Quelle: Archiv MG - BRD OPPOSITION BEWEGUNG - Von Robin Wood und Hausbesetzern
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KAPITALISMUS MIT MENSCHLICHEM ANLITZ
Selbst so unbeirrbar friedliche und phantasievolle Leute wie die
von der
Umweltschutzorganisation "Robin Wood"
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müssen sich irgendwann einmal fragen, ob ihr Petitionswesen nicht
eigentlich für die Katz ist. Das Aufhängen von Transparenten und
das unvermutete Auftauchen in allerlei lustigen Vermummungen
macht den Herrschenden offensichtlich wenig bis keinen Eindruck -
"die Natur stirbt weiter". Fest überzeugt von der einwandfreien
Güte seines Anliegens drängt es den Robin Woodler, m e h r
E i n d r u c k durch neue Formen des Aufsichaufmerksammachens
zu erzeugen. Da er von einer G e g n e r s c h a f t zu denen,
die unter anderem auch über das Absterben der Natur entscheiden,
nichts wissen will, erschöpft sich seine Anstrengung darin,
n o c h m e h r O r i g i n a l i t ä t an den Tag zu legen.
Das schon etwas verzweifelte Bedürfnis, es müsse doch "wirklich"
und "praktisch" mal was geschehen, hat die Naturfreunde zu einer
Aktion bewegt, die nach ihrer Auffassung in Ansätzen
p r a k t i s c h v o r m a c h t, wie man der Natur helfen
könne:
"Robin Wood will Regenwälder der wirtschaftlichen Spekulation
entziehen.
Eine amerikanische Umweltschutzorganisation hat es schon prakti-
ziert. Sie kaufte einen Schuldtitel der bolivianischen Regierung
für 100.000 Dollar. Dafür löste sie 1,6 Millionen Hektar Tropen-
wald ein. Umgerechnet heißt das: Für 50 DM konnten die amerikani-
schen Umweltschützer 62.500 qm Tropenwald vor der Vernichtung
retten. Ähnliche Projekte will Robin Wood fördern." (Flugblatt)
Das ist schlagend: 62.500 qm für DM 50.-, s o eine gute Tat für
s o wenig Geld! Endlich einmal das E i g e n t u m in einer
"sinnvollen Weise" eingesetzt, nämlich als (tendenzielle)
B e h i n d e r u n g naturzerstörender E i g e n t ü m e r. Da
lohnt sich doch einmal ein Staatsbankrott. Schließlich sind die
Schuldtitel der bolivianischen Regierung ja nur deswegen so bil-
lig zu bekommen, weil die internationale Bankenwelt zu dem ein-
helligen Urteil gelangt ist, daß die Schulden dieses Staates
nichts mehr wert sind. Deswegen ist ihm e r l a u b t worden,
seine Verpflichtungen mit einem Abschlag loszuwerden. Man mag gar
nicht nachfragen, was der bolivianische Staat mit dem ursprüngli-
chen Kredit angefangen hat und was er jetzt mit den 100.000 Dol-
lar machen wird. Man mag diese alternativen Naturfreunde gar
nicht darauf hinweisen, wer ihnen ihr neu erworbenes Eigentum ei-
gentlich garantiert. Es ist von vornherein absurd, wenn Robin
Wood meint, unter der Benutzung der Ergebnisse imperialistischen
Wirkens dem imperialistischen Geschäftsleben ein S c h n i p p-
c h e n schlagen zu können. Aber so sieht das eben eine Organi-
sation, die sich zielstrebig der Untersuchung der G r ü n d e
verweigert, die überhaupt ihren Hilfswillen h e r v o r g e-
r u f e n haben, und die statt dessen immer nur v o r b i l d-
l i c h sein will.
So zufrieden "Robin Wood" mit dem aus der freiheitlichsten Demo-
kratie der Welt kopierten originellen Vorschlag auch ist, so not-
wendig erachtet es diese Organisation doch auch, für die
"Unversehrtheit der Regenwälder" den klassischen Hebel der Bitt-
stellerei in Anschlag zu bringen - allzu überzeugt von der Wucht
ihres eigenwilligen Gebrauchs des Eigentums ist sie nämlich
nicht, solange nicht die wirklichen Herren über das Eigentum
nachziehen.
