Quelle: Archiv MG - BRD MEDIEN PRESSE - Von der westlichen Presse
zurückDER WESTEN FÜHRT KRIEG - DIE FREIE PRESSE SICHERT DIE MORAL DER HEIMATFRONT
Die amerikanischen Militärbehörden haben gleich zu Beginn des Aufmarsches am Golf die in Friedenszeiten üblichen Methoden jour- nalistischer Informationsbeschaffung als Störung ihrer Kriegfüh- rung ausgemacht. Sie stellen klar, daß sie es sind, die festle- gen, welches B i l d v o m K r i e g die Medien verbreiten. Zu diesem Zweck haben sie sich nicht nur vorbehalten zu ent- scheiden, mit welchem Wort- und Bild m a t e r i a l die freie Presse "versorgt" wird; sie legen auch fest, w e r überhaupt die Erlaubnis zum Filmen und Berichten bekommt, und zwar unter konsequent nationalen Gesichtpunkten. Hinsichtlich des Inhalts der Berichterstattung erging der Befehl: No dead bodies! Dieses Vorgehen schafft vom journalistischen Standpunkt aus un- haltbare Zustände: "In Saudi-Arabien sitzen mehr als tausend Leute, die an die Front wollen. Es handelt sich dabei nicht um messerwetzende Marines oder um munitionspolierende Fremdenlegionäre, sondern um, wie wir aus eigener Kenntnis wissen, relativ vernünftige Leute: Journali- sten nämlich. Einige hundert von ihnen haben in einer scharfen Petition die uniformierten Zensoren aufgefordert, ihnen sofort Zugang zu jenen Plätzen zu gewähren, 'where the action is'... Ganz viele sitzen seit Wochen und Monaten im Dunstkreis der Ho- tels herum und schreiben die ewig gleichen Nachrichten... Die vielen, die nicht zu den wenigen gehören, die in combat corre- spondent pools als Tanzbären der Militärzensur die Truppen besu- chen dürfen, betreiben Journalismus aus zweiter und dritter Hand. Sie nehmen nicht nur notgedrungen die Täuschung des Publikums in Kauf, sondern auch eine erhebliche Frustration über die KGB-Me- thoden der Presseoffiziere aus dem Land, das alle Freiheit, auch die der Presse, erfunden zu haben glaubt." (SZ 22.2.91) "Nachrichten aus zweiter Hand": bei dieser Sorte Freiheitsberau- bung fallen der freien Presse glatt die schlimmsten Praktiken des Ostens ein. Daß Bush oder Stoltenberg zur Ermordung Husseins auf- rufen, lassen sich die gleichen Leuten als durchaus bedenkens- werten Einfall zur "Lösung" des "Golfkonflikts" einleuchten... Da drängt sich die Frage auf, w a s die Zensur den Medien eigent- lich in Sachen Kriegsberichterstattung vorschreiben wollen soll, was sie nicht aus freien Stücken genauso sehen. Daß es in Presse- konferenzen jemals zu häßlichen Szenen gekommen wäre, weil Re- porter Bush als Terroristen oder auch bloß Lügner beschimpft hät- ten, ist nicht vernommen worden. Und was die sogenannten Informa- tionen angeht, wird seit Beginn des Golfkriegs nichts aus- gelassen, um Bomben- und Ölteppiche, Aufmärsche und Raketenein- schläge frei Haus zu servieren; per Interview und Nacherzählung wird dem Publikum zu jeder Kriegshandlung die Sichtweise der Kriegsherren nahegebracht, und Presse und Fernsehen geben sach- verständig ihren eigenen Senf dazu: "Unser Nahostkorrespondent nimmt Stellung"... Was also, bitteschön, erfahren die Leser der SZ nicht? Worin dürfen sie sich "getäuscht" sehen, wenn die Nach- richten nicht von SZ-eigenen Korrespondenten eigenhändig von der Front gemeldet werden? Wem fehlt was, wenn zum Bild von Panzern nicht die Längen- und Breitengrade genannt werden dürfen, auf denen sie gerade dem Sieg entgegenrollen; wenn die Anklage über verbrecherische irakische Raketenanschläge auf Israel nicht mit "authentischem Bildmaterial" untermalt werden darf? Mit der Beschwerde über vorenthaltene F a k t e n und verordne- tes Bildmaterial soll eben viel mehr behauptet sein als daß "die Öffentlichkeit" das eine oder andere Detail der Kriegsdurchfüh- rung