Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION FRIEDENSBEWEGUNG - Von Waffen und Moral
zurück Schriftsteller für FriedenAUF KONGRESSEN TÖNEN IHRE LIEDER...
Wer will ein echter Dichter heißen, Muß vor dem Krieg den Frieden preisen. Gründe, sich Sorgen zu machen über das, was Politiker zur Zeit ins Werk setzen, gibt es zuhauf. Kein Wunder, daß sich unter den- jenigen, die Literatur zu ihrem Lebenszweck ernannt haben, viele mit Rang und Namen finden, die meinen, sie müßten warnen. Die Aufkündigung des Vertrauens in die momentan praktizierte Politik oder gar der Übergang von der Unzufriedenheit in eine Gegner- schaft zu ihr ergeben sich freilich, wo sie wirklich stattfinden, allemal aus dem, was die Politiker tun und aus dem Verständnis ihres Tuns, nicht aber aus der Profession, die einer hat. Aus seiner Qualifikation a l s Fußballer, a l s Straßenbahner, a l s Automechaniker etc. eine Kritik an NATO Maßnahmen abzulei- ten, ist eine Lächerlichkeit, mit der man sich als normaler Mensch nur blamieren kann. Eine Ausnahme machen da neben den Ärz- ten (und Frauen) die Literaten. Die Einwände, die sie gegen die laufenden Kriegsvorbereitungen vorzubringen haben, wollen weniger nach dem Inhalt der angemelde- ten Kritik, sondern hauptseitig wegen der Person des Kritikers gewürdigt und berücksichtigt sein. Der Verweis auf den Schaden, den Politiker dadurch erleiden sollen, daß das Gewissen eines Be- rufsstandes anfängt, daran zu zweifeln, ob die hohe Verantwor- tung, die ein Dichter für die Nation trägt, bei den Politikern auch gut aufgehoben ist, ist eine merkwürdige Gegnerschaft. Sein einziges Argument ist das Bekenntnis zum unerschütterlichen Dienst am von den Politikern verantworteten "Wohl der Nation" und sein einziger Vorwurf an die Politiker, sich selbst zu schaden, wenn sie so leichtfertig und schnöde auf den Beifall der "Kulturschaffenden" für ihr Wirken glauben verzichten zu können. Eingeklagt wird da die Bedeutung des Geistes für die Politik ge- rade dann, wenn die harte Realität moralischer Gesten in der Po- litik - Brandts Kniefall im Osten, ein "Friedens"kanzler Schmidt - mit Nachrüstungsbeschluß und Gewöhnung an "schwere Zeiten" Tag für Tag vorbuchstabiert wird. Den Politikern daran einen Mangel an moralischer Integrität und Verantwortungsbewußtsein, Sprachge- fühl und Kreativität, also ein Fehlen aller Eigenschaften, die das Ethos eines Schriftstellers auszeichnet, anzukreiden, leistet nur eines: Die beklagte "Ohnmacht" des Geistes verschafft dem guten Gewissen der Literaten und dem Glauben an ihre nationale Bedeutsamkeit neue Nahrung. Der Geist läßt sich eben nicht ver- bieten und findet in der literarischen Ausmalung der "Schrecken eines zu künftigen Krieges" weniger Gründe, sich gegen die Poli- tik zu wenden, die diese plant, als Gründe, sich in der eingebil- deten Bedeutung der Literatur bestätigt zu sehen. Muttersprache und Vaterland... ------------------------------ Im Vorwort einer kürzlich erschienenen Dokumentation, die die po- litische Bedeutsamkeit der deutschen Literaten dadurch beweist, daß sie ihre ohne jede politische Berücksichtigung gebliebenen Verlautbarungen über die atomwaffen- und kernenergiefreie fried- liche Ausgestaltung der BRD seit 1945 abdruckt, rühmt der Dichter Rühmkorf sich und seine Kollegen, überall, "wo man den Dichtern das Wort abwürgte, konnte man sicher sein, daß es den demokratischen Freiheiten ganz allgemein an die Gurgel ging". Und er ist nicht verlegen, diese Wichtigkeit Politikern, an die er sich wendet, mit dem Hinweis auf eine in der Natur seiner Pro- fession angelegte, tiefe und erotische Loyalität schmackhaft zu machen; die Literaten seien "über den bewußten Umgang mit der Muttersprache dem Vaterland auf eine beinahe mediale Weise verbunden." Das Besondere dieser Meinung liegt nicht darin, daß sie den häu- fig von Kollegen ausgesprochenen Berufsstolz wiederholt, es sei der schwerste Einwand gegen ein faschistisches Regime, die Dich- ter nicht zu Wort kommen zu lassen, sondern darin, daß er den Dichtern in einer BRD Geltung verschaffen will, in der kein Staatsmann etwas gegen ihre moralischen Titanismen hat, - so daß Erhards "Pinscher" und Straußens "Schmeißfliegen" erst die Ehre angetan werden