Quelle: Archiv MG - BRD MEDIEN TAZ - Der Spiegel der Szene
zurückATOM-KOLLABORATEURE?
Betr. TAZ-Kommentar zur 'Robin Wood' Veranstaltung in der Markthalle "Kommentar zur Sprengung der 'Robin-Wood'-Veranstaltung Atom-Kollaborateure Leute, es reicht. Wer auch immer vorgestern abend glaubte, Mili- tanz beweisen zu müssen - Bettina Hoeltje (GAL) spricht von einer "Koalition von Hafenstraßenbewohnern und offensichtlichen Mit- gliedern der Marxistischen Gruppe" -, der hat etwas ganz anderes bewiesen: Kollaboration mit der Atomindustrie. Veranstalter war 'Robin Wood', Leute also, die schon am anderen Tag gezeigt haben - und das nicht zum ersten Mal -, was subversiver und antikapita- listischer Widerstand tatsächlich sein kann. Ihr Transparent hängt an einem Kühlturm von Cattenom, Eures nicht, und wie die in das Kernkraftwerk reingekommen sind, davon könnt Ihr nicht einmal träumen. Witz beispielsweise ist dazu nötig, und in jedem Falle mehr als mit verteilten Rollen einen Text vorzulesen, wie Ihr das revolutionärerweise getan habt. Da mag sogar Richtiges dringe- standen haben; jawohl, die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Uranbergwerken sollen nicht vergessen werden. Aber Ihr habt dafür gesorgt, daß auch über sie nicht berichtet werden konnte. Und wie froh mag darüber der Senator gewesen sein - sogar Bettina Hoeltje kam unverdient leicht davon. Die Fragen waren gestellt, das Publikum war auf die Antwort gespannt. Und zwar deswegen ge- spannt, weil außer Euch kaum jemand so blöd ist, einem Parteipo- litiker im Wahlkampf alles aufs Wort zu glauben. Der Senator und die GALierin - oder, wie es Euch besser gefällt: die "Büttel" und "Hofschranzen" hätten antworten müssen. Statt dessen kriegten sie Eier auf den Kopf. Viele werden von Gewalt reden, ich finde Eure bequeme Dummheit noch schlimmer. Die habt Ihr für Euch gepachtet, die Gewalt nicht: "Wir verfeuern demnächst MGler, macht 20 Kilo- watt." Dieser Satz war aus dem Mund eines Mitgliedes der GAL- Fachgruppe Energie zu hören, in der Kneipe natürlich. Macht doch weiter so, alle beide, Eure Geschichte läßt grüßen. Niklaus Hablützel" Na endlich weiß man's auch von der TAZ: "Leute, es reicht"! Ge- meint ist nicht die Einschaltung von Brokdorf in konsequenter Fortschreibung des sozialdemokratischen Atomprogramms; gemeint ist auch nicht die Selbstkritik des Hamburger Innensenators an- läßlich der Proteste am Tag X, mit gewissen Demonstranten nicht ein für allemal aufgeräumt zu haben. Gemeint ist die "Sprengung" eines demokratischen Dialogs von Energiesenator J. Kubbier, Robin Wood und GAL, die den TAZ-Kommentator zur Empörung treibt. Einer Empörung, in der er - egal "wer auch immer vorgestern abend glaubte, Militanz beweisen zu müssen" die Schuldigen aktenkundig gemacht hat. Die GAL-Vertreterin hat's neben der Springer-Presse auch ihm vorgesagt: Hafenstraße und - MG!! Das macht gleich zu Anfang einiges klar und die Empörung und ihre Lehren ungemein glaubwürdig. Trotzdem Einwände seien erlaubt! Was Politiker und ihren Wahlkampf betrifft, gibt man sich sehr gescheit. Die TAZ will sogar wissen, daß sie denen nicht alles (?!) aufs Wort glaubt. Aber dann auf die durchschauten