Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION FRIEDENSBEWEGUNG - Von Waffen und Moral
zurück Die Friedensbewegung glaubt an die Abrüstung:NULL AHNUNG - UNENDLICH VIEL VERTRAUEN
Die Sowjetunion schlägt eine Reduzierung der atomaren Trägersy- steme in Europa vor, die NATO erörtert ihre Optionen der Kriegs- führung - was tut die gute alte Friedensbewegung? Sie meldet sich nach einigen Jahren Pause wieder zu Wort und behauptet, die Poli- tiker in Ost und West hätten endlich ihren Wunschtraum auf die Tagesordnung gesetzt. Wenn seit den Initiativen Gorbatschows "Abrüstung" ein Thema ist, dann ist das ein Erfolg der Friedens- bewegung: "Damit greift sie (die Sowjetunion) eine zentrale Forderung der Friedensbewegung auf." (Demonstrationsaufruf) Von derartigen Forderungen war zwar seit 1983, seit der erfolgten westlichen "Nach"-Rüstung, nichts mehr zu hören, und die gesamte "Bewegung" bestand darin, sich in privaten Zirkeln gruppendyna- misch auf die eigene "Friedensfähigkeit" zu befragen. Aber nun erscheint es den Friedensfreunden opportun, dies rückblickend als "langen Atem" auszugeben und in der stattfindenden Rüstungsdiplo- matie einen Durchbruch zu entdecken, der ihnen aufs Schönste recht gibt. Allen Ernstes möchten sie so tun, als hätte sich die Weltpolitik in ihren Kriegshändeln den Überlegungen von Friedens- demonstranten nicht verschließen können. Als ob sich das sowjeti- sche Interesse an der Beseitigung einer euro-strategischen Option der NATO in Wirklichkeit ihrem Erschrecken über "die unkalkulier- baren Folgen eines atomaren Krieges" verdanken würde; als ob die alternativen Strategien der NATO, die nun diskutiert werden, den friedensbewegten Wünschen nach einer "Entmilitarisierung des Si- cherheitsbegriffs" entsprängen, und als wären die alternativ-pa- triotischen Sorgen um das "Schlachtfeld Europa" jetzt zum Leitfa- den der Politik geworden. "Geist und Logik der Abschreckung" sol- len "in Frage gestellt" sein, und "die falsche Logik des Aufrü- stens um abzurüsten" sei nun ersichtlich "gescheitert". Man muß eben nur den alten Fehler, die westliche Ideologie der Kriegsvorbereitung zu glauben, konsequent fortsetzen. Dann wird in jeder (möglicherweise) wegverhandelten Rakete ein Stück mehr "Frieden" gesehen - ebenso wie früher in jeder Waffe ein "Verstoß" gegen den doch erklärten Friedenswillen der Befehlsha- ber ausgemacht wurde. Im Lichte dieses unbeirrbaren Idealismus liegt demnach in den derzeitigen Rüstungsverhandlungen "Eine historische Chance" ------------------------- vor. Daß sich ihre Bedürfnisse bis in die Formulierungen hinein mit denen der Veranstalter von 'Vor'-, 'Nach'- und 'Über'-Rüstung decken, macht die Friedensbewegten stolz. Selbst ehemalige "Wahnsinnige" gelten ihnen heute als Hoffnungsträger: "Die Umstände für ein Abkommen sind günstig.... In den USA braucht Präsident Reagan, angeschlagen durch die Irangate-Affare und die neuen Mehrheiten im Kongreß (die sein Rüstungsprogramm kürzen wollen), Erfolge." Von dem Glauben an die Macht des eigenen guten Willens beseelt, bilden sich friedfertige Untertanen ein, daß ein Präsident, der seine A u f r ü s t u n g s p r o g r a m m e möglichst ohne finanzielle Einschränkungen durchführen will, deswegen um Abrü- stung nicht herumkommen wird. Überall entdecken