mußte, für eine unglaubliche Nichtachtung des Gei- stes von seiten konservativer Politiker zu sprechen. Wie diese Verbundenheit von Vaterland und Muttersprache mittler- weile funktioniert, hat musterhaft Heinrich Böll in seiner Pres- sekonferenz über Polen klargemacht, in der er sein Ringen um das Wort "Entsetzen" zum schlimmsten Verbrechen erklärte, das eine kommunistische Militärjunta der Menschheit antun konnte. Solche Verwandlungen des Politikertreibens in Beweise der morali- schen Bedeutsamkeit der Literaten enthält auch ein Band, in dem eine repräsentative Auswahl der Literaten aus Ost und West ihre phantasievollen Erörterungen zu den gegenwärtigen Kriegsvorberei- tungen gesammelt hat. Über ihre Absichten klärt bereits der Ti- tel: "Mut zur Angst, Schriftsteller für den Frieden", auf. Nehmen sie doch die Aufrüstung zum Anlaß, zu dokumentieren, wie sehr es bei der Verhinderung eines Kriegs auf die Ergriffenheit vor dem eigenen Gefühl, sprich: die literarische Sensibilität, ankommt. Der ostdeutsche Rolf Schneider führt den entscheidenden Beweis für die Notwendigkeit des Einsatzes der Dichter an beiden Fron- ten. Er ist nämlich der "festen Überzeugung", "daß sich Friedensförderung in unseren Tagen nur noch so vorstel- len läßt: die Angst vor dem Krieg zu schüren und den Ekel vor al- lem, was zum Kriegemachen taugt". Weil also die Menschheit heutzutage gar nicht mehr in der Lage ist, sich die Schrecken eines Krieges angemessen vorzustellen, bedarf es der Dichter, um diese Schrecken deftig auszumalen und so die für die Reduzierung der Waffen nötige Angst zu entwickeln: als ob nicht jedes Landserheftchen diesem Ideal literarischen En- gagements voll entspräche! Die Angst vor dem K r i e g meint freilich nicht jene Figuren, ohne deren Kalkulationen und ohne deren Befehle Panzer weder gebaut noch zum Einsatz gebracht wür- den. Der emotionale Schauer vor den Schrecknissen eines atomaren Infernos drängt Schriftsteller vielmehr dazu, sich um die verküm- merte Menschlichkeit der Politiker zu sorgen. Als gelte es, Ver- ständnis für die Figuren eines Familienromans aufzubringen, be- schreibt etwa Günter Grass die Agenten der Weltpolitik in einer mitleiderregenden Skizze: "Der jähe (!) Wechsel von Drohgebärde und Friedensbeteuerung mu- tet genau besehen infantil (na, na!). Weil ständig überfordert, trumpfen sie auf (Grass kann da als Wahlbegleiter Brandts ein Liedchen singen). Weil bei ihnen zu Hause Krisen und Mißwirt- schaft herrschen, sehen sie sich versucht, die Flucht nach vorn (?) anzutreten. ... Sie wollen geliebt werden und ernten zuneh- mend Haß und Verachtung. Man fürchtet sie, und insgeheim fürchten sie sich." Das Material dieser Deutung ist die Alltagspsychologie, aus- gesponnen in aller dichterischer Freiheit. Und dies ist schon der ganze Nachdruck, dessentwegen dem Literaten als Warner vor einer Politik, die vor allem Politiker in ihren menschlichen Qualitäten beschädigt, eine besondere Beachtung zukommen soll. Die besorgten Einfälle über die derzeitige Weltlage sind nicht einmal auf Dich- ters Mist gewachsen - entlehnt werden sie von der Friedensbewe- gung, um originell ausgeschmückt dieser zurückgereicht zu werden und oft reicht schon die bloße Wiederholung aus Dichters Mund für den bedeutsameren Anstrich: "Der Krieg... scheint nicht darum möglicher geworden, weil die beiden großen Imperien von wenig qualifizierten Leuten" (qualifiziert sind sie also immerhin?) "regiert werden, eher weil die Vernichtung immer mehr eine Sache der technischen Effizienz und nicht der Überwindung menschlicher Hemmungen ist". (G. Ku- nert) Was zum Teufel soll eine solche beschworene Hemmung denn noch ausrichten, wenn die "technische Effizienz" ihr die Selbstüber- windung schon abgenommen hat? Der Unterschied dieser untertänigen Hoffnung, die sich allerhöchstens durch die Technik, keineswegs aber von den Politikern enttäuscht sehen will, zu der entspre- chenden Ideologie der Friedensbewegung besteht allein darin, daß dort eine Bewegung der besseren Menschen sich moralisch unan- greifbar macht, während für Literaten der gute Mensch beim Dich- ter anfängt. Die Phantasie an die Macht, heißt ihre Parole in Vorkriegszeiten und deshalb steigert sich ihre schöpferische