Quelle: Archiv MG - BRD MEDIEN PRESSE - Von der westlichen Presse
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Bremer Hochschulzeitung Nr. 99, 10.07.1984
Wochenschau
KOHL NACH ARGENTINIEN UND MEXIKO
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Der Karikaturist der tz hat, wie so oft, wieder mal mehr recht,
als er wohl selber weiß, nur in einem Punkt nicht. Er hat durch-
aus recht, was den Zweck der Kohl-Reise nach Argentinien und Me-
xiko betrifft: Beide Länder sind so tief verschuldet bei westli-
chen Banken, daß den zuständigen Staatsgewalthabern die Pflicht
zuwächst, die Schuldnerstaaten an die sehr eindeutigen Gewaltver-
hältnisse zu erinnern, die der Welt-Schuldenordnung ihre Zuver-
lässigkeit verleihen; das vor allem im Fall der argentinischen
Illusionen, auf die wiedereingeführte Demokratie hin zusätzlichen
demokratischen Kredit zu bekommen, Richtig liegt die Karikatur
auch mit dem bildlichen Hinweis, daß es sich um ein ziemlich aus-
geplündertes Land handelt, das der deutsche Kanzler da im Namen
und in der Sicherheit untilgbarer Verbindlichkeiten gegenüber
westdeutschen Banken ideell mit Beschlag belegt. Unerfindlich ist
allerdings, was die tz und ihr Karikaturist an dieser Lage ko-
misch finden. Offenbar wissen sie gar nicht, wieviel Wahrheit in
dem bildlichen Einfall einer gerade vollzogenen Pfändung eines
ganzen Landes steckt: Für die Gläubigernationen unserer famosen
Weltwirtschaft setzt die "Schuldenkrise der 3. Welt" tatsächlich
das alte kolonialistische Ideal direkter rechtlicher Oberhoheit
über fremde Lande ganz neu auf die politische Tagesordnung. Und
leider ist eins ganz sicher falsch: Die verharmlosende Vorstel-
lung, ausgerechnet der bundesdeutsche Kanzler machte mit diesem
Anspruch in Südamerika eine komische Figur.
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