sie Verbündete, und es gilt nur noch, die paar übriggebliebenen verstockten Mili- taristen umzustimmen. Wo der westliche und insbesondere der deut- sche Militarismus ehrlich wird und an allen Fronten auf sein Recht auf Überlegenheit pocht, halten die Friedensidealisten um so hartnäckiger an den alten Propagandalügen fest. Die Friedens- bewegung beharrt darauf, die eigentlich friedfertigen Absichten der Politik von denen ihrer "engstirnigen" Macher abzutrennen. Wenn innerhalb der NATO Differenzen über die Strategie gegen den Osten und die darin der BRD zugedachte Rolle ausgetragen werden, frohlockt die Friedensbewegung über eine "Isolation Bonner Stahl- helmler". Den langen Atem der Geschichte will sie in ihrem Segel verspüren: Reagan, Gorbi, Thatcher und Mitterrand, Eppler, Schily und Gen- scher - e i n e einzige Front der Vernunft gegen die "Verbohrtheit" christdemokratischer Sehnsüchte nach einer eigen- ständig bundesdeutschen Bedrohung der Sowjetunion. Später kann man dann beklagen, daß die historische Chance verpaßt wurde. Und wer marschiert wieder vornedran? Natürlich die SPD! ------------------------------------------------------- Logisch. Schließlich hat diese Partei schon 2 Weltkriege verhin- dert und auch diesmal wieder 1 0 g u t e A r g u m e n t e für die Null-Lösung auf sich vereinigt sowie parlamentarisch ver- treten: E r s t e n s war es i h r letzter Kanzler, der verdienstvol- lerweise vor ein paar Jahren eine unerträgliche "eurostrategische Raketenlücke" entdeckte und die Aufrüstung vorantrieb. Hätte also z w e i t e n s Schmidt diese Pershings nicht nach BRD gelotst, könnte die SPD heute nicht frohlocken, daß sie nun wieder weg sollen und die Sozialdemokraten dafür sind. D r i t t e n s verschwinden aber vor allem die SS 20. Womit v i e r t e n s die "Nachrüstungs"-Lüge aufrechterhalten wird: mit dem angebote- nen Abzug der SS 20 "entfällt nun die Geschäftsgrundlage für Pershings und Cruise Missiles" (Aufruf zur Demo) - was deren ehe- malige Berechtigung ausdrücklich betont. Diebisch freuen soll "uns" also f ü n f t e n s, daß nun ein Stück "gegen Deutsch- land gerichtetes Bedrohungspotential" wegfalle, was s e c h s t e n s keineswegs in die Abteilung "steriles Feind- bild" gehört (wie Brandt der CDU vorhielt), weil die SPD s i e b t e n s immer schon für die Demokratie und bloß deshalb gegen die Russen war. A c h t e n s ist die SPD stolz darauf, die Politchristen - die nur "unter dem Druck wachsender Isolierung" (SPD-Aufruf) ihre teilweise Zustimmung gaben - mittlerweile in der Gunst bei den Amis überholt zu haben, was einmal als Schimpfwort galt, solange es nämlich umgekehrt war. N e u n t e n s nicht zu vergessen, daß Doppel-Null keine "Verzichtspolitik" (ein Vorwurf, den ein deutscher Sozialdemokrat gar nicht leiden mag) darstellt, sondern eine "Chance". Endlich wäre der "Weg frei" für das alte Faible der SPD-Rüstungsexperten - die vom "Sicherheitspartner" BRD vor- getragene Forderung nach Abrüstung der SU auch auf "konventionellem" Gebiet; rein friedlich natürlich: aber wer zu- viel hat, hat zuviel! Z e h n t e n s verdient die SPD für diese Position etwas: Stimmen, Stimmen, Stimmen! Damit diese fei- nen Argumente nicht ohnmächtig (= auf der Straße oder bei den Grünen) bleiben... Vogel for President! zurück