Wer versündigt sich nun gegen die Unversehrtheit? Die brasiliani-
sche Regierung, die in ihrem Urwald etliche Stauseen einrichten
will und dafür Kredite der Weltbank beantragt. Diese soll sie
nach Auffassung "Robin Woods" möglichst nicht kriegen; doch ein-
fach bloß so, ohne "stichhaltiges Argument", mag das die lustige
Truppe aus dem weltweiten Sherwood Forest auch nicht fordern,
meint sie doch zu wissen, daß die korrekte Art, einen Kreditgeber
vom Kreditgeben abzuhalten, der Hinweis darauf ist, daß er einen
unsoliden Schuldner antrifft - also besser auf Robin Wood hört
und einen Verlust vermeidet. Von soliden Geschäften könne dort
unten doch keine Rede sein, viel mehr handelt es sich bloß - man
kennt ja seine Brasilianer - um "wirtschaftliche S p e k u l a-
t i o n". Nun denken diese Umweltschützer nicht im Traum daran,
sich t a t s ä c h l i c h einmal die Rechnungen von Gläubiger
und Schuldner zu Gemüte zu führen - wär' ja auch störend beim Ur-
waldkaufen, Robbenpolieren und Kaminbeflaggen -, vielmehr ist der
Form genüge getan, wenn sie einfach mal behaupten, der Bau der
Staudämme sei "unwirtschaftlich". Damit haben sie die Gleichung,
die sie haben wollten und die Eindruck schinden soll: "Zerstörung
der Natur" (dazu noch im großen Maßstab) = wirtschaftliche
U n vernunft.
Damit wollen sie ausgerechnet der Weltbank und dem Bundesminister
für wirtschaftliche Zusammenarbeit kommen. An letzteren soll man
eine Postkarte abschicken, die folgendermaßen beginnt:
"...mache ich Sie darauf aufmerksam:
Die Staudämme im Amazonasgebiet sind unwirtschaftlich..."
Die Naivität solcher A p p e l l e an die I n s t a n z e n
i m p e r i a l i s t i s c h e r V e r n u n f t ist eine Sa-
che. Die andre ist, daß darin deren Vernunft unweigerlich als die
gültige unterstellt und befestigt ist. Da mag die gesamte Fauna
und Flora um einen Robin Wood'ler herum verschimmeln, ohne daß er
in seiner festen Überzeugung schwankend wird, daß ein
r e c h t e r G e b r a u c h d e s G e l d e s - von ihm
schon einmal "im Kleinen" und etwas unkonventionell vorgemacht -
all die Erscheinungen gar nicht erst hochkommen lassen würde, die
sein naturfühlend' Herz so bedauert. Dieses eigentümliche Verlan-
gen nach V e r w e i g e r u n g eines Kredits unterstellt des-
sen an und für sich w o h l t ä t i g e K r a f t; wer
"negative Wirkungen" eines Kredits beschwört, der entdeckt ander-
wärts ein dickes Plus an ihm; dem geht es nicht um eine ökonomi-
sche Bestimmung des Kredits, sondern um das Anheften moralischer
Etikette an ihn. "Es kommt darauf an" heißt hier das Credo, näm-
lich darauf, w e r den Kredit in Händen hält und welche
V o r s ä t z e damit verfolgt werden.
Ein großer "praktischer Schritt nach vorn" scheint gelungen - so
sehen es zumindest die Gründer - mit der Gründung der
Ökobank
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Mit ihr kündigt sich Umwälzendes an:
"Die Gründung der Ökobank ist eine Art Bretton Woods für die Al-
ternativökonomie, eine Art Währungsreform der selbstverwalteten
Geldwirtschaft. Eine Heraklesarbeit ist verrichtet."