In- tuition zur Aufdeckung von Geheimnissen der obskursten Art, etwa der von Kunert gestellten Frage, ob nicht "eine biologische Determinante etwa,... oder ob nicht doch ein geheimes Gesetz diese Erde beherrscht, demzufolge wir auf ihren Weiten nur vorübergehend gründen, um schneller abzutreten als un- sere urweltlichen Vorläufer und unauffindbarer als deren Über- bleibsel". Dichten contra "Vernünfteln" ---------------------------- Die Friedensdichter wären freilich keine, wenn sie ihre Verwand- lung der Weltlage in ein düsteres Rätsel nicht ergänzten mit Hin- weisen auf die heilsbringende Kraft der Literatur, die sie über- all einzubringen vermögen, wo es Anlaß zu Unzufriedenheit gibt. Die "utopische Phantasie", auf die jeder stolz ist, der die be- sondere Qualifikation der Dichter für die Politik im Unterschied zu den Politikern hervorheben möchte. Ihr gegenüber ist alles, was der menschliche Artgenosse sonst tut und treibt, recht frag- würdig. Vor allem bat er im Laufe seiner Geschichte unangemessen viel g e d a c h t oder zu konsequent gedacht. So u.a. die "Overkill-Kapazität" aus der Overthink-Kapazität erklärend, fin- det er für das Denken eine Reihe kulturkritisch abwertender For- mulierungen: So ist für Böll die entschiedene Absicht, den Gegner durch Rüstung fertig zu machen, als "Denkweise" eine Absurdität, an der auch der Osten gleichermaßen partizipiert, kurz, ein "Wahnsinn"; Frau Sölle hält die entsprechenden Gedanken gar für "rationalistische Dummheit", und Christa Wolf erblickt darin ein "gefühlsfernes, 'sachliches' Denken", dem nur durch recht gefühl- voll unsachliche Vorstellungen auf die Sprünge geholfen werden könne. Grass weiß sich auch hier an die Spitze der Vertreter sei- nes Metiers zu setzen, wenn er in der Manier des gewieften roman- tischen Antiaufklärers von den "vernünftelnden Reden" spricht, durch die die von den Dichtern zu verwaltende "Vernunft außer Kraft gesetzt" würde. Bereits 1959 hat Günter Anders einen Hin- weis gegeben, den er auch 1982 nach wie vor noch für aktuell hält: es ist überhaupt das W i s s e n, durch das sich der Mensch im Laufe der Geschichte immer allerhand Unheil zugezogen hat. Ganz im Unterschied zum Tier könne die Menschheit nicht mehr vergessen, was sie weiß, weshalb auch die Atombombe, einmal g e w u ß t, nicht mehr abgeschafft werden kann: "einmal Atom- bombe, ein für allemal Atombomben". Sein junger und - weil Ost- dissident im Osten - über allen Zweifel erhabener Kollege Jurek Becker hat daraus eine Schriftsteller-Botschaft formuliert, die in der Absage an jede b e g r ü n d e t e Kritik die kreativste Kritik entdeckt, die er sich nicht nehmen lassen will: "Ich glaube schon, daß eine bestimmte Art von Nicht-Wissen den kreativen Menschen motiviert, wie auch ein bestimmter Ehrgeiz, diese (sc. durch seine Wirkungsmöglichkeiten als Schriftsteller gegebene) O h n m a c h t zu beseitigen. Es wäre unsinnig, von Büchern nichts als Antworten zu erwarten. Im Osten wie im Westen haben Schriftsteller wohl gemeinsam, Suchende zu sein; oft ist ihre Literatur nichts als der Versuch, sich in der Ratlosigkeit zurechtzufinden und in ihr zu wohnen". (106) So einfach mag ein Literat sich freilich nicht von den höheren Pflichten seines Dichteramts verabschieden, daß er alle fünf Schreibfinger gerade sein läßt und sich in seiner Ratlosigkeit wohnlich einrichtet. So verkündet Hermann Kant voller Selbstbe- wußtsein: "Auch unsere W o r t e verstehen sich als solche Ta- ten" und ruft voller Mut den Kollegen zu: "So gibt es keine Aus- sicht, uns mundtot zu rüsten" und Peter Härtling stellt gar die realistisch-utopische Frage: "Wer wirft anstatt der ersten Bombe den ersten Satz?" Becker aber bemerkt angesichts der möglichen Gewalt derer, die nicht "Nicht-Wissen" verbreiten, erschauernd: "Nicht auszudenken, wenn Schrifsteller tatsächlich eine so ge- fährliche Waffe in der Hand hätten,... wenn sie im Handumdrehen manipulieren könnten" und findet Trost in der Tatsache, daß dafür die Leserschaft doch zu gering ist. Der nächste Krieg wird gegen das Dichterwort geführt - und deshalb sollten die eigentlich Be- troffenen es sich zweimal überlegen, ob sie überhaupt reden dür- fen und diese Schwierigkeit soll man ihnen als