüllt ist, ihren Grund haben - we- nigstens ansichtsweise. Und dann die Überraschung: Am Donnerstag redet einer einfach so über "SDI-Waffen im Weltraum" Keine Beziehung zum schönen Deutschland, zum Sebalder Reichswald oder Erlanger Schloßpark hergestellt; keine Forderung nach SDI- freien Dorfstraßen! Keine besondere Betroffenheit der Arabistik oder Musikwissenschaft aufgezeigt; Keine besondere Verantwortung der Mütter, die das Leben schenken, heraushängen gelassen! - ein- fach so über SDI. Leute, da erfahrt ihr etwas, da müßt ihr hin! Aber halt - ein Lichtbildervortrag soll es werden: SDI zum Sehen, Gruseln und gemeinsam-geschockt-Tun - damit man halt betroffen wird. Gut, dann sollen eben die hin, die nicht betroffen sind, es aber sehr gerne werden möchten. zurück