(Ökorrespondenz 3, S. 7)
Offensichtlich beeindruckt von dem Erfolg einer imperialistischen
Welteinrichtung, die in dem Ort Bretton Woods beschlossen wurde,
betrachtet sich die Ökobank wie den Auftakt zu einer n e u e n
Ä r a d e s K a p i t a l i s m u s. Die "Alternativökonomie"
oder "selbstverwaltete Geldwirtschaft" tritt dem Kapitalismus
keineswegs feindselig gegenüber, will ihn vielmehr f i t
m a c h e n für Herausforderungen, von denen er noch keine
rechte Ahnung hat:
"Wenn es aber zutrifft, daß die Wirtschaft des nächsten Jahrtau-
sends von einem Ende des Wachstums der Großindustrie mit ihrem
Zwang zur Massenproduktion gekennzeichnet ist, dann wird eine
Vielfalt von Produktionsweisen und Organisationsformen entstehen
müssen, um ein ausreichendes Angebot von Arbeitsplätzen überhaupt
zu schaffen." (ebd., S. 8)
Diese notorischen Retter der Menschheit können sich die Mensch-
heit natürlich auch nur mit Geld, Banken und Arbeitsplätzen vor-
stellen, als ob diese natürliche Eigenschaften wären. Drum wissen
sie den Banken auch nichts besseres vorzuwerfen, als daß sie dem
"Wachstum als dem entscheidenden Indikator wirtschaftlicher Ent-
wicklung" verpflichtet sind, wo doch allen sehenden Menschen
schon längst klar ist, daß eine Art "sanfter" Kapitalismus aufge-
legt werden muß, soll der Mensch mit seinen natürlichen Geldei-
genschaften überleben können. Diese idealismusgeleiteten Menschen
haben weder von der Bank noch von der Ökologie eine Ahnung. Die
B a n k stellen sie sich vor als einen großen Geldtopf mit der
erstaunlichen Fähigkeit, durch sein pures Vorhandensein
G e s c h ä f t e s t i f t e n zu können; bislang haben sich
daraus die Falschen bedient, jetzt gibt es aber exklusiv einen
Geldtopf für "gute" Geschäfte, also werden die nun auch aufsprie-
ßen. Die Ö k o l o g i e stellen sie sich vor als einen bislang
u n t e r d r ü c k t e n G e s c h ä f t s z w e i g; der viel-
beklagte "Raubbau an der Natur" ist also Resultat
a u s g e l a s s e n e r C h a n c e n, derer sich nun die be-
mächtigen können, die bei den normalen Banken keine Aussicht auf
Gehör hatten.
Ein "sanftes" Kreditgebaren scheint den Ökobankern dadurch ge-
währleistet zu sein, daß sie sich die Form der
G e n o s s e n s c h a f t s b a n k geben. Diese Erfindung zur
Selbsthilfe benachteiligter Eigentümer - Bauern, Handwerker,
Kleinhändler - gefällt ihnen deswegen so gut, weil man in ihr mit
etwas gutem Willen, mitten in der harten Konkurrenz, so etwas wie
eine Insel der Solidarität erblicken kann. Während aber die
echten "Genossen" ihre Solidarität sehr zweckgerichtet als eine
Zusammenfassung kleinerer Kapitalsummen auffassen, die der
E r t r a g s kraft des e i n z e l n e n zugute kommen soll,
verspricht die Ökobank ihren Genossen, die sie gleich als Gesin-
nungsgenossen anredet, in erster Linie einen Zuwachs an
g u t e m G e w i s s e n.
E r s t e n s gibt es eine Alternative zu folgendem bedrückenden
Zustand: "Die Konten der 68er lagern beim Klassenfeind." Das
wurmt die schon lange, daß sie - zu anständigen Bürgern mit an-
ständigen Berufen herangereift - ihr anständiges Konto bei an-
ständigen Banken unterhalten mußten. Allerdings haben die Antiau-
toritären von einst bei ihrer Dresdner Bank für Ge-
mein(!)wirtschaft Ansprüche gelernt, denen die Ökobank auch genü-
gen will: An ihre Angestellten ergeht der dringliche Auftrag,
einen ordentlichen "Professionalismus des Managements" an den Tag
zu legen, weil es sonst mit der Verlagerung der Konten weg vom
Klassenfeind nichts wird. Z w e i t e n s kann dieses Geld in
Projekte gesteckt werden, die im gewöhnlichen Geschäftsgang kei-
nen Kreditgeber finden, nämlich in "ökologische und Frauenpro-
jekte", Projekte, die wegbereitend vom Heraufziehen des neuen Ka-
pitalismus künden. So wird der pure Platzwechsel des Geldes zur
guten Tat.
Bei diesem Sonderangebot unterlaufen der neuen Bank noch Schnit-
zer der höheren Art, die sich für eine "saubere" Bank nicht gehö-
ren:
"Aus der Hektik heraus, die Ökorrespondenz noch vor Weihnachten
versenden zu können, haben wir vergessen, uns bei der Versand-
firma genauestens über die Art der Versendung zu informieren. Zu
unser aller Entsetzen flatterten dann auch bei uns in der Woche
nach Weihnachten plastikverpackte Ökorrespondenzen auf den
Tisch... Wir bedauern diese Panne sehr. Gelernt haben wir aber
auch wiederum, daß ein ökologisches Bewußtsein - gerade im Be-
trieb - nicht ohne weiteres entsteht. Es muß langsam und auch mit
derartigen Negativerfahrungen erworben werden. Aus diesen Erfah-
rungen kann jedoch tatsächlich ein bewußterer Umgang mit ökologi-
schen Fragen wachsen, der nicht mehr nur appelativen Charakter
hat." (S. 3)
Profanere Probleme hat die neue Bank allerdings auch: die Pro-
bleme einer neuen B a n k.