entschiedenen Wi- derstand abnehmen! Mit solchen Gedanken ausgerüstet treten die Schriftsteller in Dialog mit den so unglücklichen, von Sach- und inneren Zwängen beherrschten P o l i t i k e r n, um ihnen M u t zum Frieden zuzusprechen und ihnen i h r e Qualitäten anzuempfehlen. Gleich vier B e r l i n e r haben schon 1980 eine Adresse ver- öffentlicht, in der die Regierung ermahnt wird, für den Frieden zu sein: "Jedes Mittel, jede u t o p i s c h e P h a n t a- s i e, jeder Kompromiß muß uns Deutschen recht sein, den Frieden zu erhalten"; und ihren eigenen "A p p e l l der Schriftsteller Europas" an die Weltöffentlichkeit sich zu Herzen nehmend, sind sie seither nicht müde geworden, mehr "weisungsgebundenen" Sorgenkindern, mit phantasievollen Ideen "Impulse" (Jungk) zu geben und aus dem Gestrüpp der Zwänge herauszuhelfen. Die spezifisch dichterische Masche, sich etwas auszudenken, was es nicht gibt, und dann von den Produkten des Phantasierens zu behaupten, sie würden den Inbegriff dessen darstellen, wie es in der Welt so zu geht, soll also auch den Politikern als bessere Methode für die Lösung der von den ausgedachten "Problemen" der Politiker akzeptiert werden. Fehlte den Politikern also nur, daß sie die tief in ihnen schlum- mernde dichterische Kraft erweckten? Weit gefehlt! Auch dort, wo sie ein Dichter ganz von ihrer Phantasie bestimmt wähnt, sieht er Gefahren, denen nur s e i n Genie als rettende Kraft entgegen treten kann. Im Hochgefühl eines solchen gesellschaftlichen Auftrags entwic- keln Dichter denn auch Vorstellungen darüber, wie das Geschäft der Politik durch sie erleichtert werden könnte. Bedient sich ein Schmidt einmal eines ideologischen Mittels in seinem diplomati- schen Vorgehen gegen den Osten: "Wir müssen die Sprachlosigkeit zwischen Ost und West überwin- den", so erblickt einer, der es als seine Profession betrachtet, zu sprechen und zu schreiben, darin eine Äußerung der Hilflosigkeit, die nur auf s e i n e n Einsatz wartet. Was liegt für die Zunft also näher als sich über die Entwicklung einer F r i e d e n s s p r a c h e zu verbreiten, die sich "merklich abhebt von den Ausdrucks- und Vermittlungsformen der Politik, die man wohl zu Recht als weitgehend entseelt, wenn nicht gar als verwahrlost anprangerte." ("Frankfurter Rundschau" vom 28.5. über das Haager Treffen) Und J. Becker meint's mit den sprachlich entseelten und verwahr- losten Politikern besonders gut, wenn er ihnen den guten Willen bescheinigt, keine Katastrophe herbeiführen zu wollen, und die Resultate ihrer Politik daraus erklärt, daß sie 'die Dinge falsch benennen', weshalb man ihnen "die beschönigende, das Schreckliche verdeckende Sprache nehmen" müsse. ("Frankfurter Allgemeine Zei- tung", 28.5.) Das Sendungsbewußtsein der Schriftsteller diagnostiziert am Adressaten noch einen weiteren wesentlichen, durch sie substitu- ierbaren Mangel. Wie u.a. Herr Engelmann, Vorsitzender des VS, feststellt, ist an den Agenten der Weltpolitik eine K o m m u n i k a t i o n s u n f ä h i g k e i t festzustellen; und was liegt näher, als die Mitglieder seines Vereins als Not- helfer zu offerieren: "Etwas wird die Politiker zum Nachdenken bringen, nämlich die Tatsache, daß wir uns relativ sehr rasch über alle sonstigen Mei- nungsverschiedenbeiten hinweg... allein um der uns allen vorran- gigen Sache willen. verständigen konnten" (Krüger 113) Dieser Beweis, der den Politikern schlaflose Nächte bereitet ha- ben dürfte, ist auf dem ersten deutsch-deutschen Schriftsteller- kongreß in Ostberlin denn auch halbwegs gelungen. Ohne daß sich gleich an die Gurgel gefahren wurde, ist dieser Kongreß als ver- trauensbildende Maßnahme in Dichterkreisen über die Bühne gegan- gen, entsprechend dem Wunsch des Initiators dieser Veranstaltung, dem in der DDR lebenden Lyriker und Romancier Hermlin: "Was ist das Ziel unserer Begegnung, was kann das Ziel sein? Sie wissen alle, daß in meinem Einladungsbrief ausdrücklich vermerkt ist, daß ich eine gemeinsame Entschließung oder Resolution nicht für wünschenswert halte. Es ist vorauszusehen, daß die Meinungs- verschiedenheiten über die Gründe der gegen uns alle gerichteten Bedrohung groß sind,... Es gibt einen Begriff, dem wir einen ho- hen Wert zuerkennen