Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION FRIEDENSBEWEGUNG - Von Waffen und Moral


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LEICHENFLEDDEREI FÜR DEN FRIEDEN

Die Friedensbewegung will in diesem Jahr eine "Beratungspause" einlegen. Zentrale Aktionen der verschiedenen Gruppen soll es nicht mehr geben. Das hat in Bonn der gemeinsame Ausschuß, dessen einzige Aufgabe es war, derartige zentrale Aktionen zu koordinie- ren, beschlossen. Ein konsequenter Beschluß, mit dem sich die Friedensbewegung noch über ihren Tod hinaus selbst treu bleibt. Man erinnert sich noch: Nachdem Schmidt und Genscher beschlossen hatten, daß die BRD neue Mittelstreckenraketen braucht, brachten etliche hunderttausend Bürger auf mehreren Großveranstaltungen zum Ausdruck, daß sie - wenn es nur nach ihnen ginge - lieber keine Pershings hätten. Die mittlerweile im Amt befindlichen Her- ren über Krieg und Frieden haben dies zur Kenntnis genommen und unter Hinweis auf ihre demokratische Ermächtigung zum Führen die Pershings aufgestellt. Damit war die Friedensbewegung, die immer tiefsten Respekt vor der Demokratie und ihren Mehrheitsentschei- dungen hatte, politisch am Ende: ehrbare Untertanen hatten i h r e M e i n u n g g e s a g t, damit ihre Kinder nicht sa- gen können, sie wären auch nicht besser als ihre Väter gewesen, und demokratische P o l i t i k e r h a b e n g e h a n d e l t. Fragt sich jetzt nur noch, wie die Leiche aufgeteilt wird. Chri- sten, GRÜNE und SPD veranstalten eine muntere Konkurrenz darum, wer wieviele friedensbewegte Menschen aus der Konkursmasse der Friedensbewegung auf sein parteipolitisches bzw. weltanschau- liches Konto umbuchen kann. Die acht christlichen Gruppen entdeckten Ende November eine "parteipolitische Ausrichtung der Friedensbewegung" und sagten auch gleich dazu, wie die Friedensbewegung ihrer Ansicht nach ausgerichtet gehöre: "Viele kritische Christen sehen, daß mit großen Massendemos auf Dauer nicht viel erreicht ist. Christen, die sich zum Frieden äu- ßern, müssen immer daran denken: Es geht um die Botschaft Gottes, nicht um Parteipolitik." (ein evangelischer Chefideologie namens Lohse in der "Bild"-Zeitung) Für diese Absicht, die Friedensbewegung zu einer Unterabteilung der Inneren Mission zu machen, erschien den Christenmenschen der Bonner Koordinationsausschuß eher hinderlich. Denn dieser wird von der SPD und den GRÜNEN dominiert, die das friedensbewegte Menschenmaterial selbstverständlich nicht an der "Botschaft Got- tes", sondern an der Parole "Wählt SPD/GRÜNE" ausrichten wollen. Deshalb haben die Christenvereine Ende November ihre Mitarbeit im Koordinationaausschuß vorübergehend eingestellt und so damit ge- droht, die Friedensbewegung als überparteiliche Kraft ihrerseits für tot zu erklären. Den anderen Vereinen erschien dies taktisch unklug, da sie der Hoffnung sind, aus den Resten der Friedensbe- wegung noch einige Wahlstimmen für sich abzustauben. Demnächst soll ja sogar der SPD-Karrierist Jo Leinen, der im Bon- ner Hofgarten vor nicht allzulanger Zeit noch gedröhnt hatte, die Friedensbewegung werde dieses Land unregierbar machen, im Saar- land Regierungsverantwortung übernehmen - damit dort die nötigen Wählerstimmen für die SPD zusammenkommen. So haben sich dann alle beteiligten Fraktionen darauf geeinigt, die Friedensbewegung noch ein weiteres Jahr - nunmehr ohne jegli- che Koordination, sondern ab sofort in freier Konkurrenz - a u s z u s c h l a c h t e n. Wie gesagt: ein konsequenter Be- schluß. Schließlich ist es ja der originäre Einfall der Friedens- bewegung gewesen, daß alles, was ein Mensch so tut, dem Frieden diene. Nach arbeiten, beten, stillen und sackhüpfen wird auch diese Leichenfledderei ganz sicher dem Frieden dienen - dem inne- ren Frieden nämlich, ohne den die laufenden Kriegsvorbereitungen nicht möglich wären. zurück