Wahlkampf- lügen der Oberen unheimlich gespannt sein und so tun, als wäre mit deren Ausfall eine ungeheure Chance zur Ausübung von Druck auf die entgangen, die bei der Durchsetzung ihres Atomprogramms nichts, aber auch gar nichts, der Überzeugungskraft ihrer Argu- mente überlassen. Worauf wart Ihr, pardon: das Publikum, denn so gespannt? Daß Euch ein Kuhbier zum x-ten Mal den bekannten Ein- seifertext der SPD verliest, sprich: auf's geplagte Volk Rück- sicht nehmen zu wollen, leider aber nicht anders zu können, als ihm den mindestens zehnjährigen Weiterbetrieb der AKWs zumuten zu müssen? - auf daß er sich durch die mutige und trickreiche Ent- larvung auf's Kreuz gelegt sieht, die da heißt: 'Wir wüßten ganz viele Chancen und Wege, deren Ergreifung die SPD in unseren Augen um etliches glaubwürdiger machen würde, als se es mit ihrem Aus- stiegswillen ohnehin schon geschafft hat'? Nichts blöder, als den vermeintlichen Rechtfertigungsnöten eines Politikers nachzutrau- ern, deren Aufdeckung wohl das sofortige Abschalten von Brokdorf und anderswo nach sich zieht!? Es sei denn, man ist in dieser Sa- che partout auf den selbstgefälligen Genuß aus, einen Machthaber mit ein paar geistigen Klimmzügen, die vor Respekt und Verständ- nis vor den 'Sachnotwendigkeiten' der Staatsräson nur so strot- zen, in's intellektuelle k.o. geschickt zu haben. Dann sind ein paar vergnügliche Stunden futsch gewesen. Mehr aber auch nicht! Also: Schenkt Euch die lächerliche Anmaßung, die gelungene Bloß- stellung der Unglaubwürdigkeit eines Kuhbier wäre so etwas wie ein Schlag gegen die Atomindustrie, und die Verhinderer Eures heißgeliebten Dialogs mit dem HEW-Aufsichtsrat wären - "Atom-Kol- laborateure". Wie wär s denn gleich mit Klartext? Ohne den billi- gen Trick mit Eurer Legitimationszugzwangtheorie-Masche. Sagt doch einfach, daß es Euch stört, wenn Leute Ihre Einwände gegen AKWs nicht schon wieder in Alternativen für's Regierungsgeschäft aufgehoben sehen wollen. Sagt doch einfach, daß es Euch ganz schwer drauf ankommt, mit der SPD den so ungeheuer realistischen 10-Jahres-Ausstiegs-Dialog zu pflegen, anstatt mit solchen zu diskutieren, die bloß ein paar gute Gründe gegen AKWs und ihre staatlichen Betreuer haben, aber im parlamentarischen Machtge- triebe nichts bewegen und das auch gar nicht wollen. SO gesehen wären die Standpunkte wenigstens eindeutig! Aber so einfach geht's natürlich nicht für's Bedürfnis, in den Anti-AKW- Protest ein wenig Hygiene reinzubringen. Was sich da gehört und wo die Ehre aufhört, zu der Bewegung zu zählen, der die TAZ die Noten für gutes Benehmen erteilt - dieses, sagen wir's mal höf- lich: Thema ist Euch ja nicht erst seit der Tag X-Demo ein Her- zensanliegen. Da kommt die "Sprengung" gerade recht. Und erst das Stichwort "MG"! Da läßt sich die geistig-moralische Trennungsli- nie nach links ganz ohne Scheu und sonst übliche Problematisie- rung ziehen. Und damit es jeder merkt: das Ganze auch noch im Na- men eines Widerstands, dem ein Glaubwürdigkeitsattest ausgestellt wird, daß es einem die Schuhe auszieht: Wider besseres Wissen wird Robin Wood als der eigentlich Geschädigte der "Sprengung" verkauft und geradezu als Vorbild des