nicht erfahre. Der Vorwurf der Täuschung will vielmehr den Verdacht in die Welt setzen, es gehe darum, den Krieg anders aus- sehen zu lassen, als er i n W i r k l i c h k e i t ist: "Das Militär hat sich zum Zensor aufgeschwungen...So entsteht in der aufgeschreckten Öffentlichkeit das Bild eines "erfolgreichen Unternehmens", das man, beruhigt abwartend, bei der Zei- tungslektüre oder am Bildschirm verfolgen kann. Außerdem soll der Krieg "sauber" sein - so wollen es die Feinde der Presse- freiheit...Heldenposen auf Funkfotos, ein siegessicherer Aktio- nismus, Rauchsäulen über Bagdad: Von den Gefallenen, den Toten unter der Zivilbevölkerung kaum ein Wort, keine Bilder, obwohl die Leichensäcke bereitliegen." (Weser-Kurier) Die Feststellung, d a ß das nächtelange Ausstrahlen von Berich- ten über "präzisen" Bombenhagel und das Verbot, die Kamera auf tote Iraqis zu halten, darauf zielt, dem Publikum ein B i l d d e s K r i e g e s zu vermitteln, ist wahrlich keine große Er- kenntnis. Die amerikanische Militärzensur geht schließlich höchstoffiziell davon aus, daß jede Menge Leichen a n f a l l e n, wenn sie es verbietet, sie mit der Kamera f e s t z u h a l t e n. Deshalb besteht der Witz der of- fiziellen Kriegspropaganda auch nicht in dem, was sie allenfalls "verschweigt", sondern in ihrem offenen Bekenntnis dazu, daß sie eine Propaganda unbedingten nationalen Erfolgs s e i n w i l l, weil eine solche Propaganda genau das ist, was die Heimatfront im Kriege braucht. Wenn die Militärs stolz ihre Videobilder von Ge- bäuden im Bombenhagel zeigen, dann demonstrieren sie, worauf es im Krieg ankommt und worauf die Nation deshalb ebenso stolz sein darf wie sie: auf die überlegene Qualität der amerikanischen Kriegsmaschinerie. So werden Nationalisten mit dem Bild der siegreichen Nation bedient, das ihrem entsprechenden Bedürfnis entspricht; jemandem anders leuchtet die Gleichung "präzise Bombe - Erfolg der Nation - gut" sowieso nicht ein. Und dazu "passen" Bilder von Opfern einfach nicht: nicht weil jemand nicht wüßte, daß es sie g i b t, sondern weil sie nicht die B e d e u t u n g repräsentieren, die dieser Krieg für die na- tionale Moral hat und haben soll. Auf diese Sorte Kriegspropa- ganda kann man sich seinen Reim machen; auch darauf, was demokra- tische Politiker und Militärs für geignet halten, um ihr Volk von der Qualität ihrer Aktionen zu "überzeugen". Ob besagtes Volk sich überzeugen läßt, liegt ganz in dessen Freiheit; noch jede Propaganda unterstellt, daß der Zuschauer von der Differenz zwi- schen dem Bild und der Sache, v o n d e r es ein Bild ist, Kenntnis hat, wenn sie diese Differenz bekämpft. Die freie Presse sieht das aus gutem Grund anders. Um zu bewei- sen, daß die Zensur ein unerlaubter Eingriff in ihr Metier ist, behauptet sie, daß mit den ausgestrahlten oder nicht ausgestrahl- ten Bildern auch schon die Wirkung feststehe, auf die die Propa- ganda es abgesehen hat. Das Ideal der Manipulation, das die Zen- sur verfolgt, wenn sie mit Freigabe und Verbot von B i l d m a t e r i a l klarstellt, auf welche U r t e i l e über die Kriegsführung sie es abgesehen hat, teilt die freie Presse voll und ganz. Nur ist sie der Auffassung, daß das Recht zur Manipulation ihr zusteht und nicht der Politik. Diese Leute bilden sich glatt ein, daß die Bilder und "Lagebeschreibungen", die qua Zeitung und Fernsehen dem Publikum übermittelt werden, darüber entscheiden, welchen Standpunkt das informierte Volk sich zu weltpolitischen Ereignissen zueigen macht. In der Zensur sehen sie folgerichtig eine einzige Usurpation ihres ureigenen Auftrags der Meinungsbildung durch die Politik, die dafür nicht zuständig ist. Für w e l c h e Meinung welche Bilder