Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION FRIEDENSBEWEGUNG - Von Waffen und Moral
zurück Marxistische Gruppe, Januar 1983, MünchenDIE FORDERUNG NACH FRIEDEN
hat genaugenommen nichts mit einer Forderung zu tun. I. Man kann es drehen und wenden, wie man will: "Frieden" hat keinen anderen politischen Inhalt als den negativen: "nicht Krieg". Was sich tatsächlich, positiv, zwischen den Kriegen abspielt, sind die härtesten Sachen: Wirtschaftswachstum bis hin zum "Wirtschaftskrieg", Ausnutzung der Leute bis hin zur Massenar- beitslosigkeit, Erpressung fremder Staaten bis hin zum Ruin ihrer Völker, Aufrüstung bis hin zur weltweiten Überlegenheit des "freien Westens". Das alles ist der tatsächliche Inhalt unserer schönen Friedenszeit. Wer Frieden fordert, braucht sich also nicht zu wundern, wenn ihm das bedingungslose Einverständnis mit allem, was bis zum nächsten Krieg passiert, als Gegenforderung präsentiert wird. II. Die Forderung nach Frieden ist scheinbar so stark, weil sie so unwidersprechlich ist. Wer will denn Unfrieden? Selbst mit den Politikern, Dur die Kriegsdrohungen zum selbstverständlichen di- plomatischen Rüstzeug gehören, wird man sich da schnell einig. An moralischer Wucht ist der Friedenswunsch gar nicht zu überbieten - und eben deswegen ist er so total untauglich. Die Inhaber der Staatsgewalt verpflichtet er auf nichts - nämlich bloß auf ein I d e a l, das sie sich als letzten edlen Beweggrund ihres Han- delns ohnehin nie streitig machen lassen. Umgekehrt ist für die Untertanen der Staatsgewalt in ihrem Friedensverlangen die Pflichtenthalten, die Politiker als verantwortliche Sachwalter der Staatsgewalt anzuerkennen. Indem man ihre Herrschaft zwischen den Kriegen zur Friedenszeit verklärt, hat man ihnen ihre politi- sche Entscheidungsfreiheit ja gerade nicht bestritten. Schon gar nicht die Freiheit, über Krieg und Frieden zu entscheiden! III. Die Forderung nach Frieden ist also, man mag sie ausschmücken wie man will, nichts als eine untertänige B i t t e u m S c h o n u n g. Den Herren der nationalen Politik wird darin ihre Herrschaft ja keineswegs bestritten, im Gegenteil: sie wer- den zu einer verantwortungsvolleren Wahrnehmung ihres Herr- schaftsgeschäftes aufgerufen. Nachdrücklicher kann ein Untertan seinen Willen zu verantwortungsbewußter Untertänigkeit gar nicht bekennen. Daß diese Sorte Bittgesuch bei Kirchenmännern und Kulturclowns am besten aufgehoben ist, ist daher kein Wunder. Diese Figuren sind ja die Profis der törichten Einbildung, als braver Bürger besäße man ausgerechnet und gerade in der eigenen Untertanenmoral eine furchtbare Waffe gegen die "Willkür" der eigenen Herren. Mit ih- rem devoten oder aufmüpfigen Gejammer: "Gebt uns endlich Frie- den!" k a r i k i e r e n sie diesen eingebildeten Friedensmo- ralismus ... - bis zur eindeutigen K e n n t l i c h k e i t! IV. Was im Namen des Friedenswunsches an "Widerstandsaktionen" insze- niert wird, verrät denn auch die Handschrift von Pfaffen und Künstlern. Sich vor Kasernen oder Pershing-Baustellen in militan- ter Demut in den Dreck zu setzen, nur um sich wegtragen oder da- vonprügeln zu lassen, das läuft auf nichts als ein symbolisches Martyrium hinaus - schlimmstenfalls auf ein wirkliches, wenn mal ein Ami-Landser oder GSG-9-Mann durchdreht! -, mit dem nur eines erreicht ist: Die Gesinnungstreue hat sich selbst einen Beweis ihrer Unverwüstlichkeit und damit eine Selbstbefriedigung ver- schafft. Bestenfalls ist noch ein Teil der Öffentlichkeit über- zeugt. daß solche gesinnungsfesten Friedensfreunde wirklich gute Menschen sein müssen: herzensgut - und saudumm, wie ein normaler Bürger sich seit jeher bekennende Idealisten zurechtlegt! zurück