Quelle: Archiv MG - BRD MEDIEN TV - Was das Volk aufregt


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       Die Fernsehkritik
       "Zwischen den Kriegen":
       

MUNITIONSTRANSPORTE IN DER BRD

Dokumentarfüm mit anschließender Diskussion (10.1., 3. Programm) ---------------------------------------------------------------- Der friedensbewegte Autor des Beitrags über die Munitionstrans- porte hat anderthalb Jahre recherchiert. Das Ergebnis waren filmische Dokumente eines regen Waffen- und Munitionsverkehrs in westdeutschen Häfen, auf Wasserstraßen und Autobahnen. Die ganze Palette modernen Tötungsgeräts wird da jeden Tag durch die Repu- blik zu den jeweiligen Einsatzorten: Kriegslagern und Truppen- übungsplätzen verschoben, säuberlich klassifiziert nach den 'Gefährdungsstufen' des Transportwesens und versehen mit unzwei- deutigen Kennzeichnungen. Das alles dokumentierte der Film, und nebenbei konnte der Zu- schauer erfahren, daß die zuständigen Stellen bei den Dreharbei- ten nicht gerade auskunftsfreudig, vielmehr ausgesprochen feind- selig reagierten. Nur: was war an der Dokumentation von alledem eigentlich so aufklärerisch, daß der Film gleich mit dem Gestus der Entlarvung daherkam? - Sicher: - g e f i l m t und damit öffentlich gemacht wurden Munitions- transporte bisher nicht. D e n k e n k a n n es sich und wis- sen tut davon deshalb aber jeder, der nicht meint, Bundeswehr und U.S. Forces wären Attrappen, die auf ihren Schießplätzen mit Knallbonbons werfen und in ihren Depots Konfetti bunkern. Bleibt die Aufklärung, daß Raketen und Giftgas einer reichlichen Anzahl von Leuten quasi quer durch den Vorgarten transportiert werden. Aber wofür sind wir denn jetzt, liebe Friedensfreunde? Für den direkten Lufttransport der Munition in die Bunker, damit die Vor- gärten atomwaffenfrei bleiben?! - g e h e i m sind die ganzen Unternehmen, und viele Leute wis- sen n i c h t, was in einem Rheinschiff mit drei blauen Kegeln am Bug ist, weil sie sich noch nie Gedanken darüber gemacht ha- ben. Das liegt aber nicht daran, daß die "Munition vor der Bevöl- kerung versteckt" würde, sondern daran, daß diese Leute es für völlig selbstverständlich und in Ordnung halten, daß die Bundes- wehr, die sie für ganz genauso in Ordnung halten, über das nötige Gerät für ihren Kriegsauftrag auch schon vorher verfügt. Solange die Transporte nicht bei ihnen vor der Haustür vorbeidonnern und sie dann eine Bürgerinitiative gegen Lärm, für eine Umgehungs- straße und einen sicheren Schulweg gründen, sind sie ihnen a u s d i e s e m G r u n d gleichgültig. Warum sollte ihnen denn auch an den Kriegs m i t t e l n aufstoßen, was sie am Kriegs- zweck (hochdeutsch: Verteidigungsauftrag der NATO nicht bemerken wollen? Bleibt die Aufklärung, daß Munitionstransporte g e h e i m sind. Aber wofür sind wir denn jetzt eigentlich, liebe Friedensfreunde? Für öffentlich bekannt gemachte und deut- lich gekennzeichnete Munitionstransporte, so daß die informierte Bevölkerung je nach Geistesverfassung entweder Türen und Fenster schließen oder sich zum Fähnchenschwenken an die Autobahn stellen kann?! - transportiert wird eine "gefährliche Fracht". Damit sind wir beim Kern der Sache, auf die es dem Film ankam: das verschobene Kriegsgerät sei "ungenügend gesichert" und stelle eine "Gefährdung" von Leib und Leben dar. Auf diesen Gedanken frei- lich, Giftgas z.B. könne unter dem Umstand des "fahrlässigen Um- gangs" Menschen womöglich Schaden zufügen, muß man erst einmal kommen: D a ß Giftgas gefährlich ist, ist ja wohl klar! Aber worum geht es denn jetzt eigentlich? Um die Warnung, mit dem Zeug auch ja vorsichtig und sorgfältig umzugehen? Aber wo sind wir denn jetzt schließlich gelandet, liebe Friedensfreunde? Bei einem Plädoyer dafür, daß auf das Kriegsgerät in Friedenszeiten, d.h. bis z u m E i n s a t z schön achtgeben wird, damit nicht v o r z e i t i g etwas passiert. Es gibt wohl keinen trostloseren Einwand gegen