stehen sollen, hängt al- lerdings ganz von der besonderen Geisteshaltung des jeweiligen Blattes ab. Insofern liefert noch jede Kritik der Zensur ihr ei- genes Dementi. Sie verhindert ja gar nicht, daß der "Weser-Ku- rier" seinem Publikum nahelegt, sich zum Golfkrieg lieber die Geisteshaltung "äußerst bedenklich" zuzulegen, sondern liefert dieser Sichtweise sogar noch das Material. Deswegen läßt sich mit einer Kritik des Verbots von Leichenbildern auch exakt der gegenteilige Standpunkt bebildern: "Unsere Regierung und unsere Militärs sollten ihre Feinde nicht unterschätzen. Wenn ich Saddam Hussein wäre, würde ich amerikani- sche Fernsehteams nach Bagdad einladen und ihnen sagen: 'Wenn eure Seite euch nicht zeigt, wie es hier aussieht, dann zeigen wir es euch.' Und natürlich wird er versuchen, den Nachrichten einen bestimmten Drall zu geben, etwa durch Bilder von zivilen Bombenopfern." (Ted Koppel im "Spiegel" Eben. Wenn schon die Logik gilt, nach der Saddam seine Soldaten "verheizt" und Deserteure grausam erschießt, wohingegen die ame- rikanische Generalität ihre Soldaten mit Entschlossenheit und Verantwortungsbewußten in die Schützengräben schickt, dann muß es auch der Presse erlaubt sein, das dafür geeignete Bildmaterial herauszusuchen. Nach dem Motto: ehe der Feind "uns" eine zer- bombte Babymilchfabrik anhängt, beweisen wir doch lieber mit den- selben Fotos aus der eigenen Kamera, daß es eine geschickt ge- tarnte Giftgasanlage sein muß. Hätten "wir" sie sonst zerbombt? Nur die freie Presse kann eben wirklich leisten, was die Politik mit der Zensur bezweckt: dafür zu sorgen, daß das Volk sein Recht auf echt glaubwürdige, weil regierungsunabhängige Kriegspropa- ganda erfüllt bekommt! Gänzlich verfehlt wäre es also, würde man aus den Beschwerden über fehlende "Bilder des Grauens" etwa schließen, daß Journali- sten ein ziemlich abgebrühtes Pack sind. Ihre Sorge gilt dem ho- hen Gut der G l a u b w ü r d i g k e i t d e r P o l i t i k, die auch im Krieg nicht dadurch gefährdet werden dürfe, daß der Eindruck entsteht, als würde dem Volk die "volle Wahrheit des Krieges" vorenthalten: "Die Vorstellung, daß sich der große Feind auf diese Weise über die Kriegslage informieren wird, ist den US-Strategen nicht ange- nehm...Natürlich ist es nicht nur der Feind, der damit von der Information abgeschnitten werden soll. Gerade die Hartgesottenen unter den amerikanischen Generalstäblern machen bis heute die Bilder- und Nachrichtenflut aus Vietnam mittelbar für ihre Niederlage verantwortlich. So einleuchtend das klingen mag (!), so sehr stellt es die Prinzipien der Demokratie auf den Kopf: Im Grundsatz bleibt schließlich immer das ganze Volk der Auf- traggeber der Militärs - und um seinen Auftrag verantworten zu können, muß es über dessen Konsequenzen so exakt wie möglich in- formiert werden." (SZ 11.1.91) Selbstverständlich muß im Krieg die Freiheit des Berichterstat- tens ihre Schranke an der Freiheit der Nation haben, noch jedes Foto im Lichte möglicher Feindpropaganda zu beurteilen. Selbstverständlich gehören sich alle Kriegstaten streng im natio- nalen Sinne sortiert; kommen die sogenannten "Fakten" bloß als Belege für diesen vorgefaßten Standpunkt ins Blickfeld. Selbst- verständlich ist die Frage: "Wer produziert da warum welche Op- fer?" dieselbe wie "Wem nützt das Vorzeigen von Opfern, der Na- tion oder ihren Feinden?" Und auch den Verdacht, daß das Be- dürfnis, häßliche Bilder des Kriegsverlaufs zu zeigen, darauf be- rechnet sein muß, eine antinationalen Moral zu erzeugen, mag die SZ nicht gänzlich von der Hand weisen Was spricht also in den Augen der SZ gegen eine Berichterstat- tung, die dafür sorgt, daß die Heimatfront dem Kriegsprogramm geistig zur