Anti-AKW-Protests hinge- stellt, damit die Schwere des Verbrechens so richtig zur Anschau- ung kommt. Dafür erhält Robin Wood sogar eine Auszeichnung, die bei anderer Gelegenheit von der TAZ milde als Antiquiertheit be- lächelt wird: A n t i k a p i t a l i s t i s c h, gar r e v o l u t i o n ä r sollen die Aktionen dieser Umweltgruppe sein. Da ist die Frage völlig daneben, was denn ein Widerstand taugt, der darauf berechnet ist, durch die Demonstration der per- sönlichen Risiken, die man inkauf nimmt, die eigenen Einwände ge- gen AKWs mit dem Beweis ihrer moralischen Ernsthaftigkeit zu ver- sehen auf daß die Mächtigen, die mit Gesundheit und Leben ihrer Bevölkerung sehr skrupellos kalkulieren, doch noch irgendwie be- eindruckt sein möchten. Ein gefährlicher Idealismus zu meinen, die Lauterkeit der eigenen Forderungen zwänge die AKW-Betreiber letztlich doch zum Abschalten? Geht's überhaupt darum? Keine Frage! Bei dem Moralbonus, den sich Robin Wood laut TAZ anrechnen darf, stellt sich ein Bedürfnis nach Klärung, wogegen sich Wider- stand zu richten hätte, von vornherein ins Abseits. Wo Widerstand mit öffentlichkeitswirksamen Mutproben und werkzaunüberschreiten- der List verwechselt werden soll, da desavouieren sich selbstre- dend Leute, die noch nie vorgehabt haben, sich unbefugten Zutritt in ein AKW zu verschaffen, um aller Welt zu demonstrieren, wie unsicher die Dinger sind! Vor Terroristen?! Nein, an solch revo- lutionären Umtrieben blamiert sich ebenso selbstverständlich der Vortrag von ein paar Argumenten, dem niemand anders als I h r die revolutionäre Meßlatte anhängen wollte. Das wißt Ihr auch sehr genau, wenn Ihr gönnerhaft vermeldet, daß "sogar(!) Richti- ges dringestanden haben" mag. Wir jedenfalls fanden unter anderem gerade die von Euch wohlwollend zitierte Stelle als verkehrt, und hätten gerne darüber gestritten. Euch sicher egal. Der Säube- rungsaufruf kommt rüber. Samt seiner ekelhaften Moral, damit zu einem Widerstand beizutragen, den Ihr über alle Kritik stellt. Und damit's zum Schluß ganz klar wird: "Viele werden von Gewalt reden..." So, so. Erst einmal redet doch Ihr davon. Wie ein er- fahrener Politiker wird die fiese Tour beherrscht, das erwünschte Fazit zur Sprache zu bringen, um dann vor gewissen Übertreibungen zu warnen und für einen besonnenen Umgang mit dem 'Problem' zu plädieren. S o nicht, heißt Eure billige Distanzierung zum fa- schistischen Stammtischspruch eines GAL-Mitglieds, dem Ihr dann auch noch die mutige Kritik entgegenstellt, sich nur in der Kneipe getraut zu haben, die Sau rauszulassen. Worum ging's denn eigentlich bei der Unterhaltung, bei der Euer Kommentator wie zu- fällig dabei war? Und was diesen Experten der GAL betrifft, so nehmen wir's vorerst mit Humor. Man/frau beweist schließlich nur, zu welcher Borniert- heit der grün-alternative Standpunkt führt, daß dem Abschalten der AKWs energiepolitisch gesehen nichts im Wege stünde: Selbst ihre Mitmenschen werden von den GAL-Experten noch nach ihrem En- ergieversorgungswert ausgerechnet. Wie weit sich dabei verrechnet wurde, wird besagte Geschichte zeigen. Vielleicht wird ihnen die Sache dann doch zu heiß. Marxistische Gruppe (MG) zurück