sollten, der vielleicht der einzige Schlüssel für die menschliche Zukunft ist, ich spreche vom Vertrauen." usf. Die Beschämung der Politiker dürfte sich allerdings in Grenzen gehalten haben: Diese Art von Vertrauen ist ihnen schließlich nichts Neues ; und wie Koexistenz zwischen West und Ost prakti- ziert wird, haben die Literaten umgekehrt ganz von ihren Politi- kern abgeschaut. Auf der gemeinsamen Plattform betteln die Ver- treter der Friedensmacht-Ost um Koexistenz: "Ich bitte alle aus bestimmten Erfahrungen, sich gegenseitig zu ertragen... Der Friede ist ein Zustand, in dem man sich gegensei- tig ertragen muß." Das sagt Stefan Hermlin nach zwei Treffen, in denen die DDR-Lite- raten am Pranger standen. Diese liebende Annäherung an die Politiker wird von diesen frei- lich nicht allenthalben mit gleicher Hochachtung honoriert. Sie verpassen nämlich den Dichtern, die in Politicis so gerne als Utopisten gelten und ihre moralischen Spintisierereien über den Weltlauf als höchste Form des Realismus anpreisen, heimtücki- scherweise das Wörtchen "nur", womit sie darauf hinweisen, daß eine echte Realpolitik von ihrer Sorte leider durch kein noch so gefühlvoll vertretenes Ideal zu ersetzen ist. Beleidigt über die schnöde Abweisung haben sie deshalb in Scheveningen einen harten Passus in ihre Resolution aufgenommen: "Die Strategen und Ratgeber des atomaren Krieges maßen sich an, sich selber als Realisten und alle jene, die gegen diesen Krieg protestieren, als 'Emotionalisten' zu bezeichnen. Die hier anwe- senden Schriftsteller versichern, daß diese Unterscheidung selbst zur Kriegsvorbereitung gehört." Ein lyrisches Wir... -------------------- So mit den Politikern auf ein kritisches Du und Du gekommen, ge- hen sie, fortschrittlich wie sie sind, noch einen Schritt weiter, indem sie den Übergang vom "Ich" zum "Wir" machen und ihr edles Ich zu dem der ganzen Menschheit erweitern. Während der ordinäre Staatsbürger dies jeweils tut, wenn er sich bei seinem Versuch, den Vorteil des anderen zu seinen Gunsten zu schmälern, auf das "Gemeinwohl" beruft, handelt es sich bei den Dichtern freilich um einen seit den "Klassikern" üblichen Trick bei der Propagierung ihrer Ideale dadurch, daß sie ihnen Notwendigkeit zusprechen. Sie nehmen dabei Gelegenheit, wahre Meisterstücke realistischer Uto- pien zu liefern und Orgien der Phantasie zu feiern, in denen sich umstandslos alle Differenzen zwischen Ost und West, Staat und Bürgern, Lohnarbeit und Kapital, in Wohlgefallen auflösen. So fragt sich der Dichter Törne in der Vorstellung, er sei bis an die Zähne mit Atombomben bewaffnet, in einem Gedicht verzweifelt: "Was solln wir tun mit all den Waffen?" und gibt sich als Prosa- ist die Antwort: "Nur wenn es uns gelingt, eine Welt zu schaffen ohne Waffen (ganz ohne Reime schafft er's auch da nicht) haben wir, hat die Menschheit eine Chance". ( Krüger, 15) Und Günter Grass begeistert sich so an seiner schriftstelleri- schen Zuständigkeit für die Aufrüstung, daß er gar nicht mehr aufhören will, sich an die Brust zu klopfen und eine ganze Latte Grass'scher Sünden aufzählt: "Auf vielfältige Weise sind wir Menschen bemüht, die Grundlagen unserer Existenz zu zerstören... wir vergewaltigen die Natur. Wir beuten sie aus... wir beuten uns selber aus... Wir sind nicht nur bis an die Zähne, sondern weit über den Horizont unseres eigenen Begreifens bewaffnet und mittlerweile als Sklaven eines falschen Fortschritts fähig, uns selbst zu vernichten." Denselben Gedanken, daß nur seine hemmungslose Gier, immer mehr für sich haben zu wollen, den Atomkrieg heraufbeschwört, führt einer, der schon tot ist und schon zu den Klassikern dichteri- schen Sündenbewußtseins gehört, aus. Bereits vor Jahren hat er auf den Weg aus dem von "uns" angerichteten Unheil prophetisch hingewiesen: "Wir müssen nicht nur ärmer werden, wir müssen ärmer werden wol- len. Die Not muß auch umverteilt werden, damit jeder weiß, was Notwendigkeit ist, denn jeglicher Sinn, den wir in unserem Leben kennen, kommt aus der Erfahrung der Not..." Nicolas Born brauchte 1976 noch keine Ahnung von einem für die Aufrüstung ins Werk gesetzten Sparprogramm der Politiker zu ha- ben, um in der von ihnen verordneten Armut in pfäffischer Manier