Seite steht und noch jede Greueltat der eigenen Man- nen unter die Rubrik "für den Sieg erforderlich, also gut" ab- bucht? Nichts - wenn die Presse sich nur frei dafür entscheiden darf, daß genau die jetzt zur wirklichen Lage "paßt". Alles, wenn die Politik ihr diese Sichtweise diktieren will. Dann setzt sie sich nämlich dem Verdacht aus, daß sie dem Volk verheimlichen will, wie es um die n a t i o n a l e n S a c h e wirklich steht. Deshalb muß es der Presse erlaubt sein, das Bild eines siegesgewissen Nation mit entsprechendem Bildmaterial ankratzen zu dürfen, wenn s i e es für nötig hält. Sonst schreit das Volk eventuell immer noch "hurra, hurra!", wo in Wirklichkeit schon längst "Problem, Problem" angesagt wäre! Wie soll denn ein Volk, daß zum Hurraschreien hinmanipuliert worden ist, sein Vertrauen in die Nation auch in schweren Zeiten behalten, wenn die Presse es nicht rechtzeitig wieder zu der realistischen Sichtweise zurückmanipulieren darf, daß das wahre nationale Interesse auch mal im Zurückstecken liegen kann? Das Selbstbewußtsein dieser Zunft besteht eben vor allem in maß- loser Selbstüberschätzung. Sie nimmt ihren Auftrag der geistigen Vermittlung zwischen der Herrschaft und ihren Untertanen so ernst, daß sie sich glatt einbildet, ihr Geschreibsel würde letztlich über die Handlungsfreiheit der Politik entscheiden. Deswegen tut sie gerade so, als wäre sie durch ein Fotogra- fierverbot tatsächlich daran gehindert, ihre Für's und Wider's auszubreiten, Notwendigkeiten und Bedenklichkeiten abzuwägen, Chancen und Risiken auszumalen, die der Nation mit dem Krieg ins Haus stehen könnten. So ergreift sie neben der tatsächlichen Kriegspropaganda Partei für das Recht, auch eine kritische Haltung zum Krieg haben zu dürfen, wenn man sie denn hätte, und begeistert sich im Namen dieser Freiheit für die Gewalt, die es sich leistet, einen Krieg in aller Öffentlichkeit zu führen: "Spiegel: Beeinträchtigt das Fernsehen die Fähigkeit einer demokratischen Gesellschaft wie der amerikanischen, Krieg zu füh- ren? Koppel: Ganz bestimmt... Doch das ist ja der Sinn von Demo- kratie." Ebenso methodisch, wie die amerikanische Kriegsführung die Zensur verordnet und deren Zweck gleich hinzusagt, reagieren diejenigen auf sie, die sich durch sie beschränkt sehen wollen. Im Ernst wollen sie ja gar keine Kritik am Krieg vorbringen; sie verwahren sich bloß dagegen, daß die Politik ihnen gegenüber den Standpunkt einnimmt, ihre Linientreue s i c h e r s t e l l e n zu wollen, statt sie zu u n t e r s t e l l e n. Sie beharren ganz formell auf dem Recht, diesen Krieg unter Berufung auf "authentisches Ma- terial" kritisieren zu d ü r f e n, w e n n es denn so aus- sähe, als würde er den Ertrag eventuell nicht zeitigen, den die Kriegsherren versprechen. Diese prinzipienlosen Beschwerde über eine Beschränkung einer möglicherweise nötigwerdenden Kritik am Krieg findet ihr Material in den offiziell in Umlauf gesetzten moralischen Titeln für das, was in der sogenannten Weltöffentlichkeit als Ertrag dieses Krieges gilt. Den USA sind ihre Zensurvorschriften nämlich als Mittel zur Verwirklichung des Ideals eingefallen, daß Kriegsziel, Kriegsdurchführung und Kriegsdarstellung sich nahtlos zu decken hätten; und das halten sie vor allem wegen der p o l i t m o r a l i s c h e n T i t e l für unabdingbar, un- ter denen sie die Anti-Irak-Allianz zusammengeschmiedet haben. Schließlich soll es sich hier um einen gerechten, moralisch einwandfreien, weil von der UNO genehmigten Krieg handeln; um einen Krieg, in dem die USA nicht einfach ihr nationales In- teresse, sondern die Herstellung einer "neuen Weltordnung" auf ihre Fahnen geschrieben haben; der nicht der Vernichtung eines Feindes der