Munitionstrans- porte als den des Films, daß Gas und Atom "fahrlässig" = u n g e w o l l t und in einer ungeeigneten Umgebung hochgehen könnten. Wenn nämlich die Militärs etwas bedacht haben, dann doch wohl dies, daß ihr schönes Gerät nicht die falsche = eigene, son- dern die richtige = fremde Bevölkerung im Fall des Falles trifft. Die Kritik, diese Munition sei aber doch gefährlich, grenzt also nicht nur an Schwachsinn, sondern fordert die passende Antwort der Gegenseite geradezu heraus: gefährlich? Aber immer - für den Feind! - Die Weichen für die Diskussion -------------- waren also gestellt. Teilnehmer: der Autor, zwei Redakteure des WDR und der Sprecher des Verteidigungsministers, Jürgen (von der Bundeswehr) REICHARDT. Letzterer nicht aalglatt wie immer, son- dern ziemlich auf 180. Was ihn so echauffiert hatte, war die Tat- sache, daß der Film Waffen und Munition nicht, wie der durchge- setzte Anstand der Republik vorschreibt, gewürdigt, sondern sich eine Kritik herausgenommen hatte. Und das in einer öffentlich- rechtlichen Anstalt! Als erstes stellte REICHARDT die Inquisiti- onsfrage: "Wer ist für dieses Machwerk verantwortlich?", worauf den beteiligten Redakteuren ihr Journalisten-Hasenherz noch eine Etage tiefer als üblich rutschte und für den Rest der Sendung dort verblieb, dann haute er den Friedensfreund-Dokumentarfilmer nach Strich und Faden in die Pfanne, die dieser sich zu einem guten Teil selbst angerichtet hatte. Und das ging nach allen Re- geln der Kunst eines BW-Politruks. - D i e B l ö ß e n d e s G e g n e r s nutzen. Der Film hat beklagt, die Granaten könnten schon auf dem Transport explodie- ren? Aber nicht doch, beruhigte der Oberst: "Die Zünder sind doch gar nicht drin!", und die werden erst reingeschraubt, wenn mal wieder zurückgeschossen wird. - D e n G e g n e r v e r h ö h n e n. Der Film hat behauptet, ein geheimer Munitionszug habe 35 Waggons? Das weiß ich als Hardthöhen-Oberst, eben weil es geheim ist, natürlich besser. Er hat nur 15 Waggons! - G e s c h i c k t W a h r h e i t u n d L ü g e m i- s c h e n. Munitionstransporte seien gefährlich? Aber nicht doch: "Wir haben die besten Sicherheitsbestimmungen der Welt." Daran ist wahr, daß die tödliche Fracht im Fadenkreuz der Kanonen und nicht schon auf den heimischen Bahnhöfen hochgehen soll. So- viel zur "Sicherheit". Gelogen ist daran, daß dies auch "Sicherheit" für die hiesige Bevölkerung bedeuten würde. Denn da- mit die schon in Friedenszeiten fleißig eingeschossenen Kanonen immer reichlich Nachschub haben, ist der eine oder andere tödli- che "Transportschaden" als Betriebsrisiko der Demokratie schon einkalkuliert: "Ich kann Unfälle natürlich nicht ausschliessen." Hier kommt krönend die K u n s t d e r a u g e n z w i n- k e r n d e n H e u c h e l e i zum Einsatz. - L ü g e n, d a ß s i c h d i e B a l k e n b i e g e n. Der Film redet immer von "Munition"? Aber die gibt es doch so gar nicht! "Hier muß deutlich unterschieden werden: Es gibt Kriegsmu- nition und Ausbildungsmunition". Und nur die zweite Kategorie werde überhaupt transportiert. Und das geht so (der gleiche Oberst an gleicher Stelle zehn Minuten später): "Die überalterten Lagerbestände der Depots werden zu den Truppenübungsplätzen ge- bracht." Wahrscheinlich nicht ohne sie vorher mit einem Roten Kreuz als "Übungsmunition" zu kennzeichnen. Usw. usf. Fazit ----- Der im Dokumentarfilm gerittene Angriff auf die Praxis der Muni- tionstransporte in der BRD ging aus wie das Hornberger Schießen. Wer zu später Stunde noch vor dem Fernseher saß und sich darüber ärgerte, daß sich Wörners Bauchredner unwiderlegt und ungestraft aufführen konnte wie nach dem Motto: 'Es wäre doch gelacht, wenn ich diesem Friedensfifi nicht das Maul stopfen könnte!', der hätte zumindest einen Schluß ziehen können: Daß die untertänige Warnung vor der "Gefährlichkeit" des hierzulande gebunkerten Kriegsgeräts eine restlos untaugliche Kritik an der Kriegspolitik der NATO ist. zurück