eine Chance für sich zu erblicken; für ihn ist nämlich jede staatliche Gewaltaktion nur eine hilflose Reaktion auf die Uner- sättlichkeit der eigenen Natur: "Wir selbst werden zu einem untragbaren Sicherheitsrisiko" sagte er sich angesichts des staatlichen Kernenergieprogramms. ...und Weltgenesung am weiblichen Dichterwesen ---------------------------------------------- Trotz so viel Einigkeit in der Tolerierung der vielfältigsten Dummheiten über die heilsbringende Kraft der Phantasie angesichts der Konsequenzen imperialistischer Politik unter den Herren Dich- tern wollen sich die Frauen Dichterinnen - wie könnte es anders sein - noch immer nicht zufriedengeben. Unwillig, sich überhaupt noch auf die Realität einzulassen, stellen sie fest, daß die Män- ner in einer durch ihr Geschlecht bedingten Verblendung ein we- sentliches Gefahrenmoment außer acht gelassen: sich selbst, Jen- seits von so aktuellen Fragen wie: Sollen Frauen in die Bundes- wehr, moniert deshalb Christa Wolf: "An den Forschungen für die Waffen unserer Zeit, an der Entwick- lung der Technik für sie, an der Planung ihres Einsatzes und an der Befehlsgewalt über sie hat keine einzige Frau Anteil." (Noch nie was von Mrs. Thatcher gehört?) Und um zu garantieren, daß Forschung, Entwicklung und Einsatzpla- nung mit mehr fraulicher Gefühlsnähe vorgenommen werden, ent- wickelt Irmtraud Morgener gleich einen Sanierungsplan für die männlichen Händen entglittene Welt: "Nur wenn die Männer und die von Männern geführten progressiven Regierungen (Phantasie in führenden Positionen!) erkennen, daß sie die Probleme der Weltpolitik und Ökologie und ihre eigenen ohne gewisse Fähigkeiten und Tugenden der Frauen nicht bewältigen und entsprechend handeln, kann der Planet gerettet werden." Sie steht dabei nicht an, sich auf einen männlichen Kollegen zu berufen, und so der anderen Hälfte der Menschheit die besondere politische Qualifikation der Frau durch einen Hinweis auf das Da- sein von Hausfrau en schmackhaft zu machen: "'Die Leitung des Haushalts bringt kaum weniger Ärger als die ei- nes ganzen Staates', schreibt Montaigne,... Frauen sind also hochtrainiert, Verantwortung zu tragen." Zusätzlich zu ihren theoretischen Phantasien über die Abwendung des Untergangs der Menschheit haben die Schriftsteller auch die Überlegung praktischer Schritte nicht fehlen lassen wollen und zum Abschluß ihrer Konferenz in Scheveningen Anregungen hinter- lassen: Peter Härtling schien die Errichtung einer "Friedens- bibliothek für Kinder" mit zwei Büchern aus jeder Literatur erfolgversprechend und Ingeborg Drewitz sah einen Hoff- nungsschimmer darin, wenn künftig "Autorinnen aus aller Welt das Leiden der Frauen am Nicht-Frieden darstellen." ("Süddeutsche Zeitung") Der Streit um die Verwirklichung dieser "praktischen Einmischung der Literatur" in die Politik dürfte die PEN-Clubs noch längere Zeit beschäftigen. Es will ja nicht nur geklärt sein, ob die Frau in diesem Friedens-Bücherfriedhof auch gleichgewichtig vertreten sein wird, sondern vor allem, ob den Produkten östlicher Zensur überhaupt die Qualität anerkannter Friedensmoral zukommen kann. Politik wird von den Literaten durchaus gemacht - in ihren eige- nen Kreisen; und die bloße Gesprächsbereitschaft mit ostdeutschen Schriftstellern, die keine sind, weil regimetreu und nicht dissi- dent, haben einige westdeutsche PEN-Mitglieder mit ihrem Austritt quittiert aus einem Verein, der sich dadurch zu einer Hilfstruppe des Ostens enttarnt hat. "Ich bin überdies habituell unfähig, fortgesetzt in Verbandsver- lautbarungen dummes verlogenes Lobrednergeschwätz über literari- sche Schreibtischtäter der DDR lesen zu müssen... Kompromisse mit Diktaturen, mit ihren Freunden in Ost und West und der von ihnen verordneten Sklavensprache lehne ich ab," sagt Zwerenz, der damit um öffentliche Anerkennung als westfrei- heitlicher Schreibtischtäter nachsucht - und der sich ganz be- rechnend täuscht, was die Haltung der Grass', Bölls und anderer literarischer Freiheitskämpfer angeht. West-Ost-Konfrontation literarisch ---------------------------------- Tatsächlich geht noch aus jeder Äußerung der "Begegnung" unabhän- gig von ihrem Inhalt hervor, daß es nicht gleichgültig war, von wem der