USA in Gestalt des irakischen Volkes diene, sondern der Beseitigung eines diktatorischen Störenfriedes. Kurz: ein Krieg der "Weltgemeinschaft" gegen das "Unrecht". Ein Krieg, in dem deshalb "zivile Ziele" geschont, militärische umso heftiger vernichtet werden müssen, und in dem überhaupt nur das für die Durchsetzung einer "internationalen Rechtsordnung" unbedingt Nö- tige getan werden solle, das aber auf alle Fälle und unbedingt. Natürlich sind diese Unterscheidungen der Sache nach alle halt- los, lassen sich weder am Kriegsziel noch an seinem Verlauf an- ders denn willkürlich festmachen. Sie s i n d eine Frage der Sichtweise; also haben die USA die entsprechende Sichtweise auch v e r o r d n e t. Die USA haben damit all jenen Staaten, die beim Krieg als große und kleine Mitmacher d a b e i sind, aber weder dessen Zwecke noch dessen Ablauf b e s t i m m e n, das Angebot einer gemeinsamen weltöffentlichen Interpretation dieses Krieges gemacht: also das Angebot zur Komplizenschaft in einer d u r c h s c h a u t e n d i p l o m a t i s c h e n H e u- c h e l e i. Genau deshalb taugen diese Titel so gut für eine moralisierende Bekrittelung der amerikanischen Kriegführung durch ihre Unterchargen, die gar nicht mehr zum Ausdruck bringen will als die pure Existenz einer Differenz zwischen der eigenen Sichtweise und der der USA, ohne je sagen zu wollen, worin diese Differenz denn substantiell bestehen soll. Mit der Darstellung des Krieges als einer guten und gerechten, weil angeblich gerade n i c h t mit dem besonderen nationalen Interesse der USA zusammenfallenden Sache haben die USA die sogenannte "Weltöffentlichkeit" geradezu zum Zweifeln daran eingeladen, o b die USA sich denn an die Titel, um die es angeblich gehen soll und allseits durchschautermaßen gar nicht geht, wirklich hält. Eben deshalb erlauben sich die jeweiligen nationalen Meinungsmacher, mehr oder weniger laut kundzutun, d a ß sie zweifeln, Punkt. Und als Beleg für die Berechtigung dieses in- haltsleeren Zweifels taugt das öffentliche Breittreten des Ver- dachts, die Amis würden gar nicht wirklich zeigen, was sie da im Irak treiben, ganz hervorragend. Ein guter Deutsche darf sich also entweder unverblümt der Kriegs- hetze der Bild-Zeitung anschließen, wo die Zensur allenfalls im Hinweis darauf Erwähnung findet, daß Howard Carpendale "Deine Spuren im Sand..." bis auf weiteres nicht mehr öffentlich into- nieren darf und der Karneval abgesagt ist - wegen des "Ernstes der Lage", in die uns der "Irre von Bagdad" gebracht hat. Oder er darf sich in geschmäcklerischer Distanzierung von Kriegs d a r s t e l l u n g e n ganz auf der Seite der gerech- ten Sache wissen und dabei das Bewußtsein pflegen, daß die Amis letztlich doch rücksichtslose Weltpolizisten seien, denen man mit Mißtrauen begegnen muß. Wie "wir" über den Krieg denken, lassen "wir" uns nämlich nicht von den Amis vorschreiben; wie machen uns unseren deutschnationalen Standpunkt selbst. In diesem Sinne und in genauer Umkehrung der US-Vorschrift, nach der Journalisten nichtkriegführender Staaten auf dem Schlachtfeld fehl am Platze seien, hat der Deutsche Journalistenverband die Berichterstatter über den Golfkrieg aufgefordert, "sich nicht in die Strategie und Propaganda der Militärs einspannen zu lassen". Und der "Weser-Ku- rier" läßt es sich nicht nehmen, unübersehbar in alle Berichte über den Golfkrieg einen Kasten hineinzudrucken, in dem er darauf hinweist, daß das, was im Artikel steht, aller Wahrscheinlichkeit nach sowieso erstunken und erlogen ist. So liest der deutsche Zeitungsleser sein Blatt in dem erhebenden Bewußtsein, daß wir jedenfalls von unserer Presse nicht belogen werden, wenn sie uns Lügen serviert. Wir nicht! zurück