Entgegen ihrem Gründungsidealismus merken die Ökobanker, kaum daß
sie ins simple Addieren und Subtrahieren einsteigen, daß allein
ihre Existenz Null bewirkt. Sie merken es daran, daß ihre eigene
S o l i d i t ä t auf dem Spiel steht, ohne die nun mal gar
nichts geht und die wiederum auf Z i n s e i n n a h m e n aus
gelungenen Geschäften beruht. So können sie darauf h o f f e n,
mit der Ansammlung von alternativem Geld e i n t r ä g l i c h e
"ökologische und Frauenprojekte" zu stiften, zugleich müssen sie
aber davon ausgehen, daß solche Geschäfte ohne u n ö k o n o-
m i s c h e n I d e a l i s m u s gar nicht möglich sind.
Dieser kleine Widerspruch zwischen Solidität und gutem Zweck
drückt sich in ihren A n g e b o t e n aus:
- Freier, s e l b s t h a f t e n d e r Kredit g e b e r will
sie nur bedingt sein. Ein rasches Ausweiten des Kreditvolumens
ist zwar durchaus möglich, aber nur gegen Hereinnahme von sehr
vielen u n s o l i d e n S c h u l d n e r n. Also macht die
Bank die Einleger mit dem Gedanken vertraut, daß zwar sie, die
Bank, die Kredite vergibt, aber sie, die "Genossen" das
R i s i k o tragen sollen - bei den mehr zweifelhaften
"Projekten". Dafür hat man sich den menschelnden Begriff des
B ü r g e n ausgesucht: Solidarisch stehe viele für ein
"Projekt" ein, dem sie - noch vor jeder bösen Zinsabsicht - alles
Gute wünschen. Wenn's dann schief geht:
"Zum Schluß wäre noch zu bemerken, daß sich die zukünftigen
BürgerInnen immer bewußt sein müssen, daß die Ökobank auf sie
zurückgreifen wird (und muß), sollte der Kredit an einem Projekt
einmal notleidend werden. Trotzdem hoffen wir, durch die
Möglichkeit der Bürgengemeinschaften einen gangbaren Weg gefunden
zu haben, um bei der Besicherung von Krediten zu helfen und
unseren Förderspielraum zu erhöhen." (S. 6)
- Sie setzt sogar die Idee in die Welt, sie könnte bloßer Kre-
dit v e r m i t t l e r sein, also ein Makler für das Zusammen-
führen von Kreditgeber und -nehmer ohne profitliche Dazwischen-
kunft von ihr als Bank. Das soll aber die Ausnahme bleiben. Die
Notwendigkeit einer Bank wäre dann ja auch schnell erledigt.
- Freier, s e l b s t v e r a n t w o r t l i c h e r Kreditge-
ber will sie also schon sein, und zwar in den Fällen, wo sich ein
"Projekt" tatsächlich mal als profitabel herausgestellt hat. Die
Belohnung für die "Genossen" heißt dann in erster Linie: Eure
Bank ist d o c h t r a g f ä h i g.
- Für die (anfängliche?) Finanzierung greift die Bank auf das
altbewährte Prinzip der a k k u m u l i e r e n d e n
S c h u l d e n zurück. Sie gibt Wertpapiere heraus, die bedient
werden aus dem Hereinlocken weiterer Einlagen. Es fehlt ja
(vorläufig?) an dem P r o f i t, an dem sie sich bedienen
könnte. Andererseits kann es zu dem Profit nur kommen, wenn und
falls die Einlagen sich einfinden - und auch dann nur vielleicht.
Schwierig.
- So schürt diese brave Bank jetzt schon ein wenig das Mitleid
ihrer Klientel mit abzusehenden "schwierigen Geschäftslagen" und
bereitet sie darauf vor, daß die "Genossen" auch mal
"nachschießen", auf gut deutsch: in den Wind schießen müssen.
Der weitere Lebensweg der Ökobank ist klar vorgezeichnet: Entwe-
der geht sie bankrott oder sie wird wie jede andere Genossen-
schaftsbank auch. Sie verwendet die Gelder der "Genossen", um ein
ganz normales Bankgeschäft aufzuziehen, d.h. also auch, sich am
Kreditwesen der normalen Banken zu beteiligen, um so schließlich
auch ganz normale Kunden an Land zu ziehen. Der gute Zweck geht
darüber nicht verloren, solange sie das "Ö" in ihrem Namen hat,
in den Schalterhallen statt dem grünen Band der Sympathie viele
Blumen und wenig Plastik aufstellt und womöglich noch drei Renom-
mierprojekte vorweisen kann. Außerdem kann ihr niemand ihren
Slogan klauen:
"Schön daß es uns gibt!"
