Quelle: Archiv MG - BRD MEDIEN TV - Was das Volk aufregt
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Hans Rosenthal +
60 MILLIONEN DEUTSCHE WEINTEN.
SO GEHÖRT SICH DAS AUCH.
Schließlich ist da nicht irgendein Witzeerzähler oder Jugendher-
bergsvater verstorben, sondern ein Unterhalter im Staatsdienst.
Eine Säule des bundesdeutschen Gemeinwesens, ein öffentlich-
rechtlicher Abendgestalter, der gewußt hat, was seine verdammte
Pflicht und Schuldigkeit war, nämlich das deutsche Volk bei Laune
zu halten. Und das hat er auch bedient, dermaßen, daß nach seinem
Abnibbeln wildfremde Hausfrauen und Rentner im Fernsehen ge-
schluchzt haben, als wäre ihnen gerade ein Bein abgefallen.
Hans Rosenthal, das war ein Kämpfer an vorderster Front, ein
Kämpfer für das
Recht auf Unterhaltung
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Neben sich hat er in ARD und ZDF nur Zyniker und Unterwanderer
gesehen. Miesmacher, die das Publikum, kaum hockt es nach einem
harten Arbeitstag gemütlich im Sessel vor der Glotze, mit Kritik,
Problemen, Politik überfallen. Das ist zwar ein bißchen ungerecht
gegenüber den Thoelkes, Kulenkampffs und Carells; aber ohne ein
Stück Einbildung tut es nun mal keine bedeutende Persönlichkeit.
"Problem" ist gleich Zersetzung, Witze dürfen keinesfalls gegen
etwas gehen und Unfrieden stiften - so hat unser aller Hänschen
Rosenthal gedacht. Und die Vermeidung jedes häßlichen Tons hat er
16 Jahre lang 153mal gnadenlos durchexerziert nach einem eisernen
Regelwerk für 1a Unterhaltung.
Kraft durch Freude!
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Außer reinster und schlichtester Freude war in der Show keine Ge-
fühlslage zugelassen. Garantiert wasserdicht aufgrund der Spiel-
regeln:
- Keine Konkurrenz, keine Verlierer, niemand brauchte sich über
gar nichts zu ärgern, weil es nämlich gar nichts zu gewinnen gab.
Statt dessen ein gemeinsames Hopsen, Babbeln und Raten für einen
guten Zweck: eine mickrige Summe am Schluß für garantiert un-
schuldige Opfer, Witwen, Waisen und Dackelbesitzer.
- Spiele, die auf keinen Fall mit Intelligenz oder Bildung zu
verwechseln waren: Wäsche Aufhängen, volle Gläser Balancieren,
ganz viele Getränkenamen Aufsagen und Bilderrätsel Lösen. Extra
so ausgetüftelt, daß kein Funken Verstand gefragt war, in voller
Absicht kindisch. Und damit doch noch ein bißchen Spannung in die
Sache kam, das alles so schnell wie möglich. Dalli-Dalli! Und
wenn sich dann einer verhaspelt oder eine Gießkanne umgeschüttet
hat, ach, war das lustig. Und niemand wurde dabei ausgelacht;
ganz umgekehrt: Da wurde j e d e r Kandidat gelobt. "Das
war..." hieß das Kommando für Begeisterung, und dann brüllte das
Publikum gut trainiert wie ein Mann "... Spiiitze!"
- Prominente und Normale ganz eng beisammen. Durften wahrhaftig
auf einer Bühne zusammen denselben Scheiß machen! Filmstars und
Politiker wie du und ich! Und wenn sich alle blöd s t e l l e n
und ganz schnell ganz viel Möbelstücke oder Sportarten aufzählen,
dann kann sich keiner blamieren. Am allerwenigsten der Zuschauer,
in dem sich das wohlige Gefühl breit macht, daß sich da hohe
Tiere und berühmte Mitmenschen genauso dämlich anstellen können
wie er selbst. Ach, war das menschlich. Sein Berufsgeheimnis hat
der Erfinder dieser unsäglichen Veranstaltung noch vor seinem Tod
verraten: Selber möglichst dumme Fragen stellen, "dann merkt der
Kandidat, der Rosenthal ist auch dämlich, und dann fühlt er sich
sicher." Und das alles wegen seiner obersten und einzigen Bot-
schaft:
"Man muß Menschen mögen". Muß man?
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Das macht ja sowieso keiner, jedenfalls, was die nähere Umgebung
betrifft. Das Ekel von Vorgesetztem, Ehefrau oder -mann oder die
anderen verwandten Nervensägen - die immerzu mögen, das hält ja
keiner aus. Aber bei Menschen überhaupt, da sieht die Sache an-
ders aus. Einfach davon absehen, was die sogenannten Menschen
tagtäglich miteinander zu schaffen haben, daß der eine einen Ti-
tel hat und einem anschafft, daß der andere ein Amt besitzt, wo
sich Arschkriecherei gehört; bei sich zu Hause am Feierabend nur
noch daran denken, daß das alles letztlich auch "bloß Menschen"
sind: Das bereitet anderthalb Stunden "ungetrübtes Vergnügen".
Dann breitet sich ein warmes weiches Gefühl aus, in einem furcht-
bar netten Verein von lauter "Menschen" dabeizusein. Lauter fröh-
liche Exemplare, die einen Spaß verstehen und niemandem ein Lei-
des tun... Da gibt es keine Unterschiede, da wird man selbst aus-
nahmsweise ganz für voll genommen und gemocht. Darauf kommt es ja
schließlich an. Diese Genugtuung, diese lauwarme Gemütlichkeit
hat Hänschen Rosenthal seinem Publikum verschafft. Kein Wunder
bei soviel Optimismus, daß er auch den grinsenden Kanzler einfach
Spitze fand.
Sein Gewerbe soll auch noch harte Arbeit gewesen sein, wie er oft
genug herumtrompetet hat. Das sollte nämlich auch jeder mitbekom-
men, daß man es sich mit der guten Laune gefälligst nicht leicht
zu machen hat. Das ist eine Pflichtveranstaltung, da heißt es
Zähne zusammenbeißen und Heiterkeit! Dafür hat er auch noch sei-
nen letzten Gag inszeniert, sich einen Krebs zugelegt und sich im
Krankenbett filmen lassen mit dem Spruch fürs Publikum: "Mir geht
es gut, ich bin glücklich!" Das hat man sich hinter die Löffel zu
schreiben: Ein jeder hat sein Päckchen zu tragen und dabei guter
Dinge zu sein. Und wenn man so eine feine Haltung beweist, dann
kann man sich selber noch einmal so gut mögen. Mann, ist das lu-
stig.
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