Appell zum Frieden vorgetragen wurde, von der 'falschen' oder von der 'richtigen' Seite. Und so wurde die Veranstaltung ein voller agitatorischer Erfolg für diejenigen, die Hermlin aus dem Westen eingeladen hatte, um sie in s e i n e r Inszenierung von "Friedensbereitschaft und Friedensfähigkeit" auftreten zu lassen. So stand Hermlin ganz schön dumm da, als die Westdichter auf ihn als Veranstalter wirklich R ü c k s i c h t nahmen und nicht g e g e n die DDR und f ü r deren Friedensbewegung vom Leder zogen. In der A t t i t ü d e wollten sie doch etwas kür- zer treten, damit die hier keine Schwierigkeiten bekommen und das nächste Mal vielleicht schon nicht mehr dürfen. Allein diese Ent- haltsamkeit hat schon deutlich gemacht, w o g e g e n man sein muß, wenn man f ü r Frieden und Freiheit ist. Ein gelungener Schlag dieser Art ist ja auch die Bezeichnung des Berliner Tref- fens als "Sensation" (Grass, FR); sie macht noch dem letzten Feuilletonleser klar, wer sich da hat ein Zugeständnis abringen müssen. Und auch der Beschluß am Ende dieses Treffens, die näch- ste Tagung auf "neutralem Boden" in Holland stattfinden zu las- sen, läßt keinen Zweifel daran, daß es mit der Rücksichtnahme auch einmal ein Ende haben muß, wofür ein Ort, der weniger zur Höflichkeit verpflichtet, gerade recht ist. Die gute Gelegenheit, die Gegnerschaft in aller Friedensbereitschaft klarzustellen, hat Grass in Holland auch gleich wahrgenommen mit der Anregung "für die Gefährdeten der DDR-Friedensbewegune ein Büro zu eröff- nen, um für jene 'eine Art von Rechtsschutz leisten' zu können" (FR, 26.5.), womit es ihm zugleich gelungen ist, Hermann Kant zu reizen und damit dessen Friedensunfähigkeit vorzuführen: "Ich rate Ihnen, machen Sie hier nicht solche Bilder (!) auf - das geht nicht gut", woraufhin sich die Teilnehmer glatt einem "kommunikativen Kollaps" (FR, 27.5.) hingaben. Aber auch friedfertige Äußerungen wie die des Ostdichters Erik Neutsch, der bekannte, die Ideale seines Staates auch für dessen Zwecke zu nehmen und zu akzeptie- ren, gelten schon allein deswegen als entlarvte Lüge, weil west- deutsche Dichter ihr Verhältnis zum Staatswesen BRD genauso se- hen. Das klare Bewußtsein darüber, welcher Nationalismus im Recht zu sein hat, nämlich der gesamtdeutsche, gibt jedem Argument den Charakter der Einmischung der NATO-Interessen in die Belange des Ostblocks, sei sie direkt in Form der Polemik ausgesprochen oder indirekt in der Berufung aufs Ideal, gleichgültig auch, von wem es kommt: ob vom staatstreuen oder dissidenten Ostler, ob vom hämischen, kritischen oder kämpferischen Westler. So hat, wenn der Paradedissident Becker mit ausgeprägtem Sinn für Gerechtig- keit erklärt, es gelte "die Nichtübereinstimmung mit den herrschenden Gewalten und Appa- raten an den Orten zu w a g e n, an denen wir jeweils leben", jeder im Sinn, daß dies hierzulande, solange die Unzufriedenheit nicht in Gegnerschaft ausartet, geringere Probleme nach sich zieht. Aber auch seine Kollegen Heym und Schneider erweisen sich als Virtuosen kulturimperialistischer Agitation mit dem schein- heiligen Hinweis, daß mit dem Verbot des Ost-Friedensemblems die DDR gegen ihr eigenes Ideal verstoße: Weiß doch jeder dichtende und ordinäre Staatsbürger daraus den Schluß zu ziehen, daß das Bekenntnis der DDR zu Frieden und Freiheit nur Heuchelei und sie selbst des Ideals nicht würdig sei. Inzwischen hat noch eine weitere "Begegnung" in Köln stattgefun- den. Sie hieß "Interlit 82". Es war, wie der Name schon sagt, eine richtige Literaten-Friedens-Messe mit noch viel mehr Teil- nehmern und noch viel internationaler und wiederholt soll sie auch noch öfter werden, demnächst in Sofia und dann in Rotterdam - wenn die Konjunktur belletristischer Friedenssehnsucht bis da- hin noch anhält. Mit der Zahl der Teilnehmer (es waren auch eine Menge Literaturverbandspräsidenten aus Afrika, Südamerika und überhaupt den sogenannten Entwicklungsländern da) hat sich die literarische Berufung auf die gesamte Menschheit ihr adäquates Publikum geschaffen. Mit dem gewachsenen Anspruch konnte der kreative Geist durchaus mithalten. Hier eine Blütenlese: Ein Russe: "Alle sogenannten Mächtigen dieser Erde sind von oben (?) bis unten impotent." (Wir