Bit essen Seele auf
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Das lassen sich Kapitalisten nicht nachsagen: sie würden immer
nur dem Profit nachjagen. Tun sie ja auch nicht. Sie stellen ihr
Kapital zur V e r f ü g u n g, woraus dann Arbeitsplätze, über-
haupt "der Fortschritt" und selbstverständlich auch ein wenig
Einkommen für sie entspringen soll.
Zur Maximierung dieser Aufgabe sind die Manager eingesetzt,
d i e haben sich um den Profit zu kümmern. Darüber laufen sie
Gefahr, den Mittelcharakter des Profits aus den Augen zu verlie-
ren: Sie verfangen sich im unpersönlichen Zahlenwerk der Steige-
rungsraten, halten womöglich das noch für das Entscheidende auf
der Welt, statt sich jederzeit von den hohen Werten durchdringen
zu lassen, für die sie letztendlich verantwortlich sind. Damit
ihnen die "V i s i o n e n" nicht ausgehen, gehen sie hin und
wieder in Seelenaufmöbelungskurse - z.B. in das jährliche Mana-
gersymposium in St. Gallen (Schweiz). Das diesjährige Thema lau-
tete "Corporate Dynamics - Action and Vision". Der Bestseller-
Philosoph Watzlawick ("Anleitung zum Unglücklichsein") las ihnen
die Leviten:
"...erzählte der praktizierende Psychotherapeut und Unternehmens-
berater von seinen Erfahrungen, die er mit im Silicon Valley ar-
beitenden Managern gemacht. hat. 'Bei ihnen stellte er einen
'Glauben an die Digitalisierbarkeit der Welt fest'. Alles, was
nicht in dieses starre Computerschema passe, finde für sie nicht
mehr statt."
Ein bedenklicher Realitätsverlust also, den der Psychotherapeut
seinen Klienten attestieren muß, und ein Teufelskreis dazu: Der
Dienst, den sie an der Menschheit verrichten, macht sie zu
Knechtsnaturen - als solche können sie aber der Menschheit nicht
den Weg ins neue Zeitalter bahnen. Stattdessen:
"Damit gehen laut Watzlawick Gefühle, Träume und das Unfaßbare
jeder menschlichen Existenz verloren. die Folge: Der
"Computermensch" fülle die Leere der Abende nur zu oft durch die
Erlebnisse des Kokainrausches, was die Arbeit der industriellen
und militärischen Spionage übrigens im Silicon Valley sehr er-
leichtere. Da diese Tendenzen vor allem in äußerst dynamischen
Branchen zu finden sind, stehen Action und Dynamik bisweilen der
Entwicklung von Visionärem im Wege. " (Wirtschaftwoche, 27.5.)
So versenkten sich die Manager mal so richtig in ihr manageriales
Geworfensein und wurden sich klar darüber, daß sie die Digitali-
sierung aufbrechen und sich wieder eine Grundvoraussetzung zule-
gen müssen:
"Wer bewältigt denn nun die Zukunft am besten? 'Derjenige, der
einen offenen Geist hat', meinte Koos Andriessen, Präsident des
niederländischen Christlichen Arbeitgeberverbandes."
Als ob sie den Ruf von Robin Wood, Grünen und sonstigem
"Reformspektrum" gehört hätten, griffen die geläuterten Klotz-
köpfe sodann in die obersten Schubladen: Die Rettung des Men-
schengeschlechts wird durch die unübertreffliche E t h i k des
Managers gewährleistet. "Ethikkommissionen" bei Daimler geister-
ten durch die Diskussion. Das wurde dann allerdings entlarvt als
Sünde wider das 1. Gebot: Ich bin dein Herr, dein Manager du
sollst keinen anderen Ethiker haben neben mir, Edzard Reuter,
Chef von Daimler-Benz:
"'Die gefährdete Existenz des Menschen', so hatte der ungekrönte
König der Veranstaltung gesagt, kann nicht durch eine Ethik gesi-
chert werden, die menschliches Handeln unfehlbar macht.' Dies
wäre aus christlicher Sicht auch eine überhebliche Gottesläste-
rung. Doch daraus darf ein Unternehmer nach Reuters Ansicht nicht
den falschen Schluß ziehen, ohne ethische Prinzipien bei seinem
Handeln auskommen zu können."
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