Literaten sind doch die potenteren Menschen.). Ein Deutscher: "Gibt es eine Ästhetik des Friedens in der schönen Literatur? Schließlich geht es um die Möglichkeit eines Beitrags zum Frieden in Lyrik, Prosa und Drama." (Was ist der schönste Frieden, wenn sich keine Literatur daraus machen läßt!) Eine Deutsche: "Indem ich schreibe, arbeite ich für den Frieden." (Am schriftstellerischen Wesen kann die Welt genesen!) Ein Inder: "Totalitarismus gibt es nicht nur (!) in der Poli- tik.... Wir sollten nicht in die Falle der Friedensbewegung tap- pen, die eine monolithische Wahrheit vertritt." (Auch wir Inder wissen, gegen wen sich eine echte Friedensbewegung zu richten hat!) Derselbe: "Woher kommt die Umweltverschmutzung? Von der Gier des Menschen! Dies erzeugt auch eine Verschmutzung des Geistes." (was damit bewiesen ist!) Einer aus dem Norden: Es geht um das "Tamtam, die Volkssänger und (andere ursprüngliche) Nachrichtenträger, die heute in Gefahr sind und die wir bewahren müssen, wenn wir die Spontaneität be- halten wollen, wenn wir überhaupt überleben wollen. Denn es gibt ein Leben vor dem Tod!" (ohne Kommentar) Derselbe als kosmopolitischer Tier- und Pflanzenfreund: "Der Atomkrieg ist nicht nur ein Problem der Menschen, sondern auch der Igel, der Katzen und des Fingerhuts", ganz zu schweigen vom "Interesse der Seehunde und Delphine". Von den Stars unter den deutschen Friedensprofis hat sich haupt- sächlich Böll (der auch nur dagewesen sein soll, weil er dort wohnt) blicken lassen und sich auch zu dieser Gelegenheit eine neue Variante seiner alle politischen Differenzen übergreifenden Friedensliebe einfallen lassen. Er wußte sich verständnisvoll auf den Standpunkt des Feindes zu stellen und seine Ideale zu goutie- ren, und so die Einmischung in die schlechte Wirklichkeit des Ostens zu propagieren. In einem Vortrag über "Feindbilder" der Völker machte er s e i n Feindbild so klar: Der Kommunist an sich sei ja ein guter, friedlicher Mensch, dem der Westen mit seinem Antikommunismus unrecht tue. Dieser selbst könne aller- dings nichts für sein Feindbild, denn: "Hauptbrutstätte des Antikommunisinus ist die Sowjetunion selbst", die "nach außen imperialistisch, nach innen feudali- stisch" sei. Die Kunst des Engagements ------------------------- Die vorübergehende Hochschätzung solcher Veranstaltungen in der Öffentlichkeit gilt keineswegs den Literaten, sondern ihrer be- scheidenen Brauchbarkeit für die ideologische Aufbereitung der vom Westen betriebenen Endlösung der Ostblockfrage. Dafür ist noch jede blödsinnige Äußerung, die der Friedenssehnsucht der Un- tertanen den Heiligenschein der Utopie verleiht und die Rüstungs- anstrengungen aus allerlei erfundenen Zwängen erklärt, funktio- nal. So wurde die Berliner "Begegnung" als im Bereich des Gegners zugelassene Agitationsveranstaltung in der Journaille entspre- chend breit reportiert und dokumentiert, das Treffen in Scheve- ningen schon eine Nummer darunter gehandelt, während dem Kongreß in Köln gelegentlich sogar ein paar abschätzige Bemerkungen zuge- dacht wurden (wie in der FAZ: "wird sich kaum in die Reihe der bedeutenden Schriftstellertreffen unserer Zeit einordnen las- sen"). Daß die Schriftsteller dies selbst zum Kriterium ihrer Selbstdarstellung gemacht haben, zeigt sich daran, daß nur wenige der Profis, die noch in Holland aufgetreten sind, auf der Kölner Massenveranstaltung wieder da waren. Und über alle sich selbst erteilten politischen Aufträge hinaus galt es, wieder zurück zum Eigentlichen der Dichtung zu finden. Einer Gruppe junger Leute, die allen Ernstes den Friedenskongreß zum Anlaß nehmen wollten, über den Krieg im Libanon und seine Gründe zu d i s k u t i e r e n, mußte bedeutet werden, daß dieses Ansinnen die Störung einer Dichterlesung und damit eine Zumutung war. Ihre politische Wirkung beschränkt sich darauf, der Friedensbewe- gung neben Pfaffen zu einer geglaubten Honorabilität zu verhel- fen. Ansonsten dürfen sie sich, wie schon in den vergangenen Jahrzehnten, nach einigen Jährchen wieder einmal als "Gewissen der Nation" dokumentiert sehen und nach dem Krieg auf die "prophetische" und "antizipatorische" Kraft ihrer Warnungen ver- weisen